ABBATH, TOXIC HOLOCAUST, HELLRIPPER, 20.01.2024, Halle02, Heidelberg

ABBATH, 20.01.2024, Halle02,Heidelberg | Foto: Steffen Schmid
Foto: Steffen Schmid

Mit unseren Hellripper-Dates scheinen wir so ein Wetter-Dings zu haben. Das denkwürdige Konzert im Schwarzen Keiler letzten Sommer hatte sich sowohl wegen des Auftritts an sich, als auch wegen der tropischen Hitze, einen Ehrenplatz in unseren Konzerterinnerungen verdient. Heute in Heidelberg: Schnee, der Mond scheint in den Eisnebel rein, minus fünf Grad. Dass einem die Assoziationsmaschine Gehirn an die Black Metal Gassenhauer „Funeral Fog“ oder „Freezing Moon“ auf dem Weg zum Auftrittsort denken lässt … logisch.

Erstmalig in der Halle02 fällt mir die angenehme Mischung aus Hallengröße und modernisiertem Industriehallenschick auf. Ein wenig erinnert es an das P8 in Karlsruhe. Das gar nicht mal so alte und sehr zahlreiche Publikum trägt allerlei Band-Tees und Metal-Kutten zur Schau. Am Hellripper Merch steht Mastermind James McBain samt seinem Bassisten und verkauft Tonträger, Patches und T-Shirt mit hohem Goat-Gehalt. Und an das Stuttgart-Konzert erinnern sich beide auf Nachfrage noch sehr gut…

HELLRIPPER, 20.01.2024, Halle02,Heidelberg | Foto: Steffen Schmid
Foto: Steffen Schmid

Kurz nach 20 Uhr legen Hellripper mit dem rockig-punkigen “Spectres of the Blood Moon Sabbath” los. In der großen Halle bleibt natürlich der fist-in-your-face-Moment wie im kuschelig-kleinen Keiler damals aus. Aber trotz etwas zu leiser Gitarre ziehen die Schotten das Publikum schnell in ihren Bann. Der Sound ist insgesamt aber über den ganzen Abend gut. Das folgende “Hell’s Rock’n Roll” knüpft stilistisch nahtlos an den Opener an und verdeutlicht, wie McBain die alte Motörhead-Rezeptur  “Rock’n Roll + Schnelligkeit + Lautstärke” für Hellripper anwendet. Nicht mehr Lautstärke (was wohl eher eine technische Ausrüstungsfrage ist), dafür aber deutlich mehr Speed, und on top das black-metallische Gekeife aka Gesang.

HELLRIPPER, 20.01.2024, Halle02,Heidelberg | Foto: Steffen Schmid
Foto: Steffen Schmid

Im Gegensatz zum Stuttgarter Gig muss McBain heute nicht mit jedem wertvollen Sauerstoff-Molekül haushalten, und das sorgt für mehr Ansprachen und damit ganz amüsante Momente. So z.B.als er seinen Gitarristen beim Solo-Ausgenudele eines Songs mit “Kerry King!” vorstellt, bzw. er das Publikum auffordert einen Songtitel nachzubrüllen, “but now in a King Diamond voice”.

Der etwas unter einstündige Auftritt hat etwas von einer tollwütigen Raserei. Die Gitarrenriffs werden mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit auf die Saiten gepickt, während auf das Schlagzeug mit einer frenetischen Besessenheit eingeschlagen wird. Aus der tadellosen Songauswahl lässt sich noch das vielfach mitgebrüllte “All Hail The Goat” hervorheben. Spitzentitel, Spitzenauftritt, und vielköpfige Zugaberufe bei der ersten von drei Bands sagen auch schon was aus.

TOXIC HOLOCAUST, 20.01.2024, Halle02,Heidelberg | Foto: Steffen Schmid
Foto: Steffen Schmid

Als Nachwirkung des besagten Stuttgarter Hellripper-Konzerts stieß ich auf ein Interview mit McBain, in dem er Toxic Holocaust als große Inspiration nannte. Deren 2011er Album “Conjure And Command” läuft seitdem öfters bei mir. Obwohl alle drei Bands heute Abend stilistisch sehr gut zueinander passen, klingt jede doch ganz anders. Beim US-Trio klingen viel weniger Rock’n Roll oder New Of British Heavy Metal durch als bei Hellripper. Thrashmetal der räudigen, old-schooligen Art ist angesagt. Auch bei TH ist die Gitarre ein Stück zu leise, der Gesamtsound aber für diese furiose Art von Musik gut.

