HAWELKA, 21.04.2016, Goldmark’s, Stuttgart
Was für ein Abend. Es ist der erste außergewöhnlich warme Tag in Stuttgart in diesem Jahr und ich gehe freiwillig in eine Unterführung, genauer gesagt in den Club Goldmark´s. Der gute Grund dafür ist Hawelka, eine meiner Stuttgarter Lieblingsbands und der indirekte Auslöser, warum ich überhaupt für den Gig-Blog schreibe (siehe meinen Bericht über Cäthe). Ich habe mich schon geärgert, dass ich mich eingetragen habe, denn ich ahne schon, dass ich ein bisschen leiden werde, wenn alle abgehen und ich mit Stift in der Hand das Geschehen beobachte.
Hawelka, das sind Petr Novak am Gesang, Jan Georg Plavec an den Tasten und Christian Seyffert an den Drums, beginnen ihr Set mit den ersten beiden Songs der neuen CD und dann kommt außer der Reihe “Pirat”. Ich frage mich, warum die zahlreichen Zuschauer steif wie Brokkoli vor der Bühne stehen. Ach klar, in Stuttgart wird ja eher kopfgenickt. Ich finde die Songs äußerst tanzbar, die weniger schnellen animieren mindestens zu einer Art Bauch- oder Schleiertanz.
Ralv Milberg – er hat die Platte aufgenommen, gemixt und gemastert – mixt auch heute. Für meinen Geschmack könnte es lauter sein, aber die meisten sagen, es sei ihnen eh zu laut und behaupten, dass ich wohl schon einen Hörschaden hätte. Stimmt nicht! Ist überprüft. Der Sound ist so sauber, dass ich tatsächlich mal mehr als nur ein bis zwei Worte von Petrs Texten verstehe. Aber wichtig ist mir das gar nicht, seine Stimme verzaubert mich jedes Mal und irgendwie fühle ich, was er sagen will und liege möglicherweise falsch damit.
Auf der Bühne steht ein selbstgebasteltes Diorama, das Hawelka darstellen soll. Jan Georg hat es vor Kurzem zum Geburtstag bekommen und der Schenkende flüstert mir mit Augenzwinkern zu, dass die Band es wohl durch Diebstahl loswerden möchte. Das kann ich mir nicht vorstellen, es ist wirklich hübsch. So was will man behalten. Aber eben auch zeigen, wenn man schon mal gebastelt wird.
Mir fällt mal wieder auf, wie super eingespielt diese Band ist, manchmal vielleicht fast ein bisschen zu perfekt. Christian an den Drums beeindruckt mich nicht nur mit seinem Stil, sondern auch mit seinem Gesichtsausdruck. Viele Schlagzeuger ziehen ja grässliche Fratzen, aber er schaut konzentriert und manchmal grinst er auch kurz oder singt mit. Jan Georg an den Tasten zuzusehen, ist eh eine Freude. Seine Augen sind häufig geschlossen, manchmal macht er so Sachen mit den Schultern, die sehr orientalisch aussehen, aber am meisten mag ich seinen Links-rechts-Headbang oder wie man das nennt. Wie kann er während so einer Bewegung überhaupt noch spielen?
„Das Fest“ wird angestimmt und dem Publikum ist zwischenzeitlich auch wieder eingefallen, dass man sich zu Musik bewegen kann und endlich kommt mal ein bisschen Schwung in den Laden. Dem Fest folgt „Lass uns fahr´n“, dann müssen Christian und Jan Georg erstmal was am Schlagzeug kleben oder abkleben und weiter geht´s mit „Der Blues“ samt Gast mit Mundharmonika. Klar, bei Blues darf die nicht fehlen. Ralf Kellermann, so heißt der Gast, spielt eigentlich nur für sich zu Hause Mundharmonika, was ein Jammer ist, er ist total gut! Aber Hawelka kündigt an, dass man ihn noch öfter mit ihnen erleben wird. Auch später an diesem Abend. Petr liefert noch ein Hammer-Gitarren-Solo ab und er erhält dafür Juchzer aus dem Publikum.
