KRYPTOS, AXETASY, 11.04.2024, Schwarzer Keiler, Stuttgart
So langsam wird’s Routine, regelmäßiger auf die Homepage des Schwarzen Keilers zu schauen. Das monatliche Metalquiz ist mittlerweile fast schon gesetzt, aber auch in Sachen Konzerte scheint sich hier immer mehr zu entwickeln. Z.B. wäre heute die indische old school Metal Band „Kryptos“ zu Gast. Inmitten der ganzen Kutten und T-Shirts, welche die Namen der wirklich coolen, meist 80er-, Bands tragen (Exciter, just to name one), komme ich mir mit meinem Slayer T-Shirt wie der letzte Fake-Trottel vor. Man kann ja schlecht noch den Hinweis draufdrucken „aber nur die ersten fünf Alben!“.
Sehr gut gefüllt mit gemischten Publikum in Sachen Alter, Geschlecht und Migrationshintergründen ist es, als gegen 20:30 Uhr Axetasy die Bühne betreten. Wie bei meinem letzten Keilerkonzert, das mittlerweile schon legendäre Hellripper-Ereignis, kommt der Support aus der Gegend. Und Mannomann sind die gut. Das Metalgenre ist ja bekannt für die Hingabe seiner Anhänger*innen. Die jungen Bandmitglieder haben das Paket „early teutonischer 80er Jahre Speedmetal“ bestens einstudiert. Der Bandname samt Logo, das Aussehen und der Sound, alles schreit nach dieser kurzen, mittlerweile historischen Periode. Und seit Stranger Things dürfte dieser Look auch breiteren Schichten jüngerer Leute bekannt sind.
Der Verdacht könnte ja aufkommen, dass Axetasy so ein seelenloses, fast schon parodistisches Spaßprojekt ist. Weit gefehlt. Der ungestüme, so melodische wie auch rauhe Speedmetal, weiß mit griffigen Songs zu gefallen. Präzise genug in der Spieltechnik, um die Songs klar und druckvoll rüberzubringen, spielt die Band aber auch mit erforderlichen Lockerheit, um die Musik mit der nötigen Wildheit und Underground-Realness zu präsentieren. Blickfang ist der Sänger und Gitarrist, der aussieht, als sei er in der Raucherecke eines 80er-Jahre Schulhofs groß geworden. Die Aura eines Haudegens mit frisiertem Mofa und zu vielen Unterrichtsfehlzeiten. Dass die Ansagen mit stark schwäbischem Einschlag und das Sangesenglisch mit deutschem Akzent erfolgen, rundet das Ganze sogar ab. Die Songankündigung eines anderen Bandmitglieds „… geht um Lovecraft und so’n Scheiß“ vermittelt tatsächlich ein gutes Bild, was für eine Musik gespielt wird.
Axetasy werden zu Recht gefeiert. Ob die eigenen Songs wie „Deadly Witch“ oder das Anthrax-Cover „Deathrider“, alles macht Spaß. Fist in the air Choruse, Double Bass Geprügel, ich hoffe sehr, dass die Band diese unwiderstehliche Mischung erfolgreich in Albumform gießen können wird. So bleibt erstmal dieser fantastische Eindruck heute Abend, abgerundet durch eine stürmisch geforderte Zugabe.
Headliner Kryptos aus dem indischen Bangalore huldigen demselben Jahrzehnt, gehen das Ganze tempomäßig aber anders an. Stampfiger Beat und die prägnanten Riffs stehen im Vordergrund. Die ersten vier Songs wie z.B. „One Shoot To Kill“ halten sich alle in wohligen Midtempogefilden auf. Fühlt sich für mich sehr nach Judas Priest mit Tommy Lee zu Shout At The Devil Zeiten am Schlagzeug an. Als Kontrast dazu allerdings die fies klingende Stimme von Nolan Lewis. Die gibt dem Ganzen einen eigentlich angenehm räudigen Anstrich. Andererseits vermisse ich gerade bei diesen so klassischen Heavy Metal Songs die ein oder andere Melodielinie, gerade bei den Refrains.
Das Publikum ist aber auf jeden Fall begeistert und stimmt „Kryptos“-Chöre nach wirklich jedem Song an. Ein paar der neueren Songs, die teilweise noch nicht veröffentlicht sind, kommen ein Stück weniger enthusiastisch an, und verleiten einen Zuschauer sogar zu dem etwas uncharmanten Zuruf „Now play some old shit!“, aber der guten Partylaune tut das keinen Abbruch. Das ältere „Red Dawn“ ist some older but nevertheless very good shit. „Decimator“ ist hingegen ganz frisch und passt mit seinem schnellen Tempo eigentlich besser zu Nolans Stimme. Leider trampelt die Double-Bass aber den Song etwas zu. Das ebenfalls neue „Electrify“ überzeugt mich dagegen ganz, da zumindest die Leadgitarre von Rohit Chaturvedi eine feine Melodie dazu anstimmt. Apropos Rohit, dieser streitet mit dem Schlagzeuger um den Preis für den best looking guy des Abends.
Kryptos werden auf jeden Fall bis zum Ende des Sets durchgefeiert. Keine Ahnung wie sie es schaffen immer wieder neue, geile Gitarren-Riffs auszubaldowern, da ich mir schon Ende der 80er irgendwann die Frage gestellt hatte, dass doch jetzt jedes gute Metal-Riff doch mal komponiert sein müsste. Kryptos, ihr zuverlässiger Partner, wenn es um Luftgitarrenstimulanz und Faust in den Himmel recken geht.
Kryptos
Axetasy