BLUSH ALWAYS, 19.01.2024, Merlin, Stuttgart
Das bereits im letzten Jahr erschienene Debütalbum “You Deserve Romance“ der Musikerin Katja Seiffert alias Blush Always, bewegt sich im Spannungsfeld zwischen grungigem Gitarrensound und harmonischen Melodien, Indierock und Shoegaze und ist somit stark in den neunziger Jahren verwurzelt. Seifferts Texte sind Introspektiv, kreisen um Liebe und Selbsterfahrung.
Nun ist sie mit Band auf ihrer ersten Headliner Tour unterwegs. Heute Abend macht sie Stopp im sehr gut gefüllten Merlin, um im Rahmen des Pop Freaks Festivals zu spielen.
Die Bühnendekoration besteht aus einem alten Röhrenfernseher, auf dem das Band-Logo flimmert und schon einen ersten Retro-Eindruck hinterlässt. Auf dem hinteren Bühnenvorhang sind aufgemalte, bunte Herzen zu sehen, was im Gesamten eine stimmungsvolle und nostalgische Wohlfühlatmosphäre erzeugt.
Gleich die ersten Gitarrenakkorde versetzen mich zurück in die Neunziger, das klingt schon sehr authentisch. Assoziationen zu Genregrößen wie zum Beispiel Dinosaur Jr. und Sebadoh kommen auf. Der Sound ist sehr druckvoll, hat ordentlich Energie, wie auch Seifferts Gesang, in dem aber auch die harmonischen Melodien zum Tragen kommen und in diesen Passagen an College-Rock à la Nada Surf erinnert. Die sehr persönlichen Texte handeln sowohl von toxischen Beziehungen als auch romantischen Momenten und sind, trotz der Fokussierung auf das Emotionale und Zwischenmenschliche, niemals kitschig oder gar peinlich.
Die Kommunikation zwischen den Songs ist entspannt und sympathisch. Es wird von Alltagsbeobachtungen und Tagebucheinträgen erzählt. Von skurrilen und witzigen Situationen, aus denen dann Songs werden, wie bei “Oddly Romantic“. Das alles macht Spaß und nimmt mich mit, auch dank der unaufdringlichen und souveränen Bühnenpräsenz, die einen vergessen lässt, dass dies ihre erste eigene Clubtour ist.
Das Einzige, was ich etwas vermisse, sind kleine Störungen, der Sound dürfte zwischendurch etwas noisiger, die Gitarren ein bisschen verzerrter sein, um den Hörer ein wenig mehr zu fordern. So bewegt sich der Konzertabend vielleicht doch etwas zu sehr in der Wohlfühlzone. Anders als im Grunge der neunziger Jahre, in dem es immer auch um Protest, Rebellion und Abgrenzung ging, und dies auch auf der Bühne zelebriert wurde, steht hier die positive Stimmung durchweg im Vordergrund. Nein, Blush Always will mit ihrer Musik nicht wütend sein auf diese Welt und ihren immensen Verwirrungen. Seiffert setzt zwar auf Dynamik, der Sound geht nach vorn, bleibt aber immer unaufgeregt. Ein Eskapismus ins Innerliche, in die eigene Gefühlswelt.
Blush Always lieferte einen gelungenen, ja schönen, Konzertabend ab. Man sah Katja Seiffert und ihren Mitmusikern die Freude am Spielen und den Spaß auf Tour zu sein, wirklich an. Ich bin mir sicher, dass man von ihr in Zukunft noch einiges hören wird.