ANA TIJOUX, 12.07.2016, Sommerfestival der Kulturen, Marktplatz, Stuttgart
Wenn es ein Festival gibt, für das ich Stuttgart ganz besonders mag, dann ist es das Sommerfestival der Kulturen. Eine Woche lang platzt der Marktplatz aus allen Nähten. Eine unglaublich bunte Mischung von Stuttgartern jeglicher Herkunft, Religion und Hautfarbe feiert großartige Musik aus aller Welt. Eigentlich ganz selbstverständlich, in Zeiten zunehmender Fremdenfeindlichkeit aber (leider) erwähnenswert. Organisiert wird es seit 16 Jahren vom Forum der Kulturen, das unter seinem Dach sage und schreibe 110 Migranten-Kulturvereine versammelt.
Schon seit Jahren beweisen die Kuratoren des Musikprogramms großen Sachverstand und man kann sich blind darauf verlassen, dass die meisten Bands, die hier auf der Bühne stehen – seien sie hier auch noch so unbekannt – brillante Live-Musiker sind. In ihren Heimatländern sind sie meist Stars, und so ziehen sie neben vielen neugierigen Musikliebhabern auch ihre Landsleute an, von denen es immer auch eine Abordnung in Stuttgart gibt. Am Eröffnungsabend des diesjährigen Sommerfestivals sind es Stuttgarts Chilenen, die ihrem Star, der französisch-chilenischen Sängerin Ana Tijoux zujubeln.
Es ist ein spannender Stilmix aus Hip-Hop, Pop, Reggae, Ska und Latino-Sounds, mit dem ihre Band den Marktplatz zum Tanzen bringt. Ein formidabler Bläsersatz sorgt für den entsprechenden Druck, Ana Tijoux springt, singt und rappt, nur der Rhythmus-Sektion würde man etwas mehr Power wünschen. Das ganze ist deutlich gefälliger als es ihr aktuelles – teilweise etwas finsteres – Album „1977“ erwarten lässt. Für den Anlass eines Sommerfests aber goldrichtig, zumal das Publikum von der vorher aufgetreten Band Bukahara schon mächtig auf Touren gebracht wurde.
Und wenn man sich das Programm der restlichen Woche anschaut, dann dürfte der Marktplatz gar nicht mehr zur Ruhe kommen. Am liebsten wären wir jeden Abend vor Ort, spätestens aber zu M.A.K.U. Soundsystem, der afro-kolumbianischen Combo aus New York City, sind wir wieder auf dem Sommerfestival. Sie sind schließlich nicht umsonst aktueller Spitzenreiter der Weltmusik-Charts.