ZIMMER90, EDWARD HUNT, 11.03.2023, Im Wizemann, Stuttgart

ZIMMER90, EDWARD HUNT, 11.03.2023, Im Wizemann, Stuttgart

Foto: Patrick Grossien

2026: Southside, Primavera, Montreux. Headliner: Zimmer90. Wow, was für eine Reise. Und ich war dabei, als Zimmer90 ablegte.

2023: Im Wizemann, Zimmer90 im „Studio“. Knapp 80K Followers auf TikTok, Track „Movin‘“ über 3M Streams auf Spotify, die Tour ist bereits ausverkauft, bevor sie begonnen hat – darum heißt sie selbstbewusst „Enter Tour 23“: Zimmer90 sind klar zum Entern, klar zum Kapern der Festivals. Dafür haben sich die drei jungen Herren ein Jahr Auszeit von ihrer Mittelschichtsicherheit genommen. Und legen einen euphorisierenden Gig hin. Ahoi!

ZIMMER90, EDWARD HUNT, 11.03.2023, Im Wizemann, Stuttgart

Foto: Patrick Grossien

Edward Hunt startet allein auf der Bühne, mit Sequenzer, klingender E-Gitarre und überrascht durch seinen vollen Disco-Sound, Synthi-Pop, whatever. Sein Gesang erinnert an den Duktus des New Waves, Richtung Robert Smith (The Cure), oder geografisch näher: Levin (Goes Lightly). Der Schnurrbärtige ging schon letztes Jahr im Club-72 (Coop-Concerts im Merlin mit dem Pop-Büro Region Stuttgart) an die Regler, an die Saiten. Sein Set endet mit einem Dance-Track, dessen herrliche Electro-Claps mich an die alten Pet Shop Boys Songs erinnern. Nice.

Kurz vor 9 werden Zimmer90, also Joscha Becker (Gesang, Keys), Michael Schoett (Drums) und Finn Gronemeyer (Bass, Keys) auf ihrem Weg zur Bühne frenetisch gefeiert. Okay, es ist ein Heimspiel. Aber auch das muss man gewinnen. Gelingt allerdings leicht, mit stilsicheren, einfachen Popmelodien, groovigem Arrangement und sattem Disco Bass. Das Publikum ist sehr jung, durchsetzt von ein paar Alten (Eltern und Autor sowie Fotograf des Gig-Blogs inklusive). ABC, Spandau Ballet und Kajagoogoo wehen durch das Studio 54 Studio im Wizemann. Zugegeben, das ist die 80er-Perspektive.

ZIMMER90, EDWARD HUNT, 11.03.2023, Im Wizemann, Stuttgart

Foto: Patrick Grossien

Seit der feinen EP „Fall Back“, entdeckt in der „Friday Releases“ Playlist des Pop-Büros Region Stuttgart, schiele ich nach einem Live-Konzert der Stuttgarter Band. Dieser Track ist auch anderen aufgefallen, nämlich den A&Rs von Kitsuné (Phoenix, Parcels), die Zimmer90 mit der gleichnamigen Single gefeatured haben.

Drummer Michael hat heute Geburtstag (kleines Ständchen vom Publikum) und neben seinem Schlagzeug steht ein Drumpad (kleines Plättchen von Thomann). Die Songs werden zunehmend schneller und enden gerne mit einem loop-artigen Italo-Disco-Piano-Lauf. Das macht die Band im Klangbild elektronischer, europäischer und cooler als z.B. Parcels, die funkigen Australier aus Berlin.

ZIMMER90, EDWARD HUNT, 11.03.2023, Im Wizemann, Stuttgart

Foto: Patrick Grossien

Parcels wiederum gehen mit ihrer übertrieben gespielten Selbst-Begeisterung über ihre eigene Musik so straight auf das Publikum zu, dass man sich dieser Verve kaum entziehen kann – oder es völlig bescheuert findet und Reißaus nimmt. Also, Zimmer90: Längere und härtere Italo-Disco-Tunes und mehr Performen, dann Southside-Headliner. Yeah. Und um dahin zu kommen, haben sich ja die drei jungen Herren, wie eingangs erwähnt, ein Jahr Auszeit genommen! Zimmer90 haben sich ihr eigenes Mantra bereits getextet: im Refrain von „Fall Back“ heisst es

Do it right – you ain’t gonna change it otherwise
Do it slow – you ain’t gonna change it otherwise
Do it now – you ain’t gonna change it otherwise
Do it now – you ain’t gonna change it otherwise

Sollte also klappen mit der Karriere.

ZIMMER90, EDWARD HUNT, 11.03.2023, Im Wizemann, Stuttgart

Foto: Patrick Grossien

Wer sich in Synthieklängen verlieren kann, tanzt heute Abend im Glück. Mit ihrem Hit „Movin‘“, dem sehr eingängigen Refrain

All Night long

und einem viel zu kurzen House-Loop am Ende legt Zimmer90 ab. Wir sehen uns dann aufm Coachella 2026, bis dahin frei nach Pink Floyd: Shine On You Crazy Disco.

Zimmer90

Edward Hunt

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