D/TROIT, 09.02.2019, Manufaktur, Schorndorf
Als hätten wir es geahnt und tief in die Glaskugel geschaut. Die dänische Band D/Troit ist heiß auf ihre Tour. Die Glaskugel war in diesem Fall Facebook und Instragram. Der Eindruck war einfach da, bei dieser Band sprühen die Funken. Und er hat nicht getäuscht.
Bei (Motown-) Soul und Funk mag man nicht gleich an Kopenhagen, der Heimat des Quintetts, denken. Musik ist durchaus geographisch ungebunden. Über eine Aussage des Musikjournalisten Kodwo Eshun bin ich gestolpert. In seinem Buch „Heller als die Sonne. Abenteuer in Sonic Fiction“ schreibt er über Funk: „Ich funke Deinen Verstand raus: >to funk< bedeutet bedrohen und versprechen, herausziehen und ausziehen(…).“ Den Verstand rausfunken, das gefällt mir sehr gut, Funk einmal anders betrachtet. Das trifft auf den D/Troit-Sänger Toke Bo Nisted sehr gut zu. Er strotzt vor Energie und Hingabe. Nicht wird lange gefackelt, im vollen Saal der Manufaktur (in Zahlen 300) herrscht Betriebstemperatur. Ich staune zudem, was für stilvolle und elegante Musiker auf der Bühne stehen, als würden sie allesamt frisch aus einem Kopenhagener Architektur- oder Designbüro kommen.
Die Musiker Klaus Højbjerg (Gitarre), Jackie Larsen(Bass), Mads Jensen (Keyboard) und Stefan Cannerslund Andersen (Schlagzeug) bestechen durch ihr präzises, tightes Spiel. Es lässt vermuten, dass hier absolute Profimusiker am Werk sind. Ihre Bühnenpräsenz ist ein Fest für Auge und Ohr, einwandfrei spielen sie sich die Bälle zu. Wenn Johan Bycline Lang (Saxophon), Bjarne Nikolaisen (Trompete) und Siri Skamby Madsen (Perkussion) einsetzen, kommt noch weiter Schmiss in die Soul Beats rein.
„Talkin‘ ‚bout love,Talkin‘ ‚bout freedom“ singt Toke Bo Nisted. Rauh, ein bisschen kratzig klingt seine Stimme nach Whiskey und langen Kneipenabenden. Die Posen des Sängers sitzen perfekt. Er windet und schlängelt sich um den Mikroständer, stellt sich auf die Zehenspitzen, geschmeidig werden die Hüften geschwungen. Ist das noch jugendfrei? Für diese Musik braucht es einfach eine gewisse Note des Verruchten. Ich nehme Toke Bo Nisted alles ab. Es ist so wie bei Schauspieler*innen die man gut findet: Das dargestellte muss authentisch und glaubwürdig wirken. Das tut es.
O-Ton Aussagen von James Brown und (tippe auf) Aretha Franklin werden zwischendurch eingespielt. Es scheint eine Art Huldigung der Vorbilder und Inspirationsquellen zu sein. Der D/Troit-Express nimmt weiter Fahrt auf und ein AC/DC Medley wird verjazzt. Einen besonderen Gänsehaut-Moment gibt noch. Aufgereiht wie bei „Manhattan Transfer“ stellen sich die Musiker ums Mikro, einzig nur Klaus Højbjerg begleitet lässig laid-back, auf der Gitarre dazu. Ein Call-and-Response Spiel von Toke Bo Nisted wird angeführt. „Sing out Freedom“ wird gesungen, das mit ganz viel Heart and Soul.
Am Merchandising bekomme ich noch mit, wie ehrlich gerührt und überwältigt die Musiker sind. Zu Recht. Ein großes Herz mit Schleife für D/Troit!