SOPHIA KENNEDY, 21.02.2024, Merlin, Stuttgart
„Wow! Eine Stimme von Weltformat!“ Meine Begleiterin ist begeistert. Und sie hat recht. Die Wahl-Hamburgerin Sophia Kennedy hat gerade im gestopft vollen Merlin ihren Pop-Freaks-Nachhol-Gig beendet. Unter großem Applaus und mit zwei Zugaben. Und ich stimme zu: In vielen Momenten erinnert die Stimmgewalt der sonst eher unglamourös auftretenden Musikerin an die große Shirley Bassey. Wirklich.
Das ursprünglich als Samstags-Highlight des Pop-Freaks-Festivals geplante Konzert musste aus Krankheitsgründen („Wart ihr auch alle krank?“) auf einen Mittwoch verschoben werden. Und dass exakt an diesem Tag auch noch ein ÖPNV-Streik die Anreise erschwert, macht mir kurz Sorgen. Doch die sind überflüssig. Das Merlin füllt sich – trotz des recht forschen Eintritts von 26 Euro – bestens, die Lokalpresse ist gleich mehrfach vertreten und vor der Bühne drängeln sich die Fotografen. Das Publikum besteht zum guten Teil aus feuilleton-orientierten Best-Agern, ist aber insgesamt gut gemischt, darunter natürlich eine Abordnung der omnipräsenten Stuttgarter Konzertblase.
Auf einen Support wird verzichtet. Um halbneun betreten Sophia Kennedy und ihr musikalischer Partner Mense Reents (Die Goldenen Zitronen u.a.) die Bühne und eröffnen mit elektronischem Gefrickel den Abend. Was dann folgt, stammt im Wesentlichen von ihrem letzten Album „Monsters“, das 2021 von der Kritik gefeiert wurde, das ich aber auch schon zweimal live gesehen habe. Allein, dass ich die Show ein drittes Mal sehen will, sollte für sich sprechen. Im Corona-Jahr 2021 spielte sie im Innenhof des Alten Schlosses, 2022 bei der Pandemie-Version des Maifeld Derby. Schon damals hat die Kombination aus dieser unfassbar variantenreichen Stimme und dem treibenden Elektro-Beat begeistert, hier im Club ist das aber nochmal ein anderes Kaliber. (Side Fact: der heutige Gig findet fast genau zum zehnjährigen Jubiläum des ersten Auftritts von Sophia Kennedy im Merlin statt. Damals noch unter den Fittichen von Erobique.)
Von Gesangspassagen am Piano wechselt die Sängerin an Keyboards oder auch direkt an die Bühnenkante, wo sie mit eindringlichem Blick einzelne Besucher:innen fixiert. Ein typisches Merkmal ihrer Songs, die häufig keinen klassischen Aufbau haben, sind überraschende Rhythmus- oder Harmoniewechsel, die vom perfekt eingespielten Duo mühelos gemeistert werden. Sounds, Samples und Versatzstücke aus TripHop und HipHop sind ebenso zu erkennen, wie opulente Songs, in denen Sophia Kennedy ihre grandiose Soulstimme aufblitzen lässt. („Orange Tic Toc“ oder „Chestnut Avenue“)
Aber auch vor cheesy Eighties-Retorten-Rhythmen in Kombination mit Billo-Synthie-Sounds wie in „Seventeen“ schrecken die zwei nicht zurück. Überhaupt bietet das minimale Setup erstaunlich viel Varianz. Wann hat man schon mal ein Duett aus E-Bass und Klavier gehört? Und wenn dann stampfende Beats das Publikum in Bewegung setzen, hampelt Sophia Kennedy – ganz und gar nicht die Diva – wie ein Rumpelstilzchen ausgelassen über die Bühne. Hier – aber wirklich nur hier – hinkt der Vergleich mit der Bassey. Mein Wunsch: Nächster Bond-Song dann von Sophia Kennedy.
„Mein Wunsch: Nächster Bond-Song dann von Sophia Kennedy.“
YES!
Danke für die schöne Beschreibung eines schönen Abends!