MOOP MAMA, 09.11.2017, Sudhaus, Tübingen

MOOP MAMA, 09.11.2017, Sudhaus, Tübingen

Foto: Steve Sonntag

Für Moop Mama nach Tübingen? Kann man mal machen. Gute halbe Stunde über die B27. Und das Sudhaus ist ja auch immer einen Besuch wert. Kann man denn ahnen, dass man dann fast eineinhalb Stunden braucht? Verdammt ärgerlich, dass damit der Support-Auftritt von Roger Rekless dem Stuttgarter Verkehrsinfarkt und der – sagen wir mal – schwierigen Parkplatzsituation am Sudhaus zum Opfer fällt. Als wir um viertel nach acht den knackvollen Saal betreten, schlägt uns bereits gehobene Party-Stimmung entgegen. Allgemeines Kopfnicken und Arm-Gewedel. Selbst ohne Ton wäre sofort klar: das kann nur HipHop sein. Bis wir in den nächsten Minuten die Grundbedürfnisse Garderobe, Bier und Platzsuche befriedigt haben, ist der Spaß schon vorbei. Sorry, zum Support deshalb leider kein Text, dafür aber wenigstens einige Bilder.

MOOP MAMA, 09.11.2017, Sudhaus, Tübingen

Foto: Steve Sonntag

In Sachen Blasmusik habe ich ja schon vieles gesehen. Von den Balkan-Brass-Titanen Fanfare Ciocarlia und Boban und Marco Marcovic, über die omnipräsenten LaBrassBanda, die arabisch angehauchten Äl Jawala, das Schweizer Pullup Orchestra bis hin zu erst kürzlich aufgetretenen Bhangra-Funk-Bläsern von Red Baraat. Da war schon jede Klangfarbe dabei. Nur Moop Mama fehlt seltsamerweise noch in meiner Sammlung. „Urban Brass“ nennen sie ihre Mischung aus HipHop und Soul/Funk. Das ganze komplett ohne Samples oder andere elektronische Unterstützung. Und das nicht ohne Grund: Moop Mama kommen tatsächlich von der Straße. Mit sieben Bläsern, zwei Schlagzeugern und MC Keno am Megaphon spielen sie seit 2009 spontane Guerilla-Gigs an öffentlichen Plätzen. 2016 geriet Kollege X-tof übrigens zufällig in eine Moop-Mama-Guerilla-Aktion in Stuttgart und hat das hier dokumentiert.

MOOP MAMA, 09.11.2017, Sudhaus, Tübingen

Foto: Steve Sonntag

Und es ist verblüffend, mit wie wenig Aufwand sich das Spektakel auf die Bühne verlagern lässt. Eine zusätzliche Percussion-Insel ist die einzige sichtbare Ergänzung, dank Funktechnik ist die Band genauso beweglich wie in freier Wildbahn. Und sie nutzt diese Freiheit selbst auf der relativ kleinen Bühne für permanente Bewegung, Positionswechsel und Neugruppierung der verschiedenen Instrumentengruppen. Und zur Radfahr-Hymne „Die Erfindung des Rades“ bringen sie sogar noch ein BMX-Bike auf die Bühne.

MOOP MAMA, 09.11.2017, Sudhaus, Tübingen

Foto: Steve Sonntag

Das Publikum ist (nicht ganz überraschend in Tübingen) eher im Studentenalter und sehr engagiert bei der Sache. Jede Mitmachaufforderung wird begeistert umgesetzt, auf jeden Scherz in Frontmann Kenos Ansagen prompt reagiert. Kurzum: ein perfektes Party-Setup. Dabei lassen es Moop Mama erstmal relativ ruhig angehen. Mit wunderbar präzisen, mehrstimmigen Bläsersätzen zeigen sie ihre ganze Klasse. Das ist schon fast ein Big-Band-Sound, gegenüber den eingangs genannten Konkurrenz-Bands durchaus ein Alleinstellungsmerkmal.

MOOP MAMA, 09.11.2017, Sudhaus, Tübingen

Foto: Steve Sonntag

Nicht nur musikalisch, auch textlich sind Moop Mama anspruchsvoll. Das sind keine HipHop-Plattitüden, das sind sozial und politisch engagierte Texte (Anspieltipps: „Meermenschen“ oder „Lösch das Internet“). Dass diese Texte gut verstanden werden, ist der ausgezeichneten Anlage und der makellosen Arbeit der Mischer zu verdanken. Überhaupt: Die ganze Produktion ist äußerst professionell. Nicht nur der Sound, auch die einheitlichen rot-weißen Outfits, die sauber choreografierte Lightshow und der Bühnenaufbau lassen erkennen, dass Moop Mama schon längst in der Bundesliga angekommen ist. Selbst die scheinbar verschusselten Zwischenansagen kokettieren nur mit diesem perfekt durchgeplanten Auftreten.

Neben einem Gastauftritt von Roger Rekless gehört natürlich ein Ausflug ins Publikum dazu. Da unterscheiden sich Moop Mama nicht von den anderen oben genannten Blaskapellen. Inklusive eines üppigen Zugabenblocks begeistern Moop Mama mit einem perfekten (schon fast allzu perfekten) Auftritt gute zwei Stunden lang ihr komplett euphorisches Publikum.

MOOP MAMA, 09.11.2017, Sudhaus, Tübingen

Foto: Steve Sonntag

Moop Mama

Roger Rekless

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