GLORYHAMMER, 24.01.2020, LKA, Stuttgart

Gloryhammer, 24.01.2020, LKA Longhorn, Stuttgart

Foto: Madita Nair

Was waren wir im Sommer des vergangenen Jahres enttäuscht, dass uns eine Akkreditierung für den von der Queen Elisabeth II zum „Knight Bachelor“ geschlagenen Sir Tom Jones verwehrt blieb. Niedergeschlagen und resigniert mussten wir einsehen, dass wir wohl nie die großen Hits „Help Yourself“, „What’s New Pussycat“ oder „Delilah“ mit eigenen Ohren live zu hören bekommen.

Ich mach es kurz.

Um ca. 21.30 Uhr wird das Licht im LKA gedämpft. Das Spotlight ist scharf gerichtet auf die Treppe neben der Bühne, hinauf zum Backstage-Bereich. Gebannte Blicke. Und dann, tatsächlich und völlig unerwartet erscheint er uns – Tom Jones. Wie auf Händen getragen, gleitet er die Stufen hinab, das Mikrofon selbstverständlich von einem Bühnenhelfer gehalten. Eine Legende muss solch niedere Aufgaben nicht mehr selbst erledigen. Die Stimme klingt noch genauso geschmeidig als wäre es wieder 1968 und wir alle singen gemeinsam My my my..Delilah… Man kann nicht unterscheiden, ob den Menschen in der ausverkauften Hütte der Schweiß oder gar Tränen vor Freude die Wangen hinunterlaufen. Ein Abend, von dem wir noch lange erzählen und zehren werden.

Doch springen wir ein paar Stunden zurück an den Anfang. Die Gründe, warum Madita und ich heute nicht auf der Gig-Blog Weihnachtsfeier erscheinen, sind weder Lustlosigkeit noch Drückebergerei, sondern verpflichtende. Während ihr euch betrinkt, sind wir am Arbeiten! Denn heute geht es um manly man Metal. „Woman Be My Slave“ Metal.

Heroic Fantasy Power Metal!

Gloryhammer, 24.01.2020, LKA Longhorn, Stuttgart

Foto: Madita Nair

Gloryhammer sind zurückgekehrt von ihrer epischen Mission und heute Abend bekommen wir die Geschichten dieser mystischen Reise erzählt von Sänger Prince Angus McFife und seinen Gefährten. Gemeinsam mit Nekrogoblikon und Wind Rose werden sie, soviel sei vorab verraten, eine amtliche, bierlustige Party veranstalten, mit Verlosungen, Kämpfen auf der Bühne und einem nützlichen Schraubenzieher-Set.

Wind Rose, 24.01.2020, LKA Longhorn, Stuttgart

Foto: Madita Nair

Wie schon zu Beginn erwähnt, ist der Bums heute ausverkauft. Wären wir nicht früh genug dort, hätten wir wohl ein Räumfahrzeug gebraucht, um irgendwie in Richtung Fotograben zu gelangen.

Wind Rose betreten die Bühne bereits unter viel wohlwollendem Applaus und unterlegen ihre von J.R.R.-Tolkien-Werken handelnden Songs mit mächtigem Power Metal, der teilweise auch Black Metal inspiriertes Schlagzeug-Geballer beinhaltet. Ich bin schwer beeindruckt von den aufwendigen Bühnenoutfits, vor allem von Sänger Francesco Cavalierie. Schulterpolster in Form von zwei riesigen Ritterschädeln, bei denen den 80ern die Kinnlade herunterfallen würde. „Drunken Dwarves“. Die optimale Begleitmusik für ein anständiges Trinkgelage. Wind Rose gefallen mir in Sachen Attitüde und Ausstrahlung viel mehr als ähnlich ausgerichtete Bands wie Amon Ammarth, um die ich gerne einen Bogen mache. Das ist zwar in meinen Augen auch Mittelalter Metal, aber der macht Spaß. „Diggy Diggy Hole“. Das entlockt einem schon ein Schmunzeln, wenn solche Ritterschränke das Wort Diggy Diggy mit so viel Inbrunst singen. Man kommt auch nicht drumherum erst mit dem Bein mitzuwippen und mehr und mehr Körperteile folgen. Das war auf jeden Fall seit längerer Zeit mal wieder ein Konzertbeginn, der gerne noch ein wenig länger hätte sein können.

Nekrogoblikon, 24.01.2020, LKA Longhorn, Stuttgart

Foto: Madita Nair

In ein ganz anderes Horn blasen nun „Nekrogoblikon“. Melodic Death Metal mit Goblin-Maskottchen, der sich die Beine das ganze Konzert lang wund tanzt. Im ersten Moment wirkt die Zusammenstellung und das Konzept der Band ganz so, als hätten sich ein paar Studenten beim gemeinsamen Drogenkonsum überlegt eine Band zu gründen und der grüne Goblin war möglicherweise der gemeinsame Nenner beim trippen. Nicolas Van Doom beginnt so motiviert zu shouten, dass er erst einmal gar nicht merkt, dass sein Mikro nicht funktioniert.

