YUNGER, 14.10.2023, InDieWohnzimmer, Stuttgart

YUNGER, 15.10.2023, InDieWohnzimmer, Stuttgart
Foto: Berti Weichert

Heutiges Ratgeber-Brennpunkt-Thema: Grenzen setzen. Viel ist zu hören in den einschlägigen Psycho-Kanälen über eigene Grenzen, die gesetzt werden sollen. Sich abgrenzen von den Bedürfnissen der anderen, die unablässig an uns herangetragen werden. Doch: Warum nicht einfach mal die Grenzen einreißen und überwinden? Die Leute beispielsweise ins eigene Wohnzimmer zum Konzert laden? Den heimatlichen Safe Space öffnen? Geeint durch das Bedürfnis nach schöner Musik?

So geschehen bei der Premiere des IndieWohnzimmers West. Der Blick in die Küche verrät hervorragende Gastgeber*innen-Skills, auf Selbstkostenbasis kann man sich verköstigen, für den Künstler geht später der Hut rum. Mit einem Stück von Utes exzellenten Donauwellen setze ich mich ins bereits gut gefüllte Wohnzimmer und stimme mich so ein auf Wien, die Heimatstadt von (Felix) Yunger, der heute hier Singer-Songwriter-Folk für uns spielt (auch noch tätig ist er nach eigener Aussage in einer Post-Hardcore-Metal-Band – das hätte die nachbarschaftlicher Toleranzgrenze auf jeden Fall mal ordentlich ausgelotet…).

YUNGER, 15.10.2023, InDieWohnzimmer, Stuttgart

Yunger singt über das Reisen, immer wieder, über Hoffnungen, Träume und auch über Ameisen. Er tut dies mit einer wirklich sehr schönen Stimme, einem virtuosen Gitarrenspiel (Dank auch an Bianca, verantwortlich für die Gelnägel der rechten Hand) und mit einem feinen Humor. Und so schafft Yunger, was man schon als hohe Kunst bezeichnen kann: Einen Singer-Songwriter-Gig, der kurzweilig, gefällig, aber nie anbiedernd, mal leise, mal fetzig ist und auf jeden Fall gar nie: langweilig.

Ab und zu unterstützen sachte Beats oder einzelne Loops das Set, eine Mundharmonika kommt zum Einsatz und zwischendrin erzählt er kleine Anekdoten aus seinem Wiener Künstlerdasein – vom geschmissenen Jus-Studium (zum anfänglichen Unverständnis der eher konservativ gestrickten, verstorbenen Oma), über Olivenbäume im griechischen Sarakina, den zufälligen Insta-Fame als eine Staubsaugerfirma seinen Song „Feels like Home“ zu Werbezwecken verwendete, oder auch über die bereits angekündigten Ameisen in der Wiener WG in „Ants“ („I used to fucking hate them but now I call them little friends of mine“).

Zweimal bittet er das Publikum zu unterstützenden Gesangseinlagen und nicht nur an diesen Stellen wird einem warm ums Herz, jetzt, wo es ja doch noch Herbst zu werden scheint. Als Zugabe gibts ein Cover der Band Journey („Don’t Stop Believing“ – anscheinend populärer Licht-an-Leute-raus-Song im Stuttgarter Nightlife? Aha, war schon lange nicht mehr „weg“) und einen hoffnungsvollen Abschluss, „I’m sure to find another major harmony.“ Wir danken es ihm mit feucht glänzenden Augen, einem gut gefüllten Hut und vielen Bewunderungsbekundungen und Merch-Einkäufen nach dem Konzert.

Grenzen überwinden! Wir freuen uns schon auf die nächste Einladung ins Indie-Wohnzimmer, Danke euch!

Also Leute, einfach mal rüberkommen, wie Felix Yunger in „Come Over“ wunderbar besingt:

Let’s start a revolution
Let’s make fascists be afraid
Let’s tell all them white old men
That it is time for a ban
Let’s not forget about the rich
Let’s take back what they stole
If the governments won’t help us
We’re gonna do it on our own
Let’s take those streets
Let’s climb the fence
Let’s knock down every wall
The ones they built with stones
and the once you cannot see at all
And if you hear a sexist prick
Hung up on outdated shit
Use your voice and tell them off
We’ve put up with them long enough
Same goes for discrimination
Because of color, sex, or nation
If someone tells you who to kiss
Then that’s someone who won’t be missed!

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