RUMER, JANA VARGA, 17.02.2024, Wolf-Ferrari-Haus, Ottobrunn
Normalerweise läuft das hier (gig-blog) ja so: Man trägt sich in die interne Konzertkündigungstabelle ein, wird idealerweise akkreditiert und schreibt akribischst (naja) vorbereitet (naja, naja) einen Konzertbericht. Oder wie heute Abend: Man ist einfach so als Fan auf einem Konzert, und fängt spätestens nach dem zweiten Rumer-Song an nach einem anquatschbaren Fotografen Ausschau zu halten, denn die innere Stimme schreit: Du MUSST über dieses Konzert schreiben!
Im südlich von München gelegenen Ottobrunn werden seit Jahren die „Ottobrunner Konzerte“ abgehalten, in denen meist Jazz und Klassik gespielt werden. Für das in diesem Rahmen erste kleine Singer-/Songwriter-Festival „Imagine“ konnte man nun Rumer gewinnen. Rumer, die schon mit Burt Bacharach kooperiert und vor den Obamas gesungen hat. Rumer, deren Musik und Stimme für mich zum Besten und Hochwertigsten zählt, was in den letzten Jahrzehnten im Bereich Pop veröffentlicht wurde. Rumer also, quasi überlebensgroße Musikerin mit ihrer otherwordly schönen Stimme, die sich nach dem Konzert alle Zeit der Welt nimmt, um mit Jeder und Jedem (auch mit uns!) zu reden und so tut, als sei sie ein Mensch wie wir auch.
Wir befinden uns in einem kleinen Saal im Wolf-Ferrari-Haus, als Punkt 20 Uhr der Bürgermeister eine kleine Begrüßung an uns richtet. So „destroying the magic“ wie gleichzeitig sehr lustig, die durchaus selbstironische Aussage, dass man sich kaum vorstellen mag, dass übermorgen hier im Raum der Bauausschuss der Stadt tagen werde. Danach noch ein paar einleitende Worte der Organisatoren und die Bühne betritt Jana Varga.
Während des ersten Stücks, das sie passend zum Singer-/Songwriter-Thema des Abends nur mit Westerngitarre und ihrer Stimme vorträgt, kann man gleich mal festhalten, dass man es hier mit einem absoluten Vollprofi zu tun hat. Die nicht banalen Gesangslinien und Gitarrenpattern werden nicht nur fehlerfrei (eh klar), sondern auch mit Ausdruck und allerlei Akzentuierungen gespielt. Kurz darauf betritt die Begleitband, bestehend aus Stefan Redtenbacher (Bass), Pete Billington (Keyboards), Terry Lewis (Guitar) und Mike Sturgis (Drums), die Bühne.
Damit ich’s gleich am Anfang weg habe, hier kurz meine Probleme mit dem Auftritt. Jana Vargas Stil speist sich hauptsächlich aus den Genres Folk und Americana. Mit welchen Genres kann der Autor nix anfangen? Folk und Americana. Dass der Auftritt trotzdem über die ganze Spieldauer meine Aufmerksamkeit hat, liegt nicht nur an der ausgezeichneten Qualität der Musiker*innen. Jana Varga gestaltet ihre Songs harmonisch weitaus komplexer, als ich es von diesen Stilrichtungen gewohnt bin.
Ein Blick in ihre Musikerinbiographie verrät, dass sie in einer slowakischen Progrockband namens Persona Grata Flötistin war und auf einem von Dream Theaters Mike Portnoy organisierten Festival aufgetreten ist. Was ja wiederum 100% meine comfort zone ist und evtl. auch die Lust an komplexerer Ausgestaltung ihrer Lieder erklärt. So bin ich dann doch überrascht, wie mich das mit zwei Joni Mitchell Covers gespickte Konzert der sehr sympathisch rüberkommenden Jana Varga bei der Stange hält. Und spätestens nach ihrem Seinfeld-Zitat „These pretzels are making me thirsty!“ hat sie mich eh auf ihrer Seite. Der Auftritt wird vom Publikum begeistert verabschiedet.
Für den Auftritt Rumers müssen wir uns nicht an neues Personal gewöhnen. Die Band ist dieselbe, Jana Varga ist als Zweitstimme, Flötistin und Gitarristin ebenfalls mit von der Partie, als das Set mit „Dangerous“ startet. Deutlich langsamer gespielt als im Original oder in dieser fantastischen Version bei Jools Holland, bleibt ein genialer Popsong eben ein genialer Popsong, egal wie.
Rumer trägt einen in eine Pop-Epoche zurück, als Mainstreammusik so opulent wie elegant arrangiert war, Songs mit überraschenden Akkord- und Tonartwechseln aufwarteten, der Sound analog und warm war. Und da ist natürlich Rumers Stimme. Es gibt ja so Stimmen, wie z.B. Karen Carpenter, Cass Elliot oder beide ABBAs, die einen so berühren, dass man nicht anders kann, als verzaubert zu sein. Rumer gehört in diese Kategorie. Jeder Ton, den sie singt, klingt zu gleichen Teilen so mühelos wie berührend. Bei vielen Sänger*innen aktueller Popmusik, gerne auch des deutschsprachigen (Indie)-Pop, hat man oft das Gefühl, dass verschnörkeltes Overacting-Gesinge besondere Souligkeit simulieren soll. Rumer hingegen singt so einfach wie mitten ins Herz hinein. Real soul!
Nun wird mir auch richtig die Qualität der Band und Jana Varga bewusst. Niemand sticht heraus, wenn es denn nicht mal bewusst ein kurzer Solopart ist. Die mehrstimmigen Parts nehmen nichts von Rumers magischen Gesangslinien weg, sondern fluten einen punktgenau mit umwerfenden Harmonien. Dass der große, große Burt Bacharach mit Rumer kollaborierte erscheint einem zwingend logisch.
Ob eigene Songs wie „Slow“ oder das Todd Rundgren Cover „Love Is the Answer“, in der Qualität gibt es keine Schwankungen. Man sieht in den Gesichtern des Publikums, dass hier Jede*r genauso ergriffen und begeistert ist wie man selbst. Die Intimität des Auftrittsorts und die physische Nähe zur Musik tragen zur Magie des Ganzen sicherlich bei. Da der Großteil der Songs sich im soften und balladesken Terrain bewegt, ist die Publikumsbegeisterung für mich umso erstaunlicher und ein weiteres Zeichen für die emotionale Kraft des Auftritts.
Dass sich Rumer dann nach dem Konzert als unfassbar nahbare und nette Person erweist, nimmt nichts von der Magie des Abends, sondern kommt on top oben drauf. Definitiv eines der, im wahrsten Sinne des Wortes, schönsten und classiest Popkonzerte, denen ich beiwohnen durfte.
Genau so war’s!
Hallo da, danke für diesen Konzert Blog! Herzlichen Dank fürs Kommen. Wir freuen uns jetzt schon das neue Rumer album was ich gerade mit Ihr produziere Senden zu Dürfen! Liebe Grüsse vom team Redtenbacher’s Funkestra und Masterlink Sessions, Stefan