THEATERFESTIVAL, 28.07.-05.08.2023, Burkwanger Weiher, Isny

Theaterfestival Isny

Foto: Matthias Hagmann

Das Theaterfestival Isny feiert in diesem Jahr bereits seinen 40. Geburtstag. Kaum zu glauben, denn die Arbeiten im Vorfeld und während des Festivals werden fast ausschließlich ehrenamtlich gestemmt. Da braucht es viel Herzblut und Leidenschaft. Und wie schön, das Festival hat treue Sponsoren, die nicht unwesentlich daran mitwirken, eine Woche lang den Parkplatz am Burkwanger Weiher zum Standort für ein zauberhaftes Familienfest rund ums und im großen Zirkuszelt mit herausragenden Künstlern und Workshops zu verwandeln. Ich hatte ursprünglich vor, eine Dauerkarte für die komplette Woche zu kaufen und hier zu campen, habs aber verdusselt und lediglich eine Karte für die Rikas im Vorfeld besorgt. Auf Einladung vom Theaterfestival Isny habe ich mir dann doch ein paar terminlich passende Events ausgesucht. Vielen Dank an das Marketing-Team und die Fotografierenden Jana Rowenski und Matthias Hagmann, deren Bilder ich dankenswerterweise wieder verwenden darf.

Theaterfestival Isny

Foto: Matthias Hagmann

In diesem Jahr eröffnet wie schon 2019 wir berichteten das 4-köpfige Herbert Pixner Projekt um Multiinstrumentalist und Namensgeber der Combo Herbert Pixner. Er beteuert seine große Freude, wieder hier zu sein und wir freuen uns mindestens genauso. Pixners Schwester Heidi hat für dieses Jahr eine Auszeit genommen und so hören wir an der Volksharfe heute Katrin Unterlercher, die Ehefrau des Kontrabassisten Werner Unterlercher. Weiterer wichtiger und fester Bestandteil der Band ist Gitarrenvirtuose Manuel Randi. Pixner kündigt an, dass heute alle Lieblingslieder der letzten 19 Jahre gespielt werden und so reagiert das Publikum wissend mit warmem „ah“ und „oh“ auf fast jede Ansage. Das Herbert Pixner Projekt spielt mit vielen Musikstilen wie Blues, Bossa und Tango – und garniert die Stücke mit einer traditionell alpenländischen und auch eigenen Note. Oder andersrum. Natürlich gibt es zwischen den Stücken wieder die ein oder andere Entstehungsanekdote. Wenn Musiker:innen so perfekt ihre Instrumente beherrschen wie diese vier aus Tirol, kann es schnell seelenlos und langweilig werden. Aber nicht beim Herbert Pixner Projekt. Hier wird jede Note gelebt und gefühlt und alle im Zirkuszelt fühlen mit bis zum letzten Ton.

Nach diesem gelungenen Auftakt für das Theaterfestival gehts noch ins Disco-Zelt, aus dem man uns um 3 Uhr dann schließlich rauskehrt. Guter Abend! Am Morgen erstmal in den herrlich kühlen Weiher zum wach werden, dann führt der Weg ins Gastrozelt, wo das tolle Team schon wieder rumwuselt und Frühstück rausgibt. Ein Traum.

Theaterfestival Isny

Foto: Matthias Hagmann

Am Montag bin ich wieder vor Ort für den Poetry Slam und die Band Mola und der Abend beginnt mit zwei Irrtümern meinerseits. Irrtum Nr. 1: „Ich kann Poetry Slam nicht leiden.“ Wenige Minuten nach Beginn bin ich dann glühender Fan. Zuerst überzeugt die Moderatorin Dana Hoffmann. Was für eine Präsenz und was für eine eindrucksvolle Frau. Wow! Dann treten jeweils 2 Slammer:innen in 3 Duellen gegeneinander an. Sehr intelligente junge Menschen tragen sehr intelligente Texte vor. Und das ausdrucksstark und mit tollen Gesten. Die Themen sind mannigfaltig, so z.B. die Zeitschrift Beef, Fliesentische, Zahnspangen, Theaterinszenierungen, Medienverstörtheit und ein Liebesgedicht an den Zweifel. Im Finale setzt sich Yannik Ambrusits mit seinen Unsicherheiten als junger Mann durch, meine persönliche Favoritin ist mit ihren leiseren Tönen Lotta Emilia.