Jetzt fordert Jan Georg Applaus für Ralv am Mischpult, irgendwie bittet er uns, zu ihm zu gehen und rechts zu küssen und dann links, denn da ist der Merch-Stand. Oder so. Dann redet er noch von Farbbewertungen für den Sound, das ist wohl ein Insider, ich hab davon jedenfalls noch nie gehört.
Weiter geht es mit meinem Lieblingsstück „Todesritt“. Es ist so wahnsinnig aufregend und wird in eine besondere Playlist aufgenommen werden. Der Schlussteil ist so aufgeladen, dass ich in die Mitte der ersten Reihe hüpfen muss. Die Energie erinnert mich an „Dive“ von Super700. Das nun angekündigte „Killer“ haben Hawelka bisher nur einmal beim U&D gespielt, Petr formt mit den Lippen lautlos Kraftausdrücke, irgendwas scheint nicht zu stimmen oder hat er den Song vergessen? Alles wieder gut, es geht los, es geht ab und Petrs Harmonien sind hinreißend. Jetzt kommt „Marktplatz“, unglaublich, wie schön Songs sein können, die von Ernst-Reuter-Plätzen in Orten namens Giebel inspiriert wurden. Es folgt „trauriges Mädchen“, ich höre irgendwas von Schenkeln und streicheln und kurze Zeit später spielt Jan Georg noch ein Solo und es klingt nach durchgeknalltem Kirchenorganist. Sehr geil!
Als letzte Lieder des Sets hören wir den Hit “Mexico” von der ersten Platte, „Cocaine“ und „Stadt aus Licht“. Bei Letzterem schnappt sich ein Mitglied der Band Kommando Feirefiz, Wegbegleiter von Hawelka, ein Rhythmus-Ei und spielt mit. Leider nur kurz, hat gut gepasst. Offiziell ist die Show am Ende angelangt, aber natürlich gibt es Zugaben. Ich hab jetzt genug vom Mitschreiben und gebe mich den letzten 3 Titeln hin: „Tanz, Mädchen“, „Lass los“ und „Spanische Tänzerin“.
Als das Goldmark´s quasi leer ist, erfreut mich X-tof vom Gig-Blog noch mit der Aussage, dass ich mit meinem Block und Stift ausgesehen hätte, wie eine vom Gesundheitsamt. Na danke, wenn einer einen Tipp hat, wie man sich das alles sonst merken kann, ich bin offen dafür.
Ich sag noch brav auf Wiedersehen, ziehe von dannen und freue mich aufs nächste Hawelka-Konzert ohne Block und Stift.
Setliste
Mach die Tür auf
Paradies
Pirat
Das Fest
Lass uns fahr´n
Der Blues
Todesritt
Killer
Marktplatz
Trauriges Mädchen
Mexico
Cocaine
Stadt aus Licht
—–
Tanz, Mädchen
Lass los
Spanische Tänzerin
Die Bilder sind so toll geworden. Christian sieht doch Hammer aus am Schlagzeug, oder?
Christian sieht immer super aus. Würde ihn heiraten, wenn er noch zu haben wäre.
Ich biete noch einige Relikte aus Christians Vergangenheit an den oder die Meistbietende :)
(Chris, du hast echt immer noch Kram im Keller hier rumfahren :D)
Daniela, wenn Hawelka jetzt richtig steil geht gibt´s dafür richtig Asche von der Gala, der Bunten oder dem Rolling Stone (internationale Headline: „Secret Hawalka Archives Revealed“) . Also lieber noch ein bissle reifen lassen.
Der offene Backdrop hinter Christian hat optisch die ganze Show vermasselt. Mannmannmann…
Macht Euch mal locker. Hier schonmal eine kleine Zen-Meditation: https://www.buzzfeed.com/philippjahner/jetzt-bloss-nicht-vertippne#.piadxY6YV