THE WHITEST BOY ALIVE, 10.05.2012, Wagenhallen, Stuttgart

The Whitest Boy Alive

Foto: Özlem Yavuz

Mein erster Gedanke: Boah ist das voll hier. Der zweite: Ganz schön viele Hipster, so auf den ersten Blick. Der nächste: Wo verstecken sich eigentlich all diese Hipster sonst? So groß ist Stuttgart doch gar nicht… aber bei Hipsterbands wie The Whitest Boy Alive stehen sie dann immer dichtgedrängt, Röhrenjeans, Karohemden, große Brillen und der ein oder andere ironische Schnauzer.

Es ist bereits 21 Uhr und die Schlange vor dem Eingang enorm groß. Ich denke: Komisch, aber ist wohl noch nicht offen. Dann schlängle ich mich durch und stelle fest, dass drinnen schon fast voll ist. Komische Organisation, ich höre von einer halben Stunde Wartezeit in der Schlange trotz Karte. Immerhin ist das Konzert seit März ausverkauft, und das sieht man.

In der Halle läuft elektronische Musik aus den Boxen, es ist immerhin schon 21.30 Uhr als die Vorband anfängt, die sich als It’s A Musical vorstellt. Ich höre nur das erste Lied und verziehe mich wieder in den Vorraum, wo es einfach zu viele Leute zu treffen gibt… halb Stuttgart scheint da zu sein, das Cottan macht gar einen Betriebsausflug hier hin.

Nach der Vorband läuft wieder Musik vom Band und man bemerkt eine leichte Unruhe in der Menge, und als gegen 22.30 Uhr The Whitest Boy Alive endlich anfangen, bekommt man das im Vorraum kaum mit. Überraschenderweise ist drinnen noch genug Platz und in der Nähe einer der offenen Türen ist sogar die Luft erträglich.

Die Geschichte von The Whitest Boy Alive ist eigentlich schnell erzählt: 2003 in Berlin als zunächst rein elektronisches Projekt gegründet, mit Sänger und Frontmann Erlend Øye, der wiederum eine Hälfte der Kings of Convenience ist. Erstes Album 2006, zweites Album 2009, aktuell kein Album, trotzdem Massenandrang in den Wagenhallen.

Solche Bands gibt es gerade ja viele, die so bisschen elektronische Musik mit bisschen Gesang und der ein oder anderen Gitarre machen. Aber bei The Whitest Boy Alive hört sich das besonders gut an – und funktioniert live überraschend gut. Das Konzert ist – nicht unbedingt eine originelle Feststellung – mehr wie ein DJ-Set aufgebaut als ein klassisches Live-Set, Sequenzer-Wabern und elektronische Beats vermengen sich problemlos mit Gitarre, Bass und Schlagzeug und ein Song geht nahtlos in den anderen über.

Dass das Ganze dann aber nicht eintönig wird wie ein DJ, der einen ganzen Abend lang Musik nur eines Technoproduzenten spielt, oder wie ein Frickel-Laptop-Live-Act, dafür sorgt die Präsenz von Erlend Øye. Er begrüßt artig das Stuttgarter Publikum, bewegt sich fast hippiesk im Rhythmus der Musik und breitet nicht nur einmal jesusmäßig die Arme aus, eher vor Verzückung als vor Selbstverliebtheit.

Seine Stimme ist überraschend klar und sicher, auf Platte hört sie sich manchmal etwas brüchig an, live klingt er manchmal wie Damon Albarn. Ansonsten wirken die Jungs für eine Berliner Band überraschend unhip, hier sehen Schnauzer, Karohemd und Lockenkopf wirklich echt und nicht ironisch aus.

Das Publikum ist durchaus begeistert, alle bewegen sich irgendwie mit, bejubeln die bekannteren Songs und singen bei den Hits mit. Und verzeihen sogar einen arg bemühten Song, den Øye als Mischung aus traditioneller mexikanischer und afrikanischer Musik bezeichnet.

Auch wenn es andere Stimmen gibt: Ein sehr gutes Konzert insgesamt, wer mehr erwartet hat, lag wahrscheinlich falsch. Lediglich warum die Band nach einer satten Stunde Spielzeit die vom Publikum geforderte Zugabe nicht spielt, bleibt das größte Rätsel des Abends.

The Whitest Boy Alive

Foto: Özlem Yavuz

It’s a Musical

The Whitest Boy Alive

6 Gedanken zu „THE WHITEST BOY ALIVE, 10.05.2012, Wagenhallen, Stuttgart

  • 14. Mai 2012 um 16:48 Uhr
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    Das Konzert war gut, wobei Ticketpreise von 35€ für 60 min Musik schon hart an der Grenze zur Abzocke sind.

  • 14. Mai 2012 um 19:24 Uhr
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    @tobi Absolut, ein klarer Kritikpunkt, das war übel viel Kohle für ein Stündchen TWBA.

  • 15. Mai 2012 um 10:15 Uhr
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    Bei Erlends Tanzstil muss ich immer an die Email-Signatur meines supernerdigen IT-Cousins M. denken, in der steht:
    „Dance like nobody´s watching“.

    Ich stimme Niko zu: „Ich fand die in der Manu damals irgendwie geiler, aber vielleicht weil die Songs da noch neu waren.“

    Das lange, harte und sehr laute House-Set zwischen It´s A Musical und The WBA war kreuzunnötig, v.a. wenn The WBA leiser spielt als die Zwischenmusik.

    Und das Licht mehrere Minuten nach dem Konzert „auf Zugabe“ halten und dann keine zu spielen, ist mindestens schlechte Absprache zwischen Band und Technik.

  • 17. Mai 2012 um 15:26 Uhr
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    dann hab ich alles richtig gemacht in dem ich nicht hingegangen bin — 60min für das geld ist abzocke / pasta — das konzert in schorndorf war sehr gut und in heidelberg hab ich ihn auch noch gesehen, beides mal ging es länger und das für weniger geld — hipster zu sein macht schon was aus !!!

  • 18. Mai 2012 um 12:25 Uhr
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    Zuviel Geld für alte Songs und zwei miese Nummern! Mir geht langsam das arrogante Getue auf den Keks. Wenn mehrere Hundert Leute warten müssen, weil Mr Oye Pizza essen muss, dann ist das pure Ignoranz und respektlos. Und warum kann eigentlich niemand auf der Bühne verkünden, wann endlich Messias zu uns hinabzusteigen gedenkt? Scheinbar alle aufs Maul gefallen. Mittlerweile ist es wohl common sence, dass es cooler ist, wenn das Publikum auf die Folter gespannt wird und niemals rechtzeitig (wie auf der Karte steht) die S-Bahn kriegt. Auch egal, wenn man am nächsten Tag arbeiten muss…Lasst dei leute endlich wissen, wie das Programm aussieht und improvisiert nicht so einen Schrott mit blöder Musik. Da kommt man sich echt verarscht vor!
    Wir sind schon vor Schluss gegangen und ehrlich: wen wundert es noch, dass es keine Zugabe gab? Das hat sich ja schon vor Beginn abgezeichnet.
    Die Frage ist nur: hält er sich selbst für so cool oder macht er sich nur über die lustig, die ihn cool finden.
    Jahre zuvor hat er in Schorndorf auf der Bühne verkündet, dass es schon stimme, wenn alle sagen, die Stuttgarter seien langweilig.
    Zumindest sind die Stuttgarter sehr geduldig, wenn schlechte Leistung auf schlecht organisierten Veranstaltungen geboten wird. Euer Glück, aber hoffentlich wird sich das auch ändern!

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