MAIDAVALE, 19.03.2019, Keller Klub, Stuttgart
Gerade mal zehn Monate ist es her, dass die schwedische Kapelle MaidaVale das letzte Mal in Stuttgart war. Aber weil es damals so schön war, weil der Tourplan einen Stop in Stuttgart nahelegt und weil der Veranstalter einfach nicht nein sagen konnte, sind sie schon wieder da, Matilda Roth und ihre drei Kolleginnen. Und die Fans sagen: Das ist auch gut so.
Ich hingegen wäre niemals auf dieses Konzert gegangen, wenn mich nicht ein Freund mit Nachdruck dazu genötigt hätte. Was besseres werde ich in diesem Genre nicht finden. (Dabei ist Psychedelic Rock wahrlich nicht mein Genre) Ich würde einen Riesengig verpassen. Und so weiter. Na gut, dann gehe ich halt mit. Kann ja nix schaden, wenn man mal hin und wieder Neues ausprobiert, hat ja neulich an gleicher Stelle auch ganz gut funktioniert. Lustigerweise bin ich nicht der einzige, der hierher zwangsverpflichtet wurde. MaidaVale-Fans scheinen wohl besonders sendungsbewusst zu sein.
Um die achtzig Besucher haben sich jedenfalls im Keller Klub versammelt. Der größte Teil vermutlich freiwillig. Die Vorband fällt aus, so haben wir eines dieser knappen Konzerte vor uns, die ich mehr und mehr zu schätzen gelernt habe. Um 21:15 betreten die vier die Bühne und der orangene Samt-Overall der Sängerin setzt gleich mal einen mutigen Mode-Akzent. Mit exaltierten Tanzbewegungen zu einem üppigen Instrumental-Intro eröffnen MaidaVale ihr Set. Ein hypnotisch-monotones Bass-Ostinato, eine schön verzerrte, mit Bottleneck gespielte Gitarre und ein treibender Schlagzeug-Beat setzen den Grundton für den Gig. Und beginnen einen Sog zu entwickeln, der im Laufe des Abends immer stärker wird. Meine Befürchtung, dies sei nur unter Drogen erträgliches Hippie-Gegniedel, bestätigt sich überhaupt nicht. Ganz im Gegenteil: MaidaVales Songs sind äußerst kraftvoll, mit effektgeladenen, aber nicht übertriebenen Gitarrenriffs und einer wahrlich zwingenden Rhythmus-Sektion. Die Musik ist hier die Droge. Und sie wirkt schleichend, aber effektiv. Ein Song reiht sich direkt an den anderen, Zwischenansagen gibt es keine. Der Sound ist trocken und gut. Zusammen mit dem bestens gestalteten Spannungsbogen wird die Lautstärke übrigens unmerklich, aber stetig hochgezogen.
Matilda Roths sehr akzentuierter Gesang wird spacig-verhallt und nicht allzu dominant über den gewaltigen Rhythmus- und Soundteppich gelegt. Hin und wieder kommen Maracas oder ein Schellenring zum Einsatz. Kaum jemand im Publikum kann sich den zwingenden, rollenden Rhythmen entziehen, der ganze Saal ist in Bewegung geraten. Die Sängerin ohnehin. Und als einzelne Juchzer der Begeisterung zu hören sind, kann sich sogar die kühle Gitarristin Sofia Ström ein spontanes Lächeln nicht verkneifen. Mit dem eher getragenen und üppigen „Heaven on Earth“ endet das Set. Der einzige Titel übrigens, den ich wirklich retro fand, der ganze Rest ist absolut zeitgemäße Rockmusik. Die zwar ihre Wurzeln in den Siebzigern nicht verleugnet, aber Fans der aktuellen Noisebands ungeahnte Freude bereitet.
Hätte ich dieses fulminante Live-Video übrigens vor dem Konzert gesehen, wäre ich weit besser vorbereitet gewesen. Und wenn in zehn Monaten wieder MaidaVale auf dem Konzertplan stehen würden, ich wäre sofort wieder dabei. Und ich würde ein paar unwissende Freunde mit sanftem Zwang dazu bringen, mitzukommen. Keine Widerrede!