DAVID HASSELHOFF, 15.10.2019, MHP-Arena, Ludwigsburg
Hasselhoff! Hasselhoff! Jamann! The Hoff is back! Nach seinem letzten Konzertwunder im April 2018 war klar, dass wir auch dieses Jahr wieder am Start sein würden. Die Vorzeichen sind allerdings etwas ungünstiger: Nieselwetter statt Sonnenschein, stocknüchtern statt angenehm angepichelt und kein K.I.T.T. vor der MHP-Arena. Gut, dass wir letztes Mal genügend Erinnerungsfotos gemacht haben.
Vor der Halle tummeln sich aufblasbare Rettungsbojen schwingende Fans in roten Badeklamotten, Hoffstyle-Perücken tragende Männergruppen mit goldenen Pailletten oder blinkenden LEDs auf der Jacke und allerlei anderes bunt gemischtes Volk. Auch ein paar schwer tätowierte Metaller und glatzköpfige Rocker, die man hier jetzt nicht unbedingt vermutet hätte, sind anzutreffen. Hat sich wohl rumgesprochen, dass The Hoff weiß wo der Partyfrosch die Locken hat. Die Stimmung ist bierselig. Aus irgendwelchen Boxen dröhnt Hoffs Partykracher „Limbo Dance“ und die ersten Tanzbeine werden geschwungen.
Drinnen geht es erstmal zum Getränkestand, denn es gilt den Bierrückstand aufzuholen. Werden wir in den nächsten Stunden auch ganz gut hinkriegen. Fast hätte ich mich noch zum Kauf eines Shirts mit Hasselhoff-Schriftzug im Metallica-Schriftbild hinreißen lassen. In letzter Sekunde gewinnt aber doch der Geiz. Apropos… geizig sein darf man als Hasselhoff-Fan nicht bei Tickets ab 62 Euro. Gut, dass ich die nicht zahlen musste. Meine Begleitung hat sich den Spaß allerdings gegönnt und hat gleich ihre Mama mitgebracht, mit der sie vor rund 30 Jahren als Kind schon mal bei Hasselhoff war. 30-jähriges Jubiläum also nicht nur für den Mauerfall.
Jetzt aber rein in die Halle. Der Innenraum ist ganz gut gefüllt, auch wenn noch Luft nach oben ist. Rund 1500 Fans sind hier, wie ich später lesen werde. Die Sitzplätze sind fast komplett leer geblieben. Der Stimmung tut das aber keinen Abbruch. Alle sind in freudiger Erwartung und immer wieder hört man die typischen „Hasselhoff! Hasselhoff!“-Rufe. Auf einer Leinwand läuft Werbung für Hoffs Hörbuch „Up Against The Wall – Mission Mauerfall“. Beim Slogan: „Ich habe mir diese Rolle nicht ausgesucht, diese Rolle hat mich ausgesucht“ muss ich lachen. Vielleicht sollte ich da tatsächlich mal reinhören. Beschallt werden wir bis zum Auftritt des großen Maestros übrigens nicht etwa mit Songs anderer unwürdiger Künstler. Nein nein, da werden einfach schon mal ein paar seiner Stücke rausgehauen.
