CRO MEETS JAZZ, DANA LEONG & BAND, 15.07.2016, Jazz Open, Schlossplatz, Stuttgart
Wenn ich erzähle, dass ich zu Cro gehe, wird stets die Nase gerümpft. Warum eigentlich? Ich habe noch nicht viele Stücke von Cro gehört, aber wenn ich irgendwo eins höre, hebt sich meine Laune und vor allem stört es mich nicht. Das hört sich jetzt nicht so toll an, aber ich finde es oft schon großartig, wenn mich Musik nicht stört. Wie auch immer, ich schätze, ich habe einen tollen Abend vor mir. Cro meets Jazz – MTV unplugged: Ersteres lockt mich immer, Letzeres ist ein Garant für ein sehr besonderes, berührendes Konzert.
6.500 Leute haben ein Ticket für Cro bei den Jazz Open ergattern können, Viele mehr hätten gerne noch eins gehabt. Das Publikum ist nicht so jung, wie erwartet, sondern stark durchmischt. Das liegt natürlich auch daran, dass viele mit sehr kleinen Kindern hier sind. Man sieht Panda-T-Shirts und -Masken und auch einige Kinder, die komplett im Panda-Look stecken.
Dana Leong, zweifacher Grammy-Gewinner aus den USA, eröffnet den Abend. Die kleinen Cro-Fans haben ein bisschen Angst, denn ihnen wurde gesagt, dass Dana Jazz spielt. Jaaazzzz!!! Nicht zuletzt dank der Jazz Open ist das ja zwischenzeitlich ein sehr dehnbarer Begriff. Dana legt mit seiner Posaune los, unterstützt durch einen Drummer, einen Basser und eine Frau an geheimnisvollen Maschinen mit Knöpfen und Buzzern – funky und hippedihoppi – er hat direkt alle in seinem Bann. Vor der Bühne geht es total ab. Ich denke bei mir, dass das schon das Highlight des Abends sein könnte. Nach ein paar Songs mit bekannten Grundmelodien wechselt er zu einem körperlosen Cello und es wird teils ein bisschen Apokalyptica-lyptisch, teils sehr schön hiphoppig. Dann zieht er mich leider runter mit einer unglaublich schlimmen Interpretation von „When my guitar gently weeps“. Andre Rieu goes Cello oder so. Danach wird es wieder besser, aber leider schließt er mit der vielleicht noch fieseren Version von „Killing me softly“ ab. Autsch. Egal, ich versuche, die genialen Stücke in Erinnerung zu behalten.
Ich bin jetzt aber doch froh, dass Cro übernehmen wird. Nach einer Umbaupause wird der Blick auf die Bühne frei und man staunt erst mal. Es gibt drei Ebenen, die vielen Instrumente, Stühle und Notenständer versprechen, dass es dieser Abend in sich haben wird. Viele Schulmädchen und kleine Pandabären schreien jetzt lauthals nach Cro, bis er endlich erscheint und einen eindrucksvollen Start hinlegt. Zunächst lässt er die Konzertbesucher die Hände hochstrecken, alle folgen ihm brav, auch diejenigen, die einen Sitzplatz vorgezogen haben. Ich bin da ja nicht so Fan von und lasse meine Arme unten. Nachdem der erste Song vorbei ist, bittet Cro sehr nett darum, die Handys nun wegzupacken. Die folgenden Stücke gehen relativ übergangslos ineinander über, die Energie, die rüberkommt ist Wahnsinn, ich kann nicht stillstehen, will ich auch nicht. 2 Drumsets stehen auf der Bühne, ich zähle 3 Backgroundsängerinnen, 4 Bläser, diverse Saiteninstrumente, Orgeln und dann gebe ich auf. Flo König, Lutz Häfner, Matteo und Lillo Scrimali sind nur vier der großartigen Musiker, die Cro heute begleiten.
Das Publikum ist textsicher, jedes Lied wird mitgesungen, der junge Mann mit der Pandamaske ist irre locker und sehr süß, Pandas sind süß. Was ich sehr sympathisch finde ist, dass man gar nicht so merkt, dass Cro hier die Hauptperson ist, das Orchester und er sind sehr gut eingespielt und alles hat seinen Platz. Der Titel „Hey Girl“ wird mit „New York, New York“ von Frank Sinatra eingegroovt, das hätte jetzt nicht sein müssen, aber was solls. Nach „Die Welt gehört mir“ kündigt Cro einen Gast für das Stück „Cop Love“ an. Auf die Bühne tritt Christian Scott, ab heute mein Lieblingstrompeter! Er ist der Hammer! Der nächste Song stammt aus der Feder von Scott selbst, er heißt „West of the West“, Cro nimmt am Wurlitzer Platz. Gegen Ende des Stücks überlässt Scott dem Saxophonist Lutz Häfner allen Raum, blickt eine Weile zu ihm auf (Häfner steht auf der 3. Ebene) und dann steigt er ein und die beiden geben es sich voll, aber das ist kein Battle, das ist ein Liebestanz der wildesten Art! Jetzt ist mal wieder so ein Moment da, bei dem ich vor Begeisterung an eine Wand springen möchte. Bähm. Bitte nicht aufhören!