Theaterfestival Isny

Foto: Matthias Hagmann

In Windeseile werden nun die beweglichen Sitzgelegenheiten rausgeschafft, damit der Tanzboden für das Publikum der Band Mola bereitet wird und damit kommen wir zu Irrtum Nr. 2: „Ich kenne die Band Mola nicht.“ Als ich ins Zirkuszelt trete muss ich erstmal schmunzeln, das wirkungsvollste, weil einprägsamste Banner aller Zeiten lacht mir entgegen. Mola haben m.E. ein altes Bettlaken genommen und vielleicht in lustiger Laune mit der Spraydose verziert. So sieht es zumindest aus. Zwei komische Blumen, vermutlich Dahlien, und der Schriftzug Mola sind im rechten Drittel zu sehen. Jetzt fällts mir wieder ein, Mola habe ich vor paar Wochen bei Wudzdog Open Air Dornstadt gehört und gesehen. Die Band bezeichnet ihre Musik als Bastardpop – ich muss zugeben, auch das kam mir beim Durchlesen des Programmhefts bekannt vor. Nun ja, Popmusik macht die vierköpfige, klassisch mit Gitarre, Bass und Schlagzeug ausgestattete Band auf alle Fälle und die dazugehörige Sängerin singt richtig gut! Sie hat vor allem auch so kleine schöne Schrägheiten drauf, die sie wenig und an den richtigen Stellen einsetzt. Leider geht es mir wie auf dem Wudzdog, ich verstehe die – obwohl deutschen – Texte nicht. Schade. Nur immer mal ein Wort. Ich mache mich also auf den Weg durch das Zelt auf der Suche nach besserem Sound. Aber das hilft nicht, vielleicht liegt einfach zu viel Hall auf dem Mikro, denn auch wenn sie in den Pausen zwischen den Songs spricht, versteh ich sie schlecht. Egal, tanzen kann man allemal und hier sind zwar leider nicht ganz so viele Leute, aber viele der wenigen kennen die Texte und singen lauthals mit. Mich persönlich berühren Mola nicht so richtig, aber ich weiß, dass es vielen ganz anders geht und vermute, dass der Name dieser Band mal ziemlich weit oben auf den Plakaten der richtig großen Festivals steht.

Theaterfestival Isny

Foto: Maren Katze

Am Mittwochnachmittag lockt mich Märchenerzähler Achim Sonntag in die Gemeinschaftsjurte, wo er Kindern einen Bären über den Froschkönig in Form eines Erzähltheaters aufbindet. Es ist sehr lustig und Sonntag ein großartiger Mime, ich bleibe aber nur ein paar Minuten, ohne kindliche Begleitung fühl ich mich deplatziert.

Theaterfestival Isny

Foto: Matthias Hagmann

Nun ist Helge Schneider dran. Den kenne ich. Klarer Fall. Seit 30 Jahren oder so. Nicht zu fassen. Live gesehen habe ich ihn auch schon und habe aufgrund dieser Erfahrung allen Grund, mich darauf zu freuen. Er macht heute natürlich auch jede Menge Blödsinn, aber ich habe doch eher das Gefühl in einem großartigen Jazzkonzert mit Späßchen garniert zu sitzen als in einer Comedyshow mit Musikbegleitung. Ich war schon früher beeindruckt von seinem Können, aber ich finde ihn heute so gut wie nie an Klavier, Saxophon, Trompete und na ja, irgendwie Panflöte: Die spielt er nicht wirklich, er pfeift und schiebt sie hin und her. Ich frage mich, wie vielen Leuten er den Jazz nahegebracht hat. Selbstverständlich hat Schneider Wahnsinns-Musiker um sich geschart sowie einen Typen, der aussieht wie aus Western von gestern und dessen Aufgabe ist, keine Akrobatik zu machen und nicht Geige zu spielen. Also eigentlich macht er das alles schon, aber er kann es halt nicht. Das ist der Gag. Genialer Job jedenfalls, würde ich auch machen. Eine Frau im Publikum will Helge heiraten, zumindest steht es so auf einem Pappendeckel, den sie immer mal hochhält. Er will ggf. darauf zurückkommen.

Theaterfestival Isny

Foto: Jana Rowenski

Am Freitag komme ich zum letzten Mal zum Festival und zwar zum Auftritt der eingangs erwähnten Rikas, mein persönliches Highlight in diesem Jahr. Vier richtig gute Musiker, die einfach schöne Popmusik mit ordentlich Soul und ganz viel Sonne machen. Ich fühl mich zumindest während des Konzerts wie im Italienurlaub in den 90ern, bittersüß. Keine Ahnung warum, sie singen englisch und nicht italienisch. Und das immer wieder aufregend mehrstimmig. Bassist Sam Baisch fragt zwischen zwei Songs, ob jemand aus dem Publikum auch bei den Barbaren Barbies war und lässt raus, dass seine Schwester Teil dieses „Wild Women Circus“ ist. Ich habe schon mehrfach bereut, dass ich die nicht auf dem Zettel hatte, sie müssen laut den Begeisterungsausbrüchen anderer Festivalbesucher:innen grandios gewesen sein. Baisch meint jedenfalls, 1:0 für seine Schwester, die hatte ein ausverkauftes Zelt. Ganz voll ist es heute zwar nicht, aber erstens scheint hier jeder hingerissen zu sein und zweitens bin mir sicher, dass sich bis zum nächsten Rikas-Auftritt in allen Teilen des Allgäus und in Oberschwaben rumspricht, wie wundervoll es heute war. Ich gehe auf jeden Fall wieder hin.

Theaterfestival Isny

Foto: Maren Katze

Ein Gedanke zu „THEATERFESTIVAL, 28.07.-05.08.2023, Burkwanger Weiher, Isny

  • 12. August 2023 um 13:24 Uhr
    Permalink

    Es kommt sehr nahe raus, was das Theaterfestival Isny ist. Aber so richtig weiß bzw. fühlt man es dann halt erst dann, wenn man es vor Ort mitlebt.

    Dankeschön für den Bericht.

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