DIVES, Girl put your pop freaks on, 18.01.2020, Merlin, Stuttgart

DIVES, Girl put your pop freaks on, 18.01.2020, Merlin, Stuttgart

Foto: Martin Schniz

Ich habe keine Ahnung, wie man über Musik und Konzerte schreibt. Eine Podiumsdiskussion vor dem Konzert bewirkt aber, dass ich die spontane Anfrage nicht meinem Geschlecht entsprechend (soll heißen zweifelnd perfektionistisch) ablehne, sondern einfach mal mache. Ich hoffe, ihr macht mit!

Ich sehe die drei DIVES das zweite Mal, seit dem ersten Mal im kleinen Berliner Monarch sind sie deutlich bekannter geworden, haben Bands wie Bilderbuch und Courtney Barnett supportet und ihr im November 2019 erschienenes Debutalbum „Teenage days are over“ plus eigene Tontechnikerin dabei.

DIVES, Girl put your pop freaks on, 18.01.2020, Merlin, Stuttgart

Foto: Martin Schniz

Beim Tourabschluss im Rahmen des Pop Freaks Festival im Merlin lässt sich das Publikum nicht lange bitten und ist sofort bereit zum Tanz. Für mich klingt die Musik nach besseren, geschmackvolleren Zeiten und dabei doch nach heute. Pop und Punk, dreamy, surfy, aber auch schön schrammlig und auf den Punkt, zum Beispiel bei den enthusiastisch angeschlagenen Drums – DIVES schubsen uns immer wieder platschend ins Wasser und lassen uns anmutig weitergleiten.

Stimmen und Saiten tragen einen woanders hin. Ich möchte ein Roadmovie dazu drehen – und Teil ihrer Bande sein, in der alles drumherum eigentlich egal ist und jedes Mitglied Raum hat. So wird auch mal kurz die Gitarre geloopt, um freihändig zu singen, dann sticht mal wieder mehr die soulig eindringliche Basslinie hervor oder die quirligen Drums.

DIVES, Girl put your pop freaks on, 18.01.2020, Merlin, Stuttgart

Foto: Martin Schniz

Ihre Musik ist gefällig, aber ohne jemandem unbedingt gefallen zu wollen, und ab und zu so herrlich trotzig, besonders wenn man sich die Mühe macht, auf Texte wie zum Beispiel „Chico“ zu achten, wo die Balzerei mal umgedreht wird (was mich sehr an das tolle Goat Girl Video erinnert). Manch einem Gast ist sie vielleicht zu gleichförmig, sodass nach der Hälfte des Konzerts die Euphorie etwas abnimmt – Zugaben werden dann aber doch vehement eingefordert – bevor wir wieder beschwingt auftauchen.

Ich erwähne hier bewusst nicht, welches Geschlecht DIVES haben, warum auch? „Female is not a genre“, wie es so schön heißt. Dennoch ist die weibliche oder weiblich gelesene Erfahrung Thema – bei der vorangegangenen Runde mit Viktoria und Dora von DIVES, Rapperin Mine und Bookerin Asli, moderiert von Gigbloggerin Anja. Es wird schnell klar, dass sich alle freuen würden, wenn sie über das Thema gar nicht mehr sprechen müssten, aber auch 30 Jahre nach der Riotgrrrl-Bewegung hat jede noch genug Gruselgeschichten parat: Unfair bezahlt, zutiefst unterschätzt und systematisch ausgebremst – ohne Quoten und spezielle Safe Spaces wie zum Beispiel girls rock camps, wo sich auch die DIVES kennenlernten, ginge es da leider immer noch nicht.

DIVES, Girl put your pop freaks on, 18.01.2020, Merlin, Stuttgart

Foto: Martin Schniz

Trotzdem solle man genau hinschauen, was hinter dem oft pinken, trendy Label dann letztendlich wirklich steckt: „Dieses Jahr haben wir Frauen im Line-up und nächstes Jahr verzichten wir auf Plastiktüten, oder was“, bringt es Mine auf den Punkt. Mir kommt es so vor, als müssten Frauen in der Musik (und anderswo) nicht nur doppelt so gut sein, sondern auch doppelt so viel Energie und Zeit  aufwenden, um sich zu rechtfertigen, sich selbst nicht kleinzumachen und sich die Musik nicht ausreden zu lassen. Kaum vorstellbar, was mit dieser überschüssigen Energie alles möglich wäre – und bärinnenstark, was Frauen und als Frauen Gelesene trotz alledem schon erreichen.

Wer indes Lust auf diversere Playlists und weitere Gruselgeschichten hat, dem und der seien diese Links ans Herz gelegt:

DIVES, Girl put your pop freaks on, 18.01.2020, Merlin, Stuttgart

Foto: Martin Schniz

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