KAMALA, 03.03.2023, Neue Oper, Stuttgart
Team Gig-Blog auf Pioniermission: Für das Konzert der Leipziger Band Kamala gilt es mal wieder eine zumindest für uns neue Konzert-Location zu entdecken. Die Neue Oper in der Containercity vor den Wagenhallen existiert schon seit einigen Jahren, wie so oft im Stuttgarter Kulturdschungel, aber nur als befristete Interimslösung mit ungewisser Zukunft im Rahmen des Kunst- und Kultur-Projekts Contain’t.
Vor Ort erweist sie sich als trickreich um eine Art Wintergarten erweiterter Baucontainer mit Bar, DJ-Bereich und Lagerfeuer am Eingang. Glücklicherweise gibt es auch einen Bollerofen, was nach der frostigen Critical Mass-Fahrradausfahrt schnell für Wohnzimmeratmosphäre sorgt.
Bedenken, ob hier eine eher unbekannte Band diffusen Musikstils genügend Publikum anzieht, zerstreuen sich schnell: Zu Konzertbeginn sorgen gut fünfzig überwiegend junge Menschen für einen knackvollen Laden.
Kamala existieren seit 2016, firmieren bei Discogs unter „Kraut/Jazz/Psychedelia“ und haben zwei Alben beim empfehlenswerten Krefelder Label Tonzonen Records veröffentlicht – Heimat vieler zeitgenössischer Stoner-, Space- und Postrockbands.
Im Artist-Rooster von Tonzonen fallen Kamala etwas aus dem Rahmen – bieten sie doch weder epische Postrock-Klangwucht, noch bärtig-tätowierten Stoner-Psychrock mit wehendem Langhaar. Auf Platte wie auch beim Konzert erweisen sich die fünf jungen Männer als grundsympathisch und komplett unprätentiös, auch weil man auf schwere Riffs und statische Spacerock-Bräsigkeit komplett verzichtet. Die Gitarre wird auch nicht stonerlike in Kniehöhe gespielt, sondern eher nerdig knapp unterm Kinn.
Diese komplett unrockistische und posenfreie Performance hört man auch dem Sound von Kamala an. Vor allem live entsteht eine luftige, milde psychedelische Krautigkeit mit dem treibendem Groove einer sehr kompetenten Rhythm Section. Vor allem der Bassist sorgt mit auffallendem Fünfsaiter für latenten Funk-Vibe, während die beiden Gitarren flächigen Space-Pop entfalten – oft unisono im beeindruckenden Twin-Guitar-Format, was dann angenehm an Klassiker wie Wishbone Ash oder sogar Allman Brothers erinnert. Der Stoner-Experte im Publikum hört gar – durchaus nachvollziehbar – Grateful Dead-Momente heraus.
Wenn der Drummer in besonders intensiven Momenten diese rasanten Fills auf der Snare einbaut, klingt es tatsächlich wie die spacigen Momente von King Gizzard & The Wizard Lizard – was dann auch vom Publikum trotz Raumnot mit motiviertem Getanze goutiert wird. Vor dem Hintergrund der von außen auf den Wintergarten gebeamten Visuals sieht das schon sehr cool aus – eine einfache, aber extrem wirkungsvolle Inszenierung.
Die Vocals von Kamala sind ein wenig gewöhnungsbedürftig, statt klassischer Rockröhre finde ich den unaufdringlichen, fast beiläufigen Gesang aber sehr gut passend zur manchmal auch etwas verdaddelten Musik. Letztlich spielen Kamala Indie-Kraut-Pop mit Hippie-Spirit und lässigem Hüftschwung, elastischen Grooves und luftigen Gitarren – genau das Richtige für eine entsprechend ungewöhnliche Konzert-Location, die wir garantiert bald wieder besuchen werden.
Denn auch das Rahmenprogramm in der Neuen Oper gefällt uns sehr gut, der DJ überzeugt vor und nach dem Konzert mit kosmischem Groove (für mich) unbestimmter Herkunft.