Kurz nach 20 Uhr ist es dann soweit. Die Lichter gehen aus, rotes Licht wabert von links nach rechts durch die Halle und wieder zurück und es ertönt das typische Umgebungs-Scan-Geräusch von Michael Knights Auto K.I.T.T. aus der Hasselhoff-Kult-Serie „Knight Rider“. Auf der Leinwand folgen die passenden Szenen daraus inklusive Titelmelodie. Das Publikum reagiert mit Applaus und Gejohle. Ok, weiter zur zweiten Kultserie „Baywatch“. Auch hier wieder die Titelmelodie mit den passenden Szenen. Frauen, die sich in knappen Bikinis am Strand räkeln und muskulöse Rettungsschwimmer, die aus Helikoptern über wild wogenden Wellen abspringen. Noch mehr Applaus und Gejohle. Jetzt noch ein paar Ausschnitte aus dem Musikvideo zu „Summer Go Away“ mit 80er-Lolita Blümchen aka. Jasmin Wagner. Die Stimmung ist aufgeheizt – es kann losgehen. Hollywoodliker Auftritt The Hoff: während alles gebannt auf die Bühne starrt, hat sich David, der alte Schlingel, klammheimlich auf einem kleinen Turm im hinteren Teil der Halle nach oben fahren lassen. In goldener Glitzerjacke trällert er über den Köpfen der Menge Whitesnakes „Here I Go Again“ und erntet donnernden Applaus. Es folgt das schon 2018 bewährte Bad in der Menge. Umringt von Bodyguards lässt sich Hoff mitten durch unzählige selfie-machende Fans auf die Bühne führen. Hasselhoff! Hasselhoff!
Dort wird groß aufgefahren: jede Menge Strahler, riesige Leinwände, über die meistens Bilder aus seinen besten Tagen als braungebrannter 80ies-Sunnyboy flimmern, und eine sechsköpfige Band plus drei Backgroundsängerinnen. Es folgt die erste, etwas schwächere Hälfte des Konzertabends. Hoff singt sich sehr ordentlich durch mehr oder weniger bekannte Songs wie „Jump In My Car“, „Everybody Sunshine“ oder „True Survivor“, den Titelsong zum Splatter-Trash-Kung-Fu-Kurzfilm „Kung Fury“, für die er auch dieses Jahr gleich wieder die Werbetrommel rührt. Dinosaurier, Kung Fu-Kämpfer gegen Nazis, Synthesizer, knapp bekleidete Kriegerinnen und jede Menge Blut – was will man mehr. Und fast 34 Millionen Aufrufe auf Youtube sind ja auch kein Klecks. Ein zweiter Teil soll wohl auch bald folgen wie The Hoff fröhlich verkündet.
David rockt, schäkert mit dem Publikum, animiert zum Klatschen und spickelt ab und zu ganz ungeniert auf einen Teleprompter am Rand der Bühne. Dass der nicht für das Publikum verborgen plaziert wurde, ist entweder ziemlich dumm oder ganz schön cool. Wir sind bei The Hoff, also wohl letzteres. Etwas hüftsteif wirkt er schon beim ein oder anderen Dancemove. Aber mein Gott, der Mann ist 67 Jahre alt. Dafür schmeißt er ungeheuer sexy seine ganz schön oft wechselnden Jacken durch die Gegend. Wilde Sache. Mein persönliches Highlight: The Hoff zieht obenrum blank und präsentiert uns seine ziemlich behaarte, breite Brust. Was ein Mann! Als er sich umdreht – Gelächter. Sein eigenes Konterfei prangt da riesengroß auf seinem Rücken, darunter „Don’t hassel The Hoff!“. Sehr geil. Wäre es ein echtes Tattoo, wäre es natürlich noch geiler. The Hoff covert unheimlich gern (so viele eigene Stücke hat er halt nicht) und traut sich mit viel Inbrunst an Hits wie Elvis Presleys „You Are Always On My Mind“, John Denvers „Country Roads“ oder Glen Campbells „Rhinestone Cowboy“. So richtig zündet die Stimmung dann aber kurz vor der Pause bei „Hooked On A Feeling“. Wir singen „Ooga Chaka, Ooga Chaka““ und fangen an zu tanzen. Es folgt leider eine längere Pause, die wir dann halt zum Bier holen nutzen.
