JASON DERULO, 20.03.2024, Porsche Arena, Stuttgart

JASON DERULO, 20.03.2024, Porsche Arena, Stuttgart | Foto: Madita Nair
Foto: Madita Nair

How do you fit all them in that jeans?
You know what to do with that big fat butt!
Wiggle wiggle wiggle….
Shake what your mamma gave you, misbehave you
I just wanna strip you, dip you, flip you, bubble bathe you

Wir sind Jäger und Sammler „exotischer“ Konzerte im Auftrag des Gig-Blogs. Bis heute Abend wäre ich wahrscheinlich nie auf die Idee gekommen, ein Konzert von Jason Derulo zu besuchen. Die ausverkaufte Porsche Arena mit überwiegend jungem und ganz jungem Publikum ist schon ein erster Hinweis darauf, dass wir heute Abend einen international erfolgreichen Superstar zu sehen bekommen, der alle Register des Pop-Zirkus‘ ziehen, gesanglich aber – zumindest mich – nicht in vielen Momenten überzeugen wird. Einen kleinen Dämpfer erhalte ich schon, als Madita mir eröffnet, dass der Song „Hangover“, auf den ich mich sehr gefreut habe, gar nicht von Jason Derulo ist.

Schon, wenn wir im Vorfeld über das Konzert gesprochen haben, ob es klappt oder nicht, wie es wohl werden wird, hat es sich bei Madita und mir eingeschlichen von Jason Derulo nur noch singend zu sprechen, wie er es zu Beginn jedes einzelnen Songs tut. Als wir unsere Plätze im Pressebereich eingenommen haben, bin ich verdutzt darüber, wie klein und aufgeräumt die Bühne ist – ich erwarte Entertainment und Protz vom selbst ernannten Nu King. Im Vorprogramm darf DJ Afro B die ersten extrem basslastigen Beats auf das Party-lechzende Publikum loslassen.

JASON DERULO, 20.03.2024, Porsche Arena, Stuttgart | Foto: Afro B
Foto: Madita Nair

Schon bei DJ Afro B zeigt sich, dass heute Abend extrem gute Bühnentänzerinnen und Tänzer zu sehen sein werden. Ich erlebe mich selbst klatschend, als Afro B uns auffordert:

If you’re sexy and you know it clap your hands!

Links und rechts von sich hat er zwei Ladys, die seinem eher statischen und unspektakulären Auftreten Dynamik und mir imaginäre Krämpfe in beiden Beinen verleihen beim Gedanken daran, etwas davon nachzutanzen. Das ist nett, aber ich brauche mehr Pop und Glamour und nach knapp 25 Minuten ist der Auftritt auch schon überraschend wieder vorüber. Es wird an der Bühne gearbeitet. Podeste werden aufgebaut, verschiedene LED-Wände erstrahlen und links und rechts der Bühne erheben sich zwei riesige, aufblasbare weibliche Torsi mit überdimensionalen Brüsten. An welcher Stelle der richtige Luftdruck von den Stagehands erfasst wird, kann sich jeder denken – die weiblichen Fans im Publikum feiern es.

JASON DERULO, 20.03.2024, Porsche Arena, Stuttgart | Foto: Madita Nair
Foto: Madita Nair

Pünktlich zum Ende eines 10-minütigen Countdowns wird die Bühne mit Bodennebel geflutet und mehr und mehr Tänzer betreten die Bühne. Zu „Watcha Say“ erscheint Jason Derulo auf dem höchsten Podest per Lift aus dem Boden gedrückt und die Porsche Arena wird erfüllt von kreischenden Stimmen. Der selbsternannte König hat die Bühne betreten. Der Sound geht durch den ganzen Körper und der Bass bringt den Klapptisch im Pressebereich zum Vibrieren. Auf der Fahrt zur Porsche Arena haben wir noch gerätselt, welche Songs eigentlich von Jason Derulo sind, die wir kennen. Während des zweiten Songs „Tip Toe“ muss ich feststellen, dass ich jeden Song heute Abend von ihm kenne, ihn nur nicht ihm zugeordnet habe. Auch der Refrain vom folgenden „Wiggle“ hat sich über die Jahre fest in unseren Sprachgebrauch eingeschlichen, oft als Ansporn beim Sport machen – Wiggle wiggle wiggle…

