THE SLACKERS „Vic and Dave live“ , 29.03.2020, New York, Facebook

THE SLACKERS "Vic and Dave live" , 29.03.2020, Facebook

In der Musikblase wird gerade diskutiert: Manche können mit Livestreams einfach nichts anfangen, andere finden’s fein, bei den Musikern ins Wohnzimmer zu spickeln. Ich halte es mit Letzteren und freue mich über kreative Darstellungsformen. Und von denen habe ich in den letzten 14 Tagen einige gesehen. (Außerdem: Besser als permanente Katastrophenberichterstattung ist es allemal).

THE SLACKERS "Vic and Dave live" , 29.03.2020, Facebook

Eigentlich war ich schon auf dem Weg ins Bett (eine weitere stressige Woche Home Office steht an), als am späten Sonntagabend die Facebook-Nachricht aufpoppt „The Slackers sind live!“. Na, da lasse ich mich nicht zweimal bitten und bin gespannt, wie sich die legendäre Ska-Band aus dem corona-geplagten New York zu einem Online-Gig zusammenfindet. Tatsächlich ist es dann ein Livestream aus dem Wohnzimmer von Saxofonist Dave Hillyard. Im Hintergrund steht ein Fernseher und auf dem läuft ein Livestream des Sängers Vic Ruggerio (im Kommentarthread von Fans als „Frank Sinatra des Ska“ begrüßt). Die beiden philosophieren über Gott und die Welt, aber meistens über Corona und wie der Virus das Leben der Menschen verändert. Sie grüßen namentlich Fans und befreundete Musiker aus vielen Ländern – insbesondere aus Italien. Und dazwischen spielen sie natürlich einige Songs. Im Hintergrund Vic an Gitarre und Mundharmonika, im Vordergrund begleitet ihn Dave am Saxofon. Und das funktioniert erstaunlich gut, trotz des indirekt zugespielten Sounds aus dem Fernseher.

THE SLACKERS "Vic and Dave live" , 29.03.2020, Facebook

Als sie erzählen, wie sich New York gerade anfühlt, hört man im Hintergrund die Sirene eines Krankenwagens. Das macht die weltweite Pandemie irgendwie greifbarer als all die Auslandsreportagen, die man jeden Abend in den Nachrichten sieht. Auch die Songauswahl scheint zum Thema zu passen: „Bright Lights, Big City„, „The Nurse“ (an diesem Abend Vics Schwester gewidmet, die Krankenschwester ist). „The Spin I’m In„, „Alone Again“ und zum Abschluss einen ihrer Hits „Have The Time„.

Schade für die Livestream-Verweigerer: Auch dies ist wieder ein ganz besonderes Event, irgendwie kommt man den Musikern wirklich näher als bei einem Gig. Vor allem, wenn sie, wie hier geschehen, auch über Persönliches reden und man ein wenig mehr von einer Band erfährt, die man seit zwanzig so gut zu kennen zu glaubt. Natürlich ist es kein Ersatz für einen Live-Gig, aber es ist eine Ergänzung. Ich befürchte bloß, diese Livestream-Kultur wird genauso schnell verschwinden, wie sie aufgekommen ist. Denn eins ist klar: nach dem Virus werden wir vermutlich von Konzerten überschwemmt. Da wird keiner mehr Zeit haben zu streamen, geschweige denn zuzuhören.

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