SIMON LOVE & THE OLD ROMANTICS, 23.04.2016, InDieWohnzimmer, Stuttgart
Man kann es gar nicht oft genug sagen, wie toll es ist, dass Claudia regelmäßig ihr Wohnzimmer zur Verfügung stellt und (gemeinsam mit Christine) interessante Bands einlädt, die man sonst hier in Stuttgart nicht hätte sehen können. So auch diesen Samstag wieder. Simon Love, respektive seine frühere Band The Loves, habe ich als irgendwie legendär und verbandelt mit The School (Elefant Records) und Liz Hunt aus Cardiff, Wales abgespeichert. Kurzes Reinhören ergibt: klingt sehr britisch, etwas psychedelisch und sehr nach Sixties/Seventies (sieht auch so aus). Gefällt mir grundsätzlich gut, der Rest wird sich live zeigen.
Simon Love tritt heute unter dem Namen „Simon Love and The Old Romantics“ auf, und ich stelle mit Begeisterung fest, dass auch die von mir sehr verehrte Liz Hunt als Keyboarderin Teil der Band ist. Wie üblich treffen wir überpünktlich ein und dürfen uns vor der Show als Teelichtanzünder_innen nützlich machen. Die Band huscht schon mal an uns vorbei, aufregend. Nach und nach füllt es sich, wie immer mit vielen bekannten Gesichtern, knapp vierzig Gäste dürften es nach grober Zählung heute sein. Unbedingt muss ich noch bei Claudia recherchieren, was es mit der angekündigten (längeren?) Konzertpause auf sich hat. Es kann Entwarnung gegeben werden, es handelt sich lediglich um eine etwas größere Pause im Verhältnis zu der hohen Wohnzimmerkonzertdichte der letzten Monate. Gut zu wissen!
Gegen viertel vor neun dann die Empfehlung, das jeweilige Getränk aufzufüllen und sich von der Küche in Richtung Wohnzimmer zu begeben. Die Show kann beginnen. Fotograf Micha merkt beim Anblick von Frontmann Love im Prilblumen-Oberteil an: „Du MUSST schreiben, dass dieses Hemd aussieht wie die Geschirrtücher meiner Oma.“ Gern geschehen. Claudia erklärt wie immer kurz die Wohnzimmerkonzert-Spielregeln und empfiehlt, großzügig zu spenden, da die Band eigentlich aus sechs Mitgliedern bestünde, und nicht nur den vieren, die heute auf der Bühne stehen.
Los geht’s mit „**** (Is A Dirty Word)“ vom aktuellen Album „It Seemed Like A Good Idea At The Time“ (erschienen bei Fortuna POP!). Liz Hunt spielt Keyboard und singt Background. Dazu kommen ein Schlagzeuger und ein Bassist und natürlich Simon an Gesang und Gitarre. Der erste Song geht nahtlos in den zweiten namens „Wowie Zowie“ über, inklusive Textzeilen aus Hot Chocolates „I Believe In Miracles.“ Links und rechts neben der Band hängen T-Shirts aus der aktuellen Merch-Kollektion. Links in Gelb mit der Aufschrift „Ich liebe Simon Love“ in drei Sprachen, rechts in Rot und bedruckt mit den Worten „Simon Fucking Love.“ Später erfahren wir, die Shirts werden bandintern auch nach „church“ und „non-church“ unterschieden, lustig.
Nach dem zweiten Stück begrüßt die Band das Publikum und merkt an, dass ein solches Konzert in London nicht möglich wäre, da die Zuschauer in kürzester Zeit die Bühne zerlegen und die Band verdrängen würde. „Play like in London“, regt Fotograf M. fröhlich an. Es geht dann trotzdem sehr gesittet weiter und die Stimmung ist, auch ohne dass die Polizei den Abend beenden müsste, exzellent – obwohl der Auftritt für Wohnzimmer-Verhältnisse ganz schön laut ist. Scheinen gutmütige (oder schwerhörige) Menschen zu sein, die Nachbarn hier.
Es folgt ein weiterer Song vom aktuellen Album („You Kiss Your Mother With That Mouth?“) sowie ein Stück über Joey Ramone und das Paul-McCartney-Cover „Dear Boy“. Schlagzeuger Dan wird zwischendurch von Simon genötigt, ein paar Sätze auf Deutsch zum Besten zu geben, macht er gar nicht schlecht. Sehr hübsch dann das als Weihnachtssong konzipierte Stück „Motherfuckers“. Überhaupt wird von der Bühne herunter ordentlich geflucht. Zwischendurch wird auch das Publikum aufgefordert, ein paar herzhafte „Fuck offs“ beizusteuern. Kein Problem für uns.
Auf dem Programm steht des weiteren ein Stück der inzwischen aufgelösten Band The Loves und der inhaltlich auch irgendwie unanständige Song „Elton John“. Die Single „The New Adam And Eve“ mit Refrain zum Mitklatschen und zauberhaften, wenn auch wenig Airplay-tauglichen Zeilen wie „coz with you, I’m alright/and everybody else can fuck off and die,“ ist mein Favorit. Zum Ende des regulären Sets nach gut einem Dutzend Stücken gibt es viel Applaus und natürlich diverse Zugaben. Bei „It Seemed Like A Good Idea At The Time“ läuft das stets wohlintonierte Publikum (minus die Verfasserin dieser Zeilen) beim Mitsing-Refrain nochmal zu Hochform auf.
Gut gefüllt ist am Ende der Spendenhut und auch beim Merch wird gerne zugegriffen. Nach dem Konzert läuft Alpaca Sports (super!) und wie üblich bei Wohnzimmer-Shows bleib viel Zeit, um sich in aller Ruhe mit der Künstlerin und den Künstlern zu unterhalten. Ein Abend mit catchy Songs und vielen magischen Momenten und damit definitiv ein Kandidat für meine Top Konzerte 2016.