BONAPARTE, 16.12.2012, LKA, Stuttgart

Bonaparte

Foto: X-tof Hoyer

Auf geht’s ins LKA nach Stuttgart-Wangen. Ich will schließlich Party machen mit Bonaparte. Wobei… die Party überlasse ich vielleicht doch besser den anderen. Bin zu sehr am Arsch an diesem Sonntag. Das Wochenende war anstrengend und morgen früh wartet ekelhaft viel Arbeit auf mich. Aber das ein oder andere Bierchen verhaften ist schon drin. Bonaparte passt einfach zu gut zu Alkohol.

Im LKA war ich auch schon eine Weile nicht mehr. Schöne Erinnerungen kommen hoch. Hatte in Teenie-Tagen viele schöne Abende hier. Das Publikum vor und in der Halle ist jedenfalls bestens gelaunt. Es wird getrunken, geraucht und gelacht. Der Hang es den Vorbildern in Sachen Verkleidung nachzutun, ist eher rudimentär vorhanden. Hier und da hat man eben mal mit Kajal einen krakeligen Kringel ums glasige Auge gezogen oder eine pinke Perücke auf die Ömme gezogen – mehr ist nicht. Muss ja auch nicht. Ist ja kein Kostümzwang hier. Gottseidank. Gegen die verrückten Kostüme auf der Bühne würde man eh abstinken. Alles kann, nichts muss. Wie im Swingerclub. Haha.

Die Vorband spielt schon. Während ich auf mein Bier warte, riskier ich mal einen Blick zur Bühne. Tim Fite heißt sie, beziehungsweise er. Ist ja nur einer. Bissle durchgeknallt scheint er, winkt zu seinem poppig schrägen Stilmix irre herum. Seine drei Alteregos auf der Leinwand machen es ihm nach. Ganz nett, haut mich aber nicht gerade vom Hocker. Bin auch viel zu sehr mit aufs Bier warten beschäftigt.

Viertel vor neun ist es als die Lichter ausgehen und das gut gefüllte LKA in Jubel ausbricht. Der Wahnsinn namens „Sorry, we’re open“ kann beginnen. Nach einem düsteren Intro, zu dem sich eine Tänzerin in barockem Fummel im blauen Scheinwerferlicht räkelt, stürmen der Kaiser und seine Mannen von Bonaparte die Bühne. Wie immer verkleidet als… als… ja als was denn eigentlich? Keine Ahnung, verrückt halt. Schon beim Opener „Quarantine“ geht ein Ruck durch die Menge. Spätestens vor dem zweiten Song wird dann aber auch die letzte Schlafmütze wach (könnte ich gewesen sein). „Do you wanna party with the Bonaparte?“ brüllt der Kaiser ins Mikro. Später am Abend noch abgeändert in „Do you wanna hoola with the Bonahoola?“. Ja warum denn eigentlich nicht, denk ich so bei mir. Erstmal noch ein Bier holen. Auf der Bühne geht es derweil rund.

Ich muss sagen, dass die Musik auf Platte mich nicht gerade in Begeisterungsstürme ausbrechen lässt. Einzelne Songs gern, aber so ein Album am Stück muss nicht sein. Live ist Bonaparte aber dann echt ein Brett. Ich schätze mal, dass das auch der Hauptgrund für ihre Beliebtheit ist.

Bonaparte

Foto: X-tof Hoyer

Die beiden Tänzerinnen ziehen sich wahlweise die Klamotten aus, schwenken Gasmasken herum oder wickeln sich mit Klebeband ein. Die Band spielt Hits wie „Anti Anti“, „My horse likes you“, „Alles schon gesehen“ oder „Computer in love“ und die Menge rockt recht stattlich. Auf der Bühne springen Menschen mit Pferdeköpfen herum, lebendig gewordene Computer befummeln sich wie Teenies wenn sie sturmfrei haben und Priester stopfen sich ekelhaft mit Essen voll. Irgendwie wie Hieronymus Bosch-Gemälde auf Pilzen. Klasse.

Es gibt eine Zwischeneinlage, bei denen sich eine der beiden Tänzerinnen um die Fitness der Fans kümmert. So links, links, rechts, rechts, noch drei, noch zwei, noch eine und jetzt Hände in die Hüfte-mäßig. Es gibt viel nackte Brust, sowohl männliche als auch weibliche und gern auch mal mit grünem Wackelpudding garniert. Ich will jedenfalls glauben, dass es Wackelpudding ist. Dämonen, Gollums und Riesenmonchichis (schreibt man die so?) sind auch am Start. Und auch die Solidaritätsbekundung mit Pussy Riot darf nicht fehlen.

Von der Band gibt es dazu Punkrock satt, mal schräg düster und eher elektronisch angehaucht, mal einfach flott auf die Zwölf. Das Künstlerkollektiv um den Schweizer Sänger mit Sitz in Berlin lässt es krachen. Das vor allem junge Publikum nimmt’s dankend an. Es wird getanzt, gegrölt und sich auf Händen über die Masse tragen gelassen. Was mir weniger gefällt: beim Gang zur Toilette rutsche ich über den klatschnassen Boden und kann mich gerade noch und äußerst ballerinagleich abfangen. Jesses, wenn ich mir vorstelle voll in die ekelhafte Klosiffe zu klatschen. Bis auf das aber: tolle Sache der Abend.

Nach eineinhalb Stunden verschwinden Bonaparte kurz von der Bühne, wohl aber nur um nochmal Kraft zu tanken für die letzten drei Songs. Bei der Zugabe „I can’t dance“ dived der Kaiser dann zum Abschied noch mal höchstpersönlich von der Bühne. Nach „Boycott everything“ ist dann endgültig Schluss mit lustig. Ich jedenfalls hatte einen klasse Abend. Trotz Sonntag und so. Bonaparte machen halt keine Poesie und schon gar kein ergreifendes, unter die Haut gehendes Musikerlebnis. Bonaparte machen einfach nur Party. Und dafür gibt’s eine 1 mit Sternchen.

2 Gedanken zu „BONAPARTE, 16.12.2012, LKA, Stuttgart

  • 19. Dezember 2012 um 10:27 Uhr
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    Haben wir auch wieder festgestellt, für Sonntagskonzerte immer besser Karten im Vorverkauf holen, sonst ist die Versuchung am Abend dann doch einfach zu Hause zu bleiben schon sehr groß. Was wirklich Schade gewesen wäre, denn es war auf jeden Fall eine „1mit Sternchen“.

  • 25. Dezember 2012 um 18:06 Uhr
    Permalink

    Sauber! Nächstes Mal bin ich auch dabei.

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