Stimmungsmäßig deutlich besser wird die zweite Hälfte des Konzerts. The Hoff rockt und groovt und tänzelt zu Songs anderer Künstler wie Udo Jürgens „Mit 66 Jahren“, „Sugar Sugar“ von The Archies und Bowies „Heroes“. Klar, im Jubiläumsjahr des Mauerfalls darf der natürlich nicht fehlen. „As David Bowie would say, we are still looking for freedom“, weiß The Hoff. Woher eigentlich? Egal. Auf der Leinwand sehen wir die Mauer, wir sehen Grenzposten und wir sehen wie alles zusammenbricht. Quasi von Hasselhoff persönlich zusammengesungen. Thank you for the Mauerfall. Echte Emotionen. Ein paar mehr oder weniger bekannte eigene Songs gibt es natürlich auch noch. „Open Your eyes“ (öööhem… natürlich doch ein Cover von The Lords Of The New Church) oder „Crazy for You“ beispielsweise. Es regnet Konfetti, es donnert Rauch aus Kanonen und eine ganze Armada glückseliger Fans darf zu „Limbo Dance“ auf der Bühne unter der Stange durchruckeln (The Hoff selbst setzt übrigens aus. Vielleicht auch besser so – ich sag‘ nur Oberschenkelhalsbruch). So oder so großes Kino.
Tonight we’re gonna party hoffstyle!
Es wird geschunkelt und getanzt und immer wieder „Hasselhoff! Hasselhoff!“-Rufe. Im Publikum werden Rettungsbojen geschwungen, T-Shirts ausgezogen und beim besinnlichen „Wir Zwei“ (ist das Original von Helene Fischer?) die Handylichter angemacht. Hier beweist David Hasselhoff, dass er nicht nur die wilde Rampensau ist, sondern auch äußerst zart und einfühlsam sein kann. Ganz eng sitzt er neben einer seiner Sängerinnen auf einer Stufe auf der Bühne, singt mit ihr äußerst putzig deutsch und zeigt wieviel Gefühl in ihm steckt. Ist es der Rausch der Emotionen, ist es das Bier oder gar beides – wir singen und steppen mit den Armen in der Luft ab. Nach 2 ½ Stunden verlässt The Hoff die Bühne. Natürlich nur um nach den obligatorischen Zugabe-Rufen nochmal zurückzukommen. Endlich hören wir auch noch den einen ganz ganz großen Hit „Looking For Freedom“. Mit blinkenden LEDs auf der Steppjacke verzückt The Hoff noch einmal die ganze Halle in seiner Paraderolle. Nochmal Konfettiregen, nochmal Rauch, artige Verneigungen vor den Fans, Danksagungen und das Versprechen, dass The Hoff back sein wird. Bevor er dann wirklich geht, trällert er noch bestens gelaunt Peter Maffays „Du“ mit, dass uns zum Abschied aus der Konserve geschenkt wird. Dann ist es vorbei. The Hoff has left the building!
Auf dem Weg zur S-Bahn hören wir immer wieder aus allen Ecken Hasselhoff-Songs. Eine rundum gelungene Sache dieser Abend. Warum ich hier so viel Spaß hatte, weiß ich selbst nicht so genau. Dazu muss gesagt werden sagen, dass ich Fasching nicht ausstehen kann, nie im Leben mehr einen Fuß in ein Bierzelt setzen werde und auch nicht lustig-ironisch zu Helene Fischer oder, noch schlimmer, Andreas Gabalier mitschunkele. Nur mal so zum Einordnen meiner Begeisterung. The Hoff kann zwar ganz passabel singen, ist aber sicher kein großer Künstler. Seine eigene Musik ist bestenfalls grenzwertig und seine Auswahl an gecoverten Songs fast schon grotesk. Aber irgendwie muss man diesen Teufelskerl einfach liebhaben. Weil er sichtlich Spaß hat an dem was er tut, weil er gar nicht erst so tut als sei er ein großer Künstler, weil er über sich selbst lachen kann und weil er für immer ein Teil unserer Jugend sein wird. Das wird es wohl sein. Don’t hassel the Hoff!
„Open your eyes“ ist ebenfalls ein Cover, das Original ist von „The Lords of the New Church“.
Schöner Bericht! Ich war leider schon mit den Pixies in München verabredet, sonst hätte ich mir den Spaß auch gegönnt.
Danke für die Richtigstellung Caroline. Ist mir durchgerutscht, obwohl ich das Original sogar kenne.