BLACK SWIFT, 01.09.2018, Aloft Hotel, Stuttgart
Vernissagen (und auch Finissagen) sind ja so eine Sache: Ein Gläschen lauwarmer Sekt, viel Sehen-und-gesehen-werden, eine mittelspannende Ansprache eines wohlwollenden „Kunstexperten“ und im schlimmsten Falle ein befreundeter Musiker, der das Event „musikalisch umrahmt“. Das kann aber auch ganz anders sein. Dann nämlich, wenn die Künstlerin so ganz „nebenbei“ eine Rockband hat. So wie das eben bei Sally Grayson und Black Swift der Fall ist.
Auch der Rahmen der Ausstellung ist ungewöhnlich: Im Foyer des stylischen Aloft Hotels hängen Sallys Werke. Mittel- und großformatige Collagen, die die Songs Ihres Albums „See Me Human“ illustrieren. Vor einigen Wochen bei der Ausstellungseröffnung stellte die sympathische Amerikanerin ein paar ihrer Bilder vor und trat dann solo auf. Eine Vernissage im Familienkreis in einem schicken Ambiente. Heute zur Abschlussveranstaltung aber ist Black Swift in kompletter Besetzung und mit voller Technik da. Und sie sind wahrlich keine dezent aufspielende Kombo für den Background, sondern eine mächtig laute Rockband.
Das Aloft Hotel positioniert sich mit solchen Events ganz bewusst als design-, musik- und kulturorientiertes Hotel. Mit seiner Lage im Milaneo, das ja nicht gerade der Lieblingsort der Stuttgarter ist, kann es etwas urbanes Kulturpublikum auch gut vertragen. Und dass im Rahmen des Hotelbetriebs ein derart heftiges Rockkonzert durchgezogen wird, lässt keine Zweifel an diesem Anliegen aufkommen. Probleme mit den Hotelgästen habe es bisher noch nie gegeben, erklärt uns die Managerin.
Unter dem etwas sperrigen Genre „Post-Punkified Americana’n’Roll“ ordnet sich Black Swift ein. Und das trifft es eigentlich ganz gut. Was auf dem Album als etwas wilder Stilmix daherkommt, ist live sehr straight und wird von der formidabel aufspielenden Band äußerst druckvoll präsentiert. Die arabischen Schlenker in einem Song, die Verbeugung vor Nancy Sinatra im nächsten, die desertrockmäßige Lap Steel Guitar, die noisigen Soundwände, das alles fügt sich zu einem vielfältigen aber dennoch prägnanten Sound mit Wiedererkennungswert. Natürlich wäre ein schwitziger Rock-Schuppen der geeignetere Rahmen für diese Band, aber auch in der Hotelhalle entwickelt die stimmgewaltige Sally eine beeindruckende Präsenz.
„See Me Human“. Der Albumtitel ist die Quintessenz von Sallys Schaffen, sei es in ihren Songs oder ihren Bildern. Der Wert des Lebens und die Achtung der Anderen. Das ist ebenso elementar wie top-aktuell. Und wahrscheinlich sind es ihre strahlende Lebensfreude, die Ernsthaftigkeit und Entschlossenheit im Vortrag, die den Auftritt so kraftvoll und authentisch machen. Mit zwei üppigen Sets bekommt das Finissagen-Publikum jedenfalls einen umfassenden Einblick in das Werk von Black Swift. Darunter auch vier neue Songs, die in den nächsten Tagen im Rahmen eines Workshops mit der renommierten Produzentin Sylvia Massy für eine EP eingespielt werden. Diese hat bereits mit Bands wie Tool, Johnny Cash, System of a Down, Tom Petty, The Melvins oder auch den Red Hot Chili Peppers gearbeitet. Man darf also sehr gespannt sein.