ALLROH, SCOUT NIBLETT, 11.05.2010, Manufaktur, Schorndorf
Die Bühne der Manufaktur gehört an diesem Abend den Frauen. Scout Niblett und Allroh sind zwar nicht gemeinsam auf Tour, wurden aber von der Manufaktur wegen einiger Gemeinsamkeiten zum Aufspielen geladen.
Gemeinsam ist den beiden Rock-Frauen, dass sie Gitarre spielend im Mittelpunkt des Auftritts stehen, dass sie es ganz ordentlich krachen lassen können, und dass sie beide mit Produzentenlegende Steve Albini zusammengearbeitet haben. Albini ist bekannt dafür, dass er in seinem Electrical Audio Studio in Chicago nicht nur Giganten wie Pixies, Nirvana, Stooges oder Page&Plant produziert hat, sondern auch unbekannte, neue Gruppen/Acts nach einer gewissen Wartezeit empfängt.
Allroh macht den Anfang, sie steht alleine auf der Bühne und sollte es auch bis zum letzten Stück bleiben.
„Roh“ ist ein passender Name für ihren Style. „Pur“ könnte man auch sagen, wäre dieser Begriff gerade in unserer Region nicht so unendlich schwer belastet, noch Generationen werden unter den Verbrechen der Pop-Clowns zu leiden haben.
Allroh ist jedenfalls mit einer Gibson-Gitarre bewaffnet und zeigt gleich mal, dass sie richtig gut ist an ihrem Instrument. Virtuos nennt man das, würde ich sagen. Sie vermeidet aber gekonnt jetzt nicht Ton sondern eher eine Melodie zu treffen, und das die meiste Zeit. Gesungen wird auch, gegen Ende des Sets auf Deutsch, davor weiß ich nicht so genau. Zu einem Stück wird noch auf Akustik-Gitarre umgeschwenkt, logischerweise weniger krachig.
Für die letzte Nummer hat sie schon etwas besonderes drauf: Die Saiten der E-Gitarre werden mit einer großen weißen (Schwanen?)-Feder angeschlagen, was tatsächlich funktioniert und nicht nur gut klingt, sondern auch noch interessant aussieht. Nach Hendrix‘ Zunge, Pages‘ Geigendings kam ja nicht mehr so viel glaube ich.
Mir gefällt Musik mal ohne Beat ja ganz gut ab und zu, und dann auch noch so konsequent wie die Berlinerin das durchzieht, Respekt, auch wenn das Ganze doch sehr uneasy Listening war. Dem Auge tat es nicht weh.
Scout Niblett, die mir nur aus dem bisherigen Programm des ATP-Festivals bekannt war (und da spielt sehr wahrscheinlich nichts Uninteressantes) steht zunächst auch alleine auf der Bühne, auch mit Gitarre ausgestattet. Sie wirkt ein bisschen verlorener als ihre Vorgängerin, könnte an ihrem viel zu großen Hoodie liegen, in dem die kleine Frau zu verschwinden droht. Engländerin, die nach Amerika auswandert und dort Platten aufnimmt hat mich gleich an PJ Harvey erinnert, und der Eindruck sollte sich heute Abend bestätigen. PJ Harvey – ich bin mir sicher, hat übrigens auch schon mit Albini gearbeitet.
Eines der ersten Stücke ist „The calcination of Scout Niblett“, lässt sich auf Ihrer Myspace-Seite anhören. Hat mich gestern noch kurzfristig überredet das Stück, auf die heutige Show zu gehen. Repräsentiert den Scout-Style ganz gut, ruhige Parts, fast nur Stimme wechselt sich mit heavy Parts ab. Ach ja, ein Drummer ist mittlerweile auch am Schaffen, und mal wieder zeigt sich, dass es eines Basses nicht unbedingt nötig ist, um ein Rockkonzert auf die Beine zu stellen.
„Any Questions?“ fragt Scout zwischen den Stücken das Publikum. Das muss sie sich dann doch von ihrem Produzenten abgeschaut haben, klassisches Shellac (Albini am Gesang) Ding bei Shows. Ich hatte mir auf einem Konzert vor ein paar Jahren ein Herz gefasst und gefragt, was sie (Band) sich denn zuletzt für Musik gekauft hätten.
Antwort: Ablini bekommt Musik geschenkt, ein anderes Mitglied entpuppte sich unter Gelächter der Band als Sheryl Crow-Fan. Haha, zu Recht. Das nur nebenbei.
Scout ist es einfach zu heiß erfahren wir.
Ihren Drummer macht sie auch noch kurzfristig obsolet und trällert trommelnd die etwas lästige, größte Wahrheit „We’re all gonna die“ vor sich hin.
Zugabe gibt’s noch in der etwas unter normal gefüllten Manufaktur, dann ist Feierabend.
Scout Niblett
Allroh