Das Grundtempo ist etwas niedriger als bei Hellripper, dafür gibt es schöne Midtempo-Moshparts. Der Gesang ist insgesamt tiefer, ohne aber zu gutturalem Death Metal Gegrunze zu geraten. Großangelegte Circle Pits und Crowdsurfing spiegeln das Gefallen an der Musik wider. Überrascht bin ich, wie viele Songs mitgesungen werden. Vor allem “War Is Hell” wird laut mitgebrüllt. Mein Favorit ist aber das getragene, fast schon doomige “I Am Disease”. Ein weiterer, begeistert aufgenommener Hit ist “Nuke The Cross”. Der Zuschauer vor mir kommentiert das laut brüllend zu seinem Nebenmann mit: “Nuke the cross, Alter!” Ich sag am Ende des Auftritts: “Toxic Holocaust, Alter!”

ABBATH, 20.01.2024, Halle02,Heidelberg | Foto: Steffen Schmid
Foto: Steffen Schmid

Das minutenlange Anstarren des riesigen Abbath-Schriftzugs in der Umbaupause sorgt dafür, dass mir nach fifty something years irdischer Existenz erst jetzt auffällt, dass “ABBA” ja in dem Wort “Sabbath” enthalten ist. For what it’s worth, das macht mich kurz glücklich. Olve “Abbath” Eikemo ist ein ehemaliges Gründungsmitglied der bedeutenden, norwegischen Black Metal Band Immortal. Seit seinem Ausstieg firmiert er solo als Abbath und wurde von gig-blog Kollege Alex Ritz schon diverse Male kompetent besprochen.

Gleich der Opener “To War” stellt klar: hier sind wir optisch wie musikalisch eher in skandinavischen Gefilden unterwegs. Face Paint allenthalben kombiniert mit den so bassarm sägenden wie zugleich majestätisch klingenden Black Metal Gitarren. Aber das Konzert entwickelt sich zu allem anderen als einem 0815 Second Wave Black Metal Auftritt.

ABBATH, 20.01.2024, Halle02,Heidelberg | Foto: Steffen Schmid
Foto: Steffen Schmid

Der extreme Gesang von Abbath und der harsche Gitarrensound bleiben zwar bestimmend. Aber neben schnellerem Extreme-Metal sind manchmal fast schon glam-metal-artige Riffs zu hören gepaart mit straighten Rockrhythmen. Mein Highlight ist der Immortal-Song “Beyond The North Waves”. So gut das Moped, dass man ihn sich problemlos auf Bathorys “Hammerheart” vorstellen könnte.

Zu dem, für mich überraschend abwechslungsreichen, musikalischen Geschehen gesellen sich die Ansagen. Abbaths Ansprachen werden in seiner Sangesstimme, teils auf Deutsch dargeboten. Hört sich an, als sei good old Ctullhu in den Crazy Frog reingefahren und ist für meine Ohren absolut nicht rauszuhören, was er uns sagen möchte. Leider ist aus meiner Position auch nicht zu sehen, ob er seinen legendären crab walk abliefert.

Für mich als absoluten Abbath-Novizen macht das Konzert auf jeden Fall extrem Lust, mich in seine Platten reinzuhören. Eher ein Satz, den man nach einem Auftritt der Vorband erwarten würde, aber heute isses halt mal so rum. Ein absolut gelungener Abend, der unsere hohen Erwartungen dicke erfüllt hat.

ABBATH, 20.01.2024, Halle02,Heidelberg | Foto: Steffen Schmid
Foto: Steffen Schmid

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Toxic Holocaust

Hellripper

2 Gedanken zu „ABBATH, TOXIC HOLOCAUST, HELLRIPPER, 20.01.2024, Halle02, Heidelberg

  • 27. Januar 2024 um 14:13 Uhr
    Permalink

    Der crab walk…super.

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