BEN ZABO, 29.11.2019, Laboratorium, Stuttgart
Einflüsse afrikanischer Musik finden sich bei vielen von mir geschätzten Bands. Insbesondere die leichtfüßigen afrikanischen Gitarrensounds, die Bands wie Vampire Weekend oder Retro Stefson erst den richtigen Drive geben, begeistern mich. Meine Kontakte mit echter afrikanischer Pop- und Rock-Musik beschränken sich allerdings auf ein Konzert des Senegalesen Youssou N’Dour (Loreley 1992) und Gigs der Tuareg-Desert-Blues-Rocker Tamikrest und Tinariwen. Und Ben Zabo aus Mali hätte ich wohl kaum wahrgenommen, wenn es da nicht einen persönlichen Kontakt gäbe.
Es ist eine glückliche Fügung, dass das mehrfach preisgekrönte Worldmusic-Label Glitterbeat Records seinen Sitz in Filderstadt hat und so hin und wieder der ein oder andere Künstler aus dem Roster zu einem öffentlichen oder privaten Gig hier vorbeischaut. Unsere Berichte von einigen dieser Gigs geben einen kleinen Einblick in Qualität und Spannbreite der bei Glitterbeat gesignten Künstler.
Arouna Moussa Coulibaly, so der bürgerliche Name von Ben Zabo, ist Profi-Musiker und Toningenieur und lebt in Bamako, der Hauptstadt Malis. Bei ihrer Arbeit mit Tamikrest lernten Label-Chef Peter Weber und Chris Eckman (The Walkabouts, Dirtmusic) den umtriebigen Musiker kennen. Sie waren begeistert, in Eckmans Worten klingt das so:
A string of firecrackers igniting on the dance floor of a midnight party. It is a music that has been perfected in the loud, sweaty, open-air clubs that line the outskirts of Bamako, places where the competition to get heard is fierce.
Von dieser Intensität konnten wir uns nun an zwei aufeinanderfolgenden Abenden einen Eindruck verschaffen. Und wir können bestätigen: Eckman hat nicht übertrieben!
In der winzigen Kellerklause namens „Edenless Bar“ war der Auftritt der 5-köpfigen Band natürlich mächtig. Insbesondere das hölzerne Balafon und die afrikanischen Trommeln des Percussionisten versetzten das sonst eher gemütliche Publikum in schweißtreibende Tanzbewegungen. Dass der Sound eher unausgeglichen war, ließ sich leicht verschmerzen, wussten wir doch, dass der Tontechniker im Lab auch mit solch exotischer Instrumentierung klarkommt.
Und das Lab enttäuscht uns nicht. Nicht nur der Sound passt (zum ersten Mal hören wir die Gitarre und das Keyboard), man war auch so umsichtig, das Mobiliar vor der Bühne zu entfernen. Denn das erklärt Ben Zabo noch vor dem ersten Song: In Afrika würde kein Mensch einfach nur Musik hören, dazu müsse unbedingt getanzt werden. Und das Publikum lässt sich nicht lange bitten, schon beim ersten Song zappeln die ersten mehr oder weniger elegant zu den treibenden Rhythmen. Was auf Ben Zabos Platten perfekt produziert ist, deutliche Funk- oder Soul-Anleihen hat, wird live total vom Balafon dominiert, einem hölzernen Riesenxylophon, dem zur Klangverstärkung hohle Kürbisse untergehängt sind. Es wird in rasender Geschwindigkeit und heftigem Körpereinsatz gespielt und es liefert nicht nur die Begleitmelodie, sondern auch in Kombination mit den afrikanischen Trommeln und dem Rock-Schlagzeug ebenso komplexe wie treibende Rhythmen.
An Keyboard und Schlagzeug hat Ben Zabo, der sich auch als Bwatun Warrior („Bwa Krieger“) bezeichnet, zwei in Bamako lebende Dänen mitgebracht, die in der Stammestracht der Bwa lustig verkleidet wirken, sich musikalisch aber bestens integrieren. Drei Mitglieder seiner Band hätte keinen Visum bekommen, erzählt Ben Zabo. „Schengen, you know.“ Und da der größte Teil seiner Songs in der Stammessprache Bo gesungen ist, darunter auch seine Hits „Wari Vo“ und „Démocracie“, macht sich Ben Zabo große Mühe, seine Titel zu erläutern, schließlich ist das Streben nach echter Demokratie und Souveränität eines seiner größten Anliegen. Überhaupt: so spaßig die Afro-Party auch ist, Ben Zabo lässt auch gerne mal durchblicken, dass er die Ursachen der Armut in seinem Heimatland durchaus auch außerhalb Afrikas sieht. Und wenn er postuliert, dass man den afrikanischen Ländern alles nehmen könne, nur nicht ihre Kultur, dann ist er ganz der Bwatun Warrior.