ROCKO SCHAMONI und GEREON KLUG, 08.10.2020, Merlin Kulturzentrum @ Altes Feuerwehrhaus, Stuttgart

ROCKO SCHAMONI und GEREON KLUG, 08.10.2020, Altes Feuerwehrhaus, Stuttgart

Foto: Yvy Pop

Es ist der vermeintlich 222. Auftritt der beiden Brüder im Geiste. Im Attrappenauto stehen sie rund 2 Stunden im „Stau“ und plaudern über sich, Veranstalter und die Kunst des Auftritts in Nicht-Orten wie der Bank in Villingen-Schwenningen (der Punk in der Bank) – vor allem aber über ihre gegenseitige Zweckbeziehung. Das Video-Intro weist den Weg, auf der sich die Fahrgemeinschaft den Weg durch die Untiefen des Showbusiness bahnt. Der sensible Künstler Schamoni echauffiert sich gegenüber seinem Manager Klug, als Saufmaschine hingestellt zu werden. Der wiederum scheint durchgehend belustigt über Rockos hypochondrische Arztbesuche, vermeintliche Morbus-Crohn-Diagnosen und permanente künstlerische Verkanntheit gegenüber erfolgreicheren Kollegen wie Helge Schneider. Es fehlt ihm der Hit, so Klug. Da greift man schnell zur Ukulele, um dem ein Lied über Mundharmonikas und andere Münder entgegenzusetzen. Der Charme dieses lebenden Podcasts allerdings liegt in zitatfähigen Phrasen wie „Ich bin aus Atomen der Nacht gebacken“ und „Ich bin atmende Kunst“. Das ist Schamonis Stärke – schon immer gewesen. Da kann man durchaus was draus machen (Zitat). Dass der Tiefenhumor erst später zum Tragen kommt, und womöglich erst Jahre später (am Totenbett?) zündet, wird als große Qualität in Kauf genommen.

ROCKO SCHAMONI und GEREON KLUG, 08.10.2020, Altes Feuerwehrhaus, Stuttgart

Foto: Yvy Pop

Der Abend plätschert ein wenig dahin, man sitzt mit Bekannten in der Kneipe und lauscht Anekdoten über Nazi-Shuttles (irgendwie muss man sich bei Mitfahrzentralen ja gegenfinanzieren) und Rückführungen – nicht ohne Hybris (im vorigen Leben den Samen für Alexander den Großen etc. beigesteuert zu haben). Trotz Pause verfliegt die Zeit, und das Damoklesschwert des bevorstehenden möglichen Shutdowns solidarisiert Schamoni und Klug mit dem vollbesetzten Feuerwehrhaus. Ein wehmütiger Geist schwebt über der Veranstaltung, der sogar Schamoni dazu hinreißt, sich beim (nicht immer einfachen) Stuttgart Publikum – fast rührselig – zu bedanken: „Es hat das erste Mal auf der Tour Spaß gemacht.“ Und man kommt nicht umhin, es ihm in vollem Ernst abzunehmen.

ROCKO SCHAMONI und GEREON KLUG, 08.10.2020, Altes Feuerwehrhaus, Stuttgart

Foto: Yvy Pop

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