¡MÁS SHAKE!, 08.03.2012, Goldmark’s, Stuttgart
Seltsames Frühjahr. Haufenweise Konzerte, aber irgendwie ist fast nix dabei, was mir gefällt. Nur zufällig eine Häufung von Auftritten von Künstlern, die mir nicht zusagen, oder besorgniserregender Trend, dass es für den eigenen, immer vernagelteren Geschmack nichts mehr gibt? Keinen Plan, gehen wir halt mal zu ¡Más Shake!, schlechtestenfalls kann man ja paar schale Tote-Hosen-Witze anbringen, schließlich ist der Herr Rod González da ja nicht der Bassist von.
Das Goldmarks ist nicht so richtig voll, was mich dann doch erstaunt, schließlich füllt ja Rods Hauptband die größten Hallen in Deutschland. Und außerdem ist doch Donnerstag der Königstag für Konzerte. Das zu späte ins Bett gehen fällt nicht so schwer ins Gewicht, den Freitag zieht man noch irgendwie durch. Die Wochenendtage überlässt man schließlich den jungen Hüpfern, während man selbst unter der Rheumadecke liegt. Egal, trotz nicht allergrößtem Zuschauerzuspruch legt die Band so gegen halb zehn los. Gut gelaunt sind sie, und ich bin’s nach wenigen Sekunden auch. Die erste Hälfte des Sets macht so dermaßen Spaß!
Eine feine Popperle nach der anderen, garniert mit schönen mehrstimmigen Gesängen, konsequenter 60ies Instrumentierung (Rickenbacker Bass, eine 12saitige E-Gitarre und Ludwig Schlagzeug beispielsweise), sehr guter Sound, die Band hat Spaß, und spielt so tight wie es gute Musiker nun mal können. Die Aufgabe der Band ist es ja, uns 60ies Songs aus Südamerika näherzubringen. Klappt hervorragend! Die ersten zwei Stücke „The Child And Me“ und „Forgive Me“ sind schon mal große Klasse.
Kathy Matthies von den Lemonbabies und gebürtige Stuttgarterin bedient das Keyboard, ab und an Gitarre und Schellenkranz, und singt paar zweite Stimmen. Der Basser Michell, der mir vor dem Konzert noch laut summend auf der Männertoilette aufgefallen ist, spielt einen prägnanten Bass, und darf bei einigen Songs nicht nur die zweite Stimme geben, sondern auch die Erste. Tomás Fuentes gibt den lässigen Schlagzeuger, und Michi-Lookalike Herr González zeigt, dass er mit Hauptgitarre und Leadvocals wohl ein ausgefüllteres Musikerdasein fristet, als bei seiner Hauptband (Vermutung, wahrscheinlich eh falsch).
Bis zu „Always You“, leider nicht DAS „Always You“ von Roger Nichols, einem meiner Alltime Faves, kommt das Set meiner Idealvorstellung eines 60ies Popkonzerts ziemlich nahe. Einfach nur super schön anzuhörende, melodische, kurze Popsongs. Erstaunlicherweise gehen die Lieder auch alle gleich ins Ohr, als würde man gute alte Bekannte, die man sehr gerne mag, wiederhören.
Die zweite Hälfte des Konzerts reißt mich etwas weniger mit, was daran liegt, dass der Musikstil nur mehr Richtung frühere, rock’n rolligere Beatmusik tendiert. Aber immer noch gut genug, auch dank der sehr launigen Ansagen von Rod. Fotograf Schmoudi bemerkt richtigerweise, dass es doch nicht unser gig-blog Michi sein kann, da der Mann da vorne auf der Bühne bisher erst ein Bier getrunken hat. Elementar Watson.
Es gibt auch ein paar spanischsprachige Songs, und dank Elefant Records klingt das mittlerweile zum Glück nicht mehr gleich nach Heroes Del Silencio in meinen Ohren. Kurz vor der Zugabe wird nochmal die Band über einem locker gejammten Teil präsentiert, wobei mir die Vorstellung des Schlagzeugers seitens Rod mit „er trommelte schon für James Last und Astrud Gilberto“ am besten gefällt. Das letzte Stück des Hauptsets „Never Never“ ist nochmal ein richtiger Höhepunkt, arg tolle Melodie.
Der Zugabenteil endet dann mit einem ungewöhnlichen Stück namens „It’s A Sin To Go Away“, einem peruanischen Stück. Eher so Spät-60ies Rock der Marke Vanilla Fudge. Eklektisch nennt man das, glaube ich, wenn man so paar Stile mehr drauf hat.
Wenn man’s am wenigsten erwartet, erlebt man teilweise die besten Konzerte. Die erste Hälfte des heutigen Abends werde ich noch lange in mir rumtragen, und jeden einzelnen Song nochmal nachhören wollen. Richtig super war das!
Ich werde mich als Biertrinker-Double bei Herrn González bewerben und ihn dann auf der Tournee biertrinkend begleiten.
Boah, Traumjob!
Der Michi, praktisch ein Rock n‘ Roll Stuntman, dort im Einsatz, wo es dem Rod inzwischen zu gefährlich wird.
Beispiele: Theke, Toilette, am Kippenautomat, Crowdsurfing, Stagediving, Moshpit, Autogrammstunde, Rock im Park, Besorgungen in der Bahnhofsgegend oder Entzugsklinik. Alles Dinge die unser Michi eh beherrscht. Den Job hast Du in der Tasche.