JASON DERULO, 20.03.2024, Porsche Arena, Stuttgart | Foto: Madita Nair
Foto: Madita Nair

Jason ist mit seinem Leder– und Nietenoutfit der Hingucker, da funkelt es von oben bis unten. Meine Blicke haften aber fast den gesamten Abend über an den Tänzerinnen und Tänzern. Es wuselt auf der kompletten Bühne von spektakulären Tanzeinlagen. Für mich sind sie das absolute Highlight an diesem Auftritt, jeder Schritt ist perfekt einstudiert, aber auch Jason gibt alles und wie schon zu Anfang erwähnt, bleibt da der Gesang etwas auf der Strecke. Auch bei „Acapulco“ frage ich mich immer wieder, wo er zwischen all den Dance Moves noch die Luft hat für den Gesang. Natürlich hilft da Autotune an vielen Stellen, was ja Teil seines Styles ist und mindestens ein Drittel des Gesangs kommt vom Band. Jason nimmt sich jedoch immer wieder die ruhigen Stellen seiner Songs, zieht diese in die Länge und zeigt dann doch, dass er ein sehr guter Sänger ist, vor allem in den Falsett-Lagen ist das extrem stark und zu „Savage Love“ bekommt er dafür auch den verdienten stürmischen Applaus.

JASON DERULO, 20.03.2024, Porsche Arena, Stuttgart | Foto: Madita Nair
Foto: Madita Nair

In vielen immer wiederkehrenden Tanzszenen der Tänzerinnen, untermalt von Feuersäulen und kleineren Pyro-Einlagen, steht mitunter der Stil des Tabledance im Vordergrund. So auch bei „It Girl“ und „Swalla“. Breitbeinig ist hier allem voran die präferierte Stellung. Der gesamte Abend ist ein schmaler Grat zwischen Sexismus und selbstbestimmter und selbstbewusster Weiblichkeit. Natürlich wird keiner der Tänzerinnen und Tänzer zu irgendetwas gezwungen – Die Arten der Bewegungen und deren Außenwirkung aber natürlich vorgegeben.

Den Zuschauern gefällt es. Ich entdecke auch keinen weiblichen oder männlichen Gast, der wutentbrannt das Gebäude verlässt, wegen der Häufigkeit der Verdinglichung des weiblichen Geschlechts. Auch die Mädels filmen munter drauflos und tanzen mit.

Am Ende ist es eine Show, bei der jedes Detail geplant ist. Jeder Schweißtropfen auf Jasons Stirn ist mit Sicherheit akribisch geplant und das schwarze Unterhemd reißt genau an der richtigen Stelle, wenn er zu seinen Fans in den Graben geht und mit ihnen tanzt.

Am Ende des Konzertes stelle ich mir immer wieder die Frage, ob ich begeistert bin von dieser zweistündigen Reizüberflutung oder ob es mir doch zu viel Unnatürlichkeit war. Ich bin zu einem Pop-Konzert eines Superstars gegangen und habe genau das bekommen, was auf der Karte stand. Durchchoreografierte Bühnenshows, teilweise Gesang vom Band, viel nackte Haut und der ständigen Jagd nach dem nächsten weiblichen Abenteuer.

Tatsächlich hat es mir einfach an etwas Tiefe des Künstlers gefehlt. Er war letzten Endes auch nur ein Teil der großen Show, in der er seinen Part gespielt hat. Am meisten klar wurde es mir, als er im Scheinwerferlicht stehend zu seinen Fans sprechen wollte. Es sollte tiefgründig und aufrichtig wirken, um dann überzugehen in „Talk Dirty“.

Every picture I take, I pose a threat
Boat or jet, what do you expect?
Her pussy so good I bought her a pet
Anyway, every day I’m tryna get to it
Got her saved in my phone under „Big Booty“
Anyway, every day I’m tryna get to it
Got her saved in my phone under „Big Booty“

Jason Derulo

Afro B

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