ARIEL PINK, JORGE ELBRECHT, 29.08.2018, Manufaktur, Schorndorf
Vor drei Jahren bin ich extra nach Frankfurt gefahren, um Ariel Pink auf seiner Tour zum Album „Pom Pom“ zu hören. Eins war sicher, den in Los Angeles aufgewachsenen und lebenden Musiker muss ich auf jeden Fall Live gesehen haben, damit er sich einem erschließt. Black Box oder Wundertüte, man darf gespannt sein, was bei Ariel Pink alles herauskommt.
Das Öffnen der Wundertüte fängt mit Jorge Elbrecht (zugleich auch Gitarrist bei Ariel Pink) an. Eher mehr performativ dargeboten werden die Songs seines Albums „Here Lies“. Jorge Erbrecht sitzt vor seinem Laptop, das Gesicht weiß geschminkt mit angeklebtem Rauschebart, in eine Decke gehüllt und singt verhallten 80s Electronic Synthiepop. Die ganze Zeit steht ein junger Mann in Krankenpflegerkleidung hinter ihm, der ihm auch mal Tabletten zu wirft. Das fängt ja schon mal artifiziell an.
Auf Ariel Pink darf erst mal gewartet werden, bevor er mit seiner fünfköpfigen Band die Bühne betritt. Optisch stets verändert in den letzten Jahren, die Haare waren mal blond gefärbt (noch mehr Ähnlichkeit mit Kurt Cobain), mal Pink, zurzeit hat er braune Haare mit langen Strähnen auf der rechten Seite. Ein gewisser Hang zur Exzentrik ist sicherlich vorhanden.
In leicht gebückter Haltung bewegt sich Ariel Pink über die Bühne und legt los mit dem staccotoartigen Song „Black Ballerina“ vom Album „Pom Pom“. Schnell wird vor der Bühne getanzt, die Stimmung wirkt ausgelassen, doch Ariel Pink ist noch nicht zufrieden. Der Applaus ist ihm noch zu steif und verhalten. Das wären dann die Leute, meint er, die nachher erzählen, sie haben das beste Konzert ihres Lebens in Schorndorf bei Ariel Pink gesehen.
In bester Entertainer-Manier changieren Ariel Pink und Sänger Don Bolles, zugleich auch eine Art Sidekick, und die Bandmitglieder die Songs durch sämtliche Stile: Später 60s Psychedelic Sound, 70s Prog-Rock und 80s Synthiepop, das ist einfach sein Ding. War es eben noch bei „Dreamdate Narcissist“ ein dominierender Orgelsound a la The Doors, gleitet „Feels like Heaven“ über in zuckrigen Synthiepop. Seicht bleibt es nicht lange, „Revenge of the Iceman“ klingt mit mehrstimmigen Gesang, als würden sich Ramones und Sex Pistols gegenseitig anbrüllen. Seinen Gesang moduliert Ariel Pink durch ein Effektgerät, manchmal klingt es etwas zu laut und der Gesang verschwimmt, sicher auch ein gewolltes Stilmittel. Manchmal erinnert mich der Sound daran, wenn man früher eine Kassette nach einem Bandsalat gerettet hat – es gab immer eine Stelle, die in Mitleidenschaft gezogen wurde und der Song danach geleiert hat.
Ariel Pink schreckt vor nichts zurück und klopft mit dem Mikro auch mal auf das Becken des Schlagzeugs. Da kommt der soulig anmutende und letzte Song des Sets „Baby“ fast schon sanft wie ein schnurrendes Kätzchen daher. Fand ich die Songs beim Anhören des Albums noch eher sperrig, wirken sie live dargeboten dann doch zugänglicher.
Den Radetzky Marsch vom Band gibt es noch zum Abschluss. Ein Konzert, bei dem man im Schleudergang vom Fuß auf den Kopf und wieder zurückgestellt wird, muss man erstmal setzen lassen. „Artificial“ kann gut und anstrengend zugleich sein.