Nekrogoblikon, 24.01.2020, LKA Longhorn, Stuttgart

Foto: Madita Nair

„Dressed As Goblins“ ist so simpel und dennoch erklärend für alles, was da auf der Bühne so passiert. Mal wild tanzend, headbangend und allerlei Sachen vom Backstage-Bereich holend, ist der grüne Goblin im Schlafanzug stets bemüht das Publikum zu unterhalten. Am Ende bringt er sogar eine Flasche Ketchup mit auf die Bühne. Ich hatte ja schon gehofft, dass es nun noch ein wenig Gwar-Feeling gibt und die Würstchen in der ersten Reihe ordentlich bespritzt werden, aber das hat er sich dann doch verkniffen. Es ist wirklich schwierig die zum Melodic Death Metal noch mitschwingenden Stile zu beschreiben. Mal ist ein wenig Techno dabei, Pop und sogar eine Ziehharmonika schleicht sich mit ein. Das ist dann in manchen Momenten zu viel „neumodischer“ Quatsch, wenn man eher auf Fantasy und Mittelalter eingestellt ist. Dennoch, „No One Survives“ ist in meinen Ohren auf jeden Fall hängen geblieben, den ich sicherlich immer mal wieder anhören werde. Zum Schluss dieses Sets bleibt für mich allerdings eine Frage ungeklärt. Es wurde ein Schraubenzieher-Set zur Verlosung angeboten. Was man dafür tun musste, ob es jemand getan hat und ob er/sie dann tatsächlich das Set bekommen hat, bleibt im Dunkeln. Zeit für Gloryhammer.

Gloryhammer, 24.01.2020, LKA Longhorn, Stuttgart

Foto: Madita Nair

Bis an die Zähne bewaffnet mit aufblasbaren Schwertern und Hämmern sind die Fans auf ihren Einhörnern bis nach Stuttgart Wangen geritten.

HOOTS! HOOTS! HOOTS!

Raunt es durch die Menge im LKA. Ein kleiner Faktencheck für Nichtkenner. Christopher Bowes, Mastermind von den Piraten-Metalern Alestorm, hatte vor ein paar Jahren Lust bekommen Heroic Fantasy Power Metal zu spielen. Angeführt wird Gloryhammer von Prinz Angus McFife. Alles ist hier ein bisschen cheesy und für die schauspielerischen Leistungen wird es auch eher schwer werden mit dem Oscar, wenn auf der Bühne bedeutungsschwanger der Hammer geschwungen wird. Doch die Band selbst sieht das Ganze auch mit einem gewissen Augenzwinkern und das macht alles umso sympathischer. Wer frühere Rhapsody mag, wird auch Gloryhammer mögen.

Gloryhammer, 24.01.2020, LKA Longhorn, Stuttgart

Foto: Madita Nair

Um nochmal auf den Beginn dieses Konzertes zurückzukommen. Natürlich war es nicht der echte Tom Jones, der die Bühne herunterkam. Ratlosigkeit ist die wahrscheinlichste Antwort auf die Frage „Warum“. Warum der arme Roadie einen Pappaufsteller von Tom Jones samt Mikro die steilen Treppen heruntertragen musste, ohne wirklich etwas zu sehen. Doch neben Ratlosigkeit ruft dieser Auftritt auch sofort super Stimmung hervor. Man kann nur gewinnen, wenn Tom Jones das Intro singt.

Gloryhammer, 24.01.2020, LKA Longhorn, Stuttgart

Foto: Madita Nair

Und mit Vollgas, „The Siege Of Dunkeld“ und ordentlich Doublebase legen die Mannen los. Das Schlagzeugspiel ist weniger ausgefeilt als ich vermutet habe, dafür übernimmt das Keybord viel der Kreativität und Songgestaltung. So durchschreiten wir an diesem Abend eine Welt der Fantasie nach der anderen. Erfahren vom Magic Dragon (Puff?), reisen in das „Land Of Unicorns“ und erfahren natürlich über die „Legend Of The Astral Hammer“. Auch die Zuschauer samt Security werden auf mystische Missionen geschickt. So wird dazu aufgerufen, Angus McFife ein Bier vom Tresen zu holen. Mittels Crowdsurfing, zum Preis eines signierten Bandshirts. Einer hat es geschafft, drei andere hatten ein frisches Bier, inklusive dem Prinzen.

Das Publikum tobt, die Security hat mehr und mehr die Hände voll zu tun und auch die Band ist voll da und singt gemeinsam mit den Fans Heldensagen mutiger Männer und Frauen im Kampf gegen das Böse.

Tatsächlich habe ich vor dem Konzert nur einen Song von Gloryhammer angehört und war auch zuvor wenig bis überhaupt nicht mit dieser Band vertraut. Ich werde sicherlich auch nach diesem Abend nicht der Power-Metalhead werden, aber diese paar Stunden waren wirklich voller Spaß und Unterhaltung und Tom Jones.

Gloryhammer

Nekrogoblikon

Wind Rose

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

I accept that my given data and my IP address is sent to a server in the USA only for the purpose of spam prevention through the Akismet program.More information on Akismet and GDPR.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.