SABABA 5, 29.02.2024, Merlin, Stuttgart

SABABA 5, 29.02.2024, Merlin, Stuttgart | Foto: X-tof Hoyer
Foto: X-tof Hoyer

Ohne mich im Bereich aktueller Weltmusik wirklich auszukennen, hatte ich hier in den letzten Jahren vor allem zwei Labels auf dem Schirm: Die Serienpreisträger beim Womex-Label Award Glitterbeat und das vielseitige Schweizer Label Les Disques Bongo Joe aus Genf. Neuerdings zähle ich auch Batov Records aus London zu dieser Champions League der Global Beats – Acts wie Waxmachine, Eje Eje und Şatellites fand ich zuletzt ausgesprochen gut.

Auch Sababa 5 aus Tel Aviv (wie man hört: eine kulturell sehr aufregende Stadt) sind bei Batov beheimatet und haben dort bereits zwei Alben veröffentlicht. Auf Tonträger finde ich den Sound der Instrumentalband noch ein wenig glatt und risikolos – was sie aber im leider mit nur rund 50 Menschen besuchten Merlin bieten, ist einfach nur großartig. Als Support spielt DJ Sylvialeo (Love Supreme Team) im Merlin-Cafe mit sicherem Gespür rares Vinyl aus dem Bereich Cosmic Oriental Disco und zaubert den perfekten Vibe für das, was dann im Saal folgen sollte.

SABABA 5, 29.02.2024, Merlin, Stuttgart | Foto: X-tof Hoyer
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Amir Sadot, Eitan Drabjin, Ilan Smilam und Raz Man spielen im kompakten und eigentlich unspektakulären Line-up – Gitarre, Tasten, Bass und Drums, wirken optisch unauffällig, ruhen aber erkennbar in sich – vermutlich, weil sie wissen, was sie können. Ihr Sound ist oft recht smoother Nahost-Groove der Marke Yin Yin und Altin Gün. Sababa 5 verbinden Oriental Disco mit nahöstlichem Hippie-Funk, verzichten dabei komplett auf Gesang und verlassen sich ganz auf ihre lässigen 70er Vintage-Sounds mit elektrischer Gitarre und analogen Keyboards oder altmodischer Farfisa-Orgel. Ein bisschen Spätsechziger Anadolu-Rock steckt auch mit drin, das Produktionsdesign ist aber konsequent clean und aufgeräumt.

Kein Trash-Faktor also, stattdessen setzen die vier israelischen Musiker auf multikulturelle Mittelmeer-Grooves mit exotischer Melodieführung und verbinden auf entspannte Weise israelische und arabische Musikkultur. Ganz ohne Vocals wird der klare Sound von Keyboards und Gitarre (oft auch vom prägnanten Bass) geprägt. Die Gitarren-Licks machen entweder funky Rhythmusarbeit oder spielen entspannte Surf-Linien, später klingt die halbakustische Gibson, dann wie eine authentische Saz oder Baglama.

SABABA 5, 29.02.2024, Merlin, Stuttgart | Foto: X-tof Hoyer
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Die Keyboards wirken oldschoolig, teils sogar ein wenig angeprogt, manchmal auch mit erdigen Orgel-Sounds. Die Songs kommen so eigentlich recht leichtgewichtig daher, grooven nah- bis mittelöstlich und angenehm daddelig oder auch mal milde angedubt. Hier wird nicht hart gerockt, sondern elegant gegroovt. Weil die vier Musiker aber technisch extrem gut sind, können sie innerhalb dieses eigentlich recht eng gesteckten Rahmens ein Maximum an Dynamik herausholen.

Jeder einzelne erweist sich als beeindruckender Könner, allen voran der Drummer – eine unaufdringliche Präzisionsmaschine mit perfektem Timing und Sound. Aber auch der virtuose Basser reißt meine Konzertclique zu spontanen Ovationen (wie beim Jazz!) hin. Der Keyboarder mit den tollen Haaren hat immer die passenden Sounds parat, auch mal 80er Jahre-cheesy – aber immer im Groove und dank eines kleinen Effektgeräts auch psychedelisch gephasert.

SABABA 5, 29.02.2024, Merlin, Stuttgart | Foto: X-tof Hoyer
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Spätestens beim dritten Song haben Sababa 5 das Publikum im Griff, bald wird auch in den hinteren Reihen getanzt oder zumindest die Hüfte bewegt (Selbstversuch). Die Laune steigert sich zwischen Band und Publikum gegenseitig hoch und allen macht es richtig großen Spaß. Im Zugabenteil geht die Reise noch mehr in Richtung östliches Mittelmeer und wir erfreuen uns an vage Griechischem, knackigem Balkan-Groove und sogar französischem YeYe-Beat – so weit werden hier die trendigen Eastern-Grooves gefasst.

Fazit: Allseitige Begeisterung, ja Euphorie, die glückliche Band freut sich dann auch über reges Gedrängel am Merchstand.

SABABA 5, 29.02.2024, Merlin, Stuttgart | Foto: X-tof Hoyer
Foto: X-tof Hoyer

Gleich mehrere Konzertbesucher*innen äußern sich nach der beglückenden Show erleichtert darüber, dass Politik heute kein explizites Thema war. Die Musik ist jedoch schlagender Beweis dafür, dass unterschiedliche Kulturen sehr wohl und sogar sehr harmonisch zusammenpassen können.

Besonderer Dank gilt explizit dem Könner am Mischpult – schon lange keinen so brillanten, transparenten und druckvollen Sound bei einem Konzert mehr erlebt.

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