VOODOO JÜRGENS, 29.07.2022, Merlin, Stuttgart

Voodoo Jürgens, Merlin, Stuttgart

Foto: X-tof Hoyer

Kuschlig warm ist’s im ausverkauften Merlin. Das Publikum zum Schwitzen zu bringen, ist bei gefühlten 84 Grad Celsius jedenfalls kein Qualitätsmerkmal für eine Band. Den Einheizer heute machen Euroteuro… oder besser gesagt macht Euroteuro. Denn das Wiener Musikerkollektiv um Sänger und Songwriter Peter T. Getourt ist heute zu einer Einzelperson geschrumpft, eben besagtem Peter T. Getourt. Der Rest der Truppe hat, so erzählt es der Mythos, die Reise nach Stuttgart aus hochprozentigen Gründen des Vorabends nicht geschafft, beziehungsweise gar nicht erst angetreten. Dass bis auf die Stimme des Sängers alles aus der Konserve kommt, macht eigentlich nichts und stört mich nur anfangs. Denn Herr Getourt überzeugt mit dadaistischen Texten und unglaublich viel Ösi-Charme. Seinen Kater merkt man ihm jedenfalls nur an, weil er davon erzählt. Das Merlin honoriert es mit „für eine Vorband angemessenem Applaus“, so der Künstler selbst. „Nicht zu frenetisch. Nicht dass euch nachher noch die Patschhanderl weh tun, wenn der Voodoo Jürgens Tote ausgräbt.“

Euroteuro, Merlin, Stuttgart

Foto: X-tof Hoyer

Gegen 21 Uhr steht dann Voodoo Jürgens auf der Bühne. Mit eingesteckter roter Rose im Knopfloch seines Jacketts, zotteliger Vokuhila und einem dicken Panzerkettchen, das aus seinem oben offenen 70ies-Hemd rauslugt. So stellt man sich jemanden vor, der mit viel Herz halbseidene Gestalten und schrullige Originale aus dem Wiener Nachtleben besingt. Mit am Start hat Voodoo Jürgens seine aus fünf weiteren Musikern bestehende Band, die ihn an diesem Abend mit Kontrabass, Geige, Blasinstrumenten, Schlagzeug, Klavier und Keyboard begleiten wird. An seinen streckenweise harten, urwiener Dialekt gewöhne ich mich schnell, sodass ich quasi von Stück zu Stück immer mehr verstehe von den skurrilen Geschichten, die der Österreicher erzählt. Fast immer geht es dabei um Außenseiter und gestrauchelte Persönlichkeiten, um Glücksspiel und Schnaps und um zarte Gefühle in düsteren Spelunken. Es geht um „Hansi da Boxer“, um „Gitti“ und um die „Nochborskinda“.

Euroteuro, Merlin, Stuttgart

Foto: X-tof Hoyer

Das Ganze immer so sausympathisch, dass das anfangs noch etwas verhaltene Publikum immer mehr aus sich rausgeht. Die zu Beginn noch eher ruhigen Songs werden immer flotter und spätestens bei „Kumma ned“ gerät das Merlin schwer in Wallung. Es wird fleißig getanzt und mitgesungen, wenn David Öllerer, wie Voodoo Jürgens mit bürgerlichem Namen heißt, mit der Kippe als Taktstock den Rhythmus vorgibt. Dass seine Band immer wieder mit einsetzt und mehrstimmig gesungen wird, gibt dem Ganzen zusätzlich Feuer. Den Höhepunkt erreicht das Ganze natürlich beim bekanntesten Stück „Heite grob ma Tote aus“. Das Merlin singt mit.

Voodoo Jürgens, Merlin, Stuttgart

Foto: X-tof Hoyer

Voodoo Jürgens schafft es, die Morbidität und das Halbseidene der Halbwelt Wiens nach Stuttgart zu bringen. Alles ein wenig abgefuckt, aber dafür mit umso mehr Herz und viel schwarzem Humor. Ehrlich, gerade, aus dem Leben der nicht ganz so Glücklichen. Nach rund eineinhalb Stunden und mehreren Zugaben findet ein klasse Konzert sein Ende. Wir sind begeistert und freuen uns schon jetzt darauf, wenn der charmante Österreicher das nächste Mal den Weg nach Stuttgart findet.

Voodoo Jürgens, Merlin, Stuttgart

Foto: X-tof Hoyer

Voodoo Jürgens

Euroteuro

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