FÖLLAKZOID, 01.02.2024, Komma, Esslingen

FÖLLAKZOID, 01.02.2024, Komma, Esslingen | Foto: Steffen Schmid
Foto: Steffen Schmid

Schon das letzte Konzert der chilenischen Ausnahmeband Föllakzoid 2019 in der Schorndorfer Manufaktur erbrachte ein kontrastreiches Meinungsbild. Etliche Besucher*innen suchten verstört das Weite, weitere staunten irritiert, andere waren schwer begeistert (wie Gigblog-Kollege Lino und ich). Mal sehen, wie das jetzt im Esslinger Komma vor knapp 100 Leuten funktioniert.

Der Abend wird von Korb eröffnet, der seine analoge Elektronik hippiemäßig im Sitzen bedient und recht kosmisch-krautig startet. Mit Einsetzen eines schnurgeraden Beats erweist sich der analoge Synthie-Trip aber als erstaunlich gut passendes Vorprogramm zum minimalistischen Spacerock von Föllakzoid.

FÖLLAKZOID, 01.02.2024, Komma, Esslingen | Foto: Steffen Schmid
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Wobei es „Spacerock“ nicht wirklich trifft, denn was das erstaunliche Trio aus Santiago aufführt, ist letztlich eine Art handgespieltes DJ-Set. Auf der Bühne betätigen sich ein eher konventioneller Drummer und ein Elektrofrickler, die der dominanten Frontfrau Domingæ ein intensives Backing liefern.

Ihre düster ausgeleuchtete Performance mit betont exaltiertem Stageacting ist schon sehr ungewöhnlich und etwas gewöhnungsbedürftig. Sie singt nämlich nicht, sondern bedient nur (zeitweilig) eine schöne weiße Fender Jazzmaster-Gitarre und ein Pedalboard mit elektronischen Effektgeräten. Keine Ahnung, ob sie tatsächlich Gitarre spielen kann – hier macht sie es jedenfalls nicht, sondern schlägt konsequent nur akzentuiert auf die Saiten, die dann mit endlosem Delay-Effekt zu monolithischem Beat in dunklen Echokammern zerfließen. Viel mehr passiert eigentlich über den ganzen Abend nicht – was aber auch völlig reicht.

FÖLLAKZOID, 01.02.2024, Komma, Esslingen | Foto: Steffen Schmid
Foto: Steffen Schmid

Den extrem gradlinigen, humorlosen und hypnotischen Techno-Beat erzeugt zunächst der unauffällige Mann am Rechner, der Drummer steigt daraufhin erst vorsichtig mit Hi-Hat und subtilem Beckeneinsatz ein, übernimmt dann aber nach und nach immer mehr vom Groove. Oft legt er auch nur rasante Offbeat-Akzente über die marschierende Bassdrum. Breaks, Fills oder gar Tempowechsel? Nicht bei Föllakzoid.

Für mich klingt das oft nach Berliner Dub-Schule im Stil von Rhythm & Sound und Basic Channel, nach düsterem Plastikman, dem Terminator-Soundtrack oder auch nach elegantem Minimal Techno, aber eben – zumindest vom Drummer – handgespielt. Oft mäandern elektronische Sounds im patentierten Dauerecho über dem hypnotischen, höchst clubtauglichen Beat und saugen mich mit ihrer abhebenden Monotonie förmlich ein.

FÖLLAKZOID, 01.02.2024, Komma, Esslingen | Foto: Steffen Schmid
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Abwechslungsreich ist das nun wirklich nicht, aber doch extrem intensiv. Und vermutlich würde es als Konzert auch schnell langweilig, wäre da nicht die theatralische Performance von Domingae. Sie zelebriert jede Zigarette und jedes Glas Wein mit laszivem Körpereinsatz und zunehmender Textilarmut. Im letzten Drittel des rund 80-minütigen Konzerts wird der Beat immer harscher und die Gitarre beschränkt sich nicht mehr auf einzelne Töne, sondern entwickelt flächigen, verfremdeten Noise – alles bis zum Ende im epischen Delay-Stakkato wegdriftend.

Wegen mir könnte das ewig so weiter gehen (ich hab sonst eine sehr kurze Aufmerksamkeitsspanne), wobei sich auch diesmal wieder die Halle am Ende fast zur Hälfte geleert hat. Wer geblieben ist, zeigt sich umso begeisterter. Ist das noch Spacerock? Techno-Drone? Kosmischer Kraut-Rave? Ich weiß es nicht, werde beim nächsten Föllakzoid-Konzert aber garantiert wieder dabei sein.

FÖLLAKZOID, 01.02.2024, Komma, Esslingen | Foto: Steffen Schmid
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