ÀSGEIR, ÁRNY MARGRÉT, 23.11.2023, Im Wizemann, Stuttgart
Es hätte schon sehr viel passieren müssen, dass bei einem Konzert eines der in den vergangenen Jahren erfolgreichsten Künstlers Islands keine Erinnerung an meinen Besuch des Iceland Airwaves im Jahre 2016 aufploppt. Dass dies aber schon nach den ersten Klängen der Support-Künstlerin Arny Margret passiert, überrascht mich dann doch. Ganz automatisch denke ich, dass dieses Konzert nun auch um 15 Uhr in einem kleinen Klamotten-Laden, einer Bibliothek oder einer Hotellobby stattfinden könnte, während draußen die Dämmerung hereinbricht – ein wohliger Gedanke.
Dazu passt die sehr schöne Stimme Margrets, die gezupfte Akustik-Gitarre und die Ansagen, die so zurückhaltend sind wie die Songs – beruhigend, zum Dahindämmern und Wegträumen. Da stört es auch nur beim zweiten Song, dass ich keinen Unterschied erkenne, außer dass der Kapodaster zwei Bünde nach unten gerutscht ist.
Eine unserer immer wieder auftretenden Unterkategorien im Gig-Blog ist bekanntlich das Beklagen eines unaufmerksamen oder zu lauten Publikums. Heute Abend passiert das genaue Gegenteil: Trotz zurückhaltender Musik und Künstlerin ist der schon gut gefüllte Club mit „ruhig“ noch untertrieben beschrieben – aufmerksam wird jeder Song bis zum letzten verklungenen Akkord andächtig belauscht und die Begeisterung steigert sich von Song zu Song. Man hätte die berühmte Stecknadel fallen hören können, wenn nicht das Geklapper der Bar zu hören gewesen wäre.
Die Pause zieht sich etwas und daher nutze ich an dieser Stelle die Gelegenheit, den Namensvetter und Landsmann Àsgeir Sigurvinsson, den isländischen Mittelfeldregisseur, der maßgeblichen Anteil an der Deutschen Meisterschaft des VfB im Jahre 1984 hatte, in diesem Bericht noch unterzubringen. Er wäre nicht der erste Weltklasse-Fußballer, den ich in diesem Jahr singen höre – mein Konzert-Erlebnis mit Eric Cantona vor wenigen Wochen lässt mich allerdings weiterhin rätseln, ob dieser Transformationsprozess generell eine gute Idee ist.
Aber zurück zu Àsgeir Trausti , so der vollständige Name des isländischen Musikers, der nun also mit drei Mitmusikern (Gitarre/Gesang, Bass/Synthesizer, Schlagzeug) die Bühne betritt. Sein erstes Album „Dýrð í dauðaþögn“ von 2012 (international 2014 veröffentlicht) kam mir einst auf einem Flohmarkt in die Hände und höre ich immer wieder sehr gerne. Der hohe Gesang ist natürlich Geschmackssache, aber im Zusammenklang mit den oft leichten, manchmal elektronisch verspielten Pop-Melodien gefällt er mir doch ziemlich gut.
Das Konzert hält insgesamt keine großen Überraschungen bereit. Àsgeir wechselt zwischen Stage-Piano und Gitarre ab, seine Mitmusikanten spielen sich solide durchs Set und erst gegen Ende erkenne ich durchaus Vergnügen auf der Bühne, wenn der ein oder andere Song mal etwas aus sich herausgehen darf. Das ist schon schön und an einem grauen Novemberabend ab und an genau das Richtige, wenn z.B. der Song „Sommer Guest“ vom ersten Album klingt wie eine vertonte Fahrt im Mietwagen in einer isländischen Juni-Nacht.
„Limitless“ vom zuletzt erschienenen Album „Time on My Hands“ gerät zu zweit an Akustik- und E-Gitarre zu einem bezaubernd hingetupften Stück Musik. Auf diesem musikalischen Wattebausch gesellt sich für einen Song auch nochmals die Sängerin Arny Magret für ein Duett auf die Bühne und spätestens da denkt niemand mehr an die kalte, raue Novemberwelt da draußen.