GRACE JONES, 16.07.2009, Neue Messe, Stuttgart

Grace Jones

Foto: Steffen Schmid

Email-Rundmails beinhalten derzeit schöne Städtevergleiche: Wuppertal, das San Francisco Deutschlands, Löchgau, das Manchester Württembergs, Ludwigsburg, das Detroit Europas. Dann ist Leinfelden-Echterdingen natürlich das LA Stuttgarts. Wird ja gerne auch „LE“ genannt. Dieses Jahr ist das Festival Jazzopen zu Teilen in die Neue Messe am Flughafen gezogen. Nix mit Open Air mehr. Nix mit Festivalatmosphäre. Dafür aber das Wörtchen „Open“ im Festivaltitel sehr gedehnt. Da passen Katie Melua, Lenny Kravitz und Joss Stone gleichermaßen hinein.

Aber hey: Grace Jones eröffnet das Festival. Sie gibt das einzige Festivalkonzert in Deutschland diesen Sommer. Ausgerechnet Grace Jones, die alterslose Disco-Diva, die androgyne Amazone, die radikale Raubkatze. Eine, die 19 Jahre lang wie vom Erdboden verschluckt war, taucht jetzt wieder auf. In dieser Zeit sind schon viele Pop-Sternchen verglüht, jetzt ist die Außerirdische zurück.

Erst einmal lässt sie ihr Publikum aber sehr lange warten und regelrecht im Dunkeln tappen. Einer wird so ungeduldig, dass er schon mal vorab „Zugabe“ ruft. Natürlich passt das perfekt zum Image der zickigen Diva.

Wenn Grace Jones auf die Bühne kommt, hat man das Gefühl, sie wäre noch größer, als man sie sich vorgestellt hat. Sie ist die unnahbare Überfrau. Eine, die sich auf der Bühne inszeniert, karikiert und künstlich verziert. Sie ist eine Frau der Superlative. Und Grace Jones inszeniert sich auch als solche. Leider wollten das beim Festival-Eröffnungsabend „nur“ 2200 Menschen sehen. Eine Masse, die in der großen Halle eher verloren wirkt.

„This is my voice, my weapon of choice“, sprechsingt Grace Jones. Als Waffe hat sie aber nicht nur ihre Stimme, sondern vor allem sich selbst: das Gesamtkunstwerk Grace, zusammen gesetzt aus Stimme, Körper, Mimik, Gestik und ganz schön vielen Hüten. Sie macht mit dem ersten Moment auf der Bühne klar: Hier geht es um das Große – um niemand geringeres als Grace Jones.

Sie singt „Nightclubbing“, eine Coverversion von Iggy Pop mit ihrer kehligen, rauen Stimme, um dann bei „La Vie En Rose“ wieder ganz entzückend milde zu klingen. Musikalisch unterstützt wird sie von ihrer Band und zwei Backgroundsängerinnen, die die meiste Zeit im Dunkeln ihren Job machen. Ein Konzert von Grace Jones ist eine One-Woman-Show. Und eine der vielen Hüte und Hits. Sie singt das rockige „Demolition Man“, das bass-besessene „Pull Up To The Bumper“, zu dem sie viele Fans auf die Bühne holt und „Slave To The Rhythm“ natürlich als Zugabe. Sie singt diese bekannten Zeilen mit ihrem dunklen Timbre, während sie einen neonfarbenen Hula-Hoop-Reifen minutenlang um ihre Hüften kreisen lässt.

Damit die vielen Umkleidepausen nicht zu lange ausfallen – und Grace Jones nicht minutenlang hinter der Bühne verschwinden muss – steht am Bühnenrand eine schwarze Umkleidekabine. Quadratisch, praktisch. Es ist ein Zauberkasten, aus dem eine sich immer wieder verwandelnde Grace Jones tritt. Und aus der sie immer wieder nett mit dem Publikum spricht und verrät, dass sie mal eine Liaison mit einem Stuttgarter hatte. Zu jedem Song gibt es eine andere Grace Jones. Mal trägt sie eine golden funkelnde Lametta-Perücke, eine Minarett-Mütze, eine Augenmaske mit Antennen, dann einen überdimensionalen Hut in Muschel-Form. Und, nein: Selbst wenn sie im String-Tanga an der Stange tanzt, wirkt das gar nicht lächerlich.

4 Gedanken zu „GRACE JONES, 16.07.2009, Neue Messe, Stuttgart

  • 17. Juli 2009 um 21:49 Uhr
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    Anja = Alliterations Artistin

  • 19. Juli 2009 um 12:33 Uhr
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    Lustig, der Lino!

  • 19. Juli 2009 um 12:57 Uhr
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    loveable und lovely passt auch noch.
    Kaum zu glauben, dass die Dame über 60 sein soll…und bekomm mal raus, wer dieser Liaison-Stuttgarter ist!

  • 20. Juli 2009 um 01:13 Uhr
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    heydiho,
    war ein klasse konzert in stuttgart… absolut schade, dass das haus nicht voll war, dennoch genial wars, wenn nicht sogar phänomenal… gibt es noch mehr fotos von diesem konzert? wenn ja, hätte gern noch welche, da meine batterien meiner kamera an diesem tag durch die lange autofahrt in der hitze sich wohl entleert haben… :(

    kang_sunny@gmx.net .. würd mich freuen!

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