Sie hören aber leider auf und Scott und Cro machen ein Männerabklopfritual zum Abschied und weiter geht´s mit „8 km/h“. Ich schaue mal so in die Runde und sehe, dass selbst die vier Polizisten hinter mir verzückt auf die Bühne gucken. Das Publikum scheint begeistert zu sein, Omas tanzen mit selig lächelnden Enkelinnen, die Leute auf den Sitzplätzen wippen mit dem Oberkörper und die Hände gehen auf und ab. Heute geht wohl niemand enttäuscht nach Hause. Cro steigt ab und zu von der Bühne und klatscht Hände ab. Ich merke das immer, wenn sich der Platz vor mir plötzlich leert und sich alle an die Absperrung drängen. Ein paar Titel später sehen wir Dana Leong mit seinem Cello wieder. Er steigt bei „Genauso“ mit ein und sie präsentieren anschließend noch ein Stück Leongs. Ehrlich gesagt, war dieses Gastspiel für mich eher überflüssig, das Cello war mir viel zu brav, wenn man bedenkt, was Leong mit seiner eigenen Combo aus diesem Instrument herausgeholt hat. Es folgen vier weitere Songs, Cro kokettiert nach den Stücken gerne damit, dass er den Applaus übertrieben findet, einmal verspricht er Drinks, aber statt Cuba Libre gibt es natürlich nur Cola. Bevor er die Becher an einen seiner Fans reicht, nimmt er selbst einen Schluck. Was ein Schelm, der weiß ja genau, was das mit den Mädels macht. Aber wenigstens werden diese Plastikbecher nicht so schnell im Müll landen, sondern in Jugendzimmern einen Ehrenplatz erhalten.
Das Orchester und Cro verlassen die Bühne. Nach einer kurzen Pause wird es ein bisschen peinlich. Eine schwäbisch sprechende Männerstimme kündigt eine Therapie für das Publikum an. Ich kann kaum zuhören. Das passt halt nicht. Gar nicht. Cro kommt mit seinen drei Backgroundsängerinnen und dem Rapper Danju auf die Bühne und präsentieren eine vier Stücke umfassende Hip-Hop-Orgie! Druckvoll, energiegeladen, sexy, die fünf fegen über die Bühne. Ich liebe es!
Das Ende scheint gekommen. Aber natürlich gibt es kein Konzert ohne Zugabe! Und die ist verdammt lang. Sechs Stücke, insgesamt waren es dann 30! Ich merke schon, dass ich mich langsam gerne mal setzen würde, bei der ersten Zugabe gehe ich zumindest mal zur Toilette und verpasse glatt Überraschungsgast Max Herre bzw. ich sehe gerade noch seinen Jackenzipfel auf der Bühne, als er schon vermummt an mir vorbeirast. Schade. Um mich rum sehe ich den ein oder anderen müden Panda vor sich hin starren, eine tapfere Bärin sitzt auf Papas Schultern und klatscht noch tapfer über dem Kopf.
Das war insgesamt ein richtig tolles Konzert. Ich könnte nicht bestimmen, welches die Hits waren, denn das Publikum war immer gleich begeistert. Ein Frontmann voller Energie und ein Orchester, das gut eingespielt und aus unglaublichen Musikern zusammengestellt ist. Ein Cro-Konzert in üblicher Besetzung hätte mir möglicherweise nicht so gut gefallen, viele Songs gleichen sich sehr. Aber wenn sich die Gelegenheit ergibt, gehe ich gerne hin und lasse mich vom Gegenteil überzeugen!
Setliste
Intro
hi Kids
Erinnerung
allein
jeden Tag
hey Girl
die Welt gehört mir
Cop Love
west of the west
8 km/h
never Cro up
I know
genauso
black & white
Du
Einmal um die Welt
bye bye
ein Teil
Turn Up
meine Gang
Tag und Nacht
celebrate
Rockstar
Zugabe
lange her
rennen
Melodie
chilln
MWH2
bad chick
Traum
easy
Es heißt dann aber schon „While My Guitar Gently Weeps“.
Stimmt, danke für den Hinweis. Beatles sind nicht mein Spezialgebiet …