EMMA RUTH RUNDLE, JAYE JAYLE, 02.12.2017, Jugendhaus West, Stuttgart
Der Eindruck täuscht nicht: Trotz vorgerückten Alters treiben wir uns dauernd in Jugendhäusern rum. Ob im Cann oder auf dem Hallschlag, immer häufiger wandern Konzerte von den Clubs in diese öffentlichen Einrichtungen. (Schade, dass der Club Zentral im Jugendhaus Mitte nicht noch mehr genutzt wird) Das Jugendhaus West hat in dieser Hinsicht nicht nur eine lange Geschichte, es macht sogar ein exquisites Booking und verfügt über eine technische Ausstattung, die mancher Club nicht bieten kann. Mit der amerikanischen Dark-Folkerin Emma Ruth Rundle steht heute jedenfalls ein Highlight für Auskenner auf dem Programm, und das Stuttgarter Publikum belohnt dies mit gutem Andrang. Nicht selbstverständlich an einem Samstagabend, an dem es massenhaft Konkurrenz-Veranstaltungen gibt.
Zum Warmup betritt Punkt acht Jaye Jayle die Bühne. Die vierköpfige Band aus Kentucky präsentiert sich stimmungsvoll im Halbdunkel. Leadsänger Evan Patterson macht ein paar sonore Ansagen, bevor der Americana-Zug langsam losrumpelt. Mit zwei Old-School-Keyboards, zwei Schlagzeugern, die bevorzugt die tiefen Toms bearbeiten und einem äußerst hart gespielten Bass (sehenswerte Haar- und Bartpracht: Todd Cook) produzieren sie einen staubig-finsteren Soundtrack, der sehr zu einem Roadmovie oder einem dieser sinistren Endzeit-Western passen würde. Keine leichte Kost, insgesamt vielleicht auch etwas monoton, als stimmungsvoller Einstieg für den Main Act Emma Ruth Rundle aber genau richtig.
Diese beginnt ihr Set solo und ganz schlicht mit der Akustik-Gitarre, die allerdings mächtig mit Effekten verhallt und verzerrt wird. Spontane Assoziationen an Neil Young oder Gemma Ray stellen sich ein. Es fällt auf: Die Anlage ist exzellent und der Tontechniker versteht sein Handwerk. Der Sound steht transparent im Raum, nur im hinteren Bereich gibt es ein paar Stellen, an denen der Bass zu dominant wummert. Als dann Jaye Jayle zum Hauptteil des Gigs als Begleitband dazustößt, entwickelt sich ein schön breitwandiger Americana-Sound, der den Vergleich mit Howe Gelb und Konsorten nicht scheuen muss.
Emotional bewegt sich Emmas Gesangsvortrag im Spektrum von traurig über melancholisch bis zu verzweifelt. Sie haucht, sie jammert, sie zürnt. Der Auftritt selbst ist von schlichter Schönheit: Frontfrau und Band sind durchgängig in schwarz gewandet, die Ansagen beschränken sich auf das Notwendigste. Ein zentraler Bestandteil des Repertoires sind natürlich Stücke des mit Jaye Jayle produzierten Split-Albums „The Time Between Us“, aber auch ältere Titel oder Teile des Albums „Marked For Death“ werden dargeboten.
Nach einer Stunde verabschiedet sich die Band und Emma bleibt zu einem Solo-Stück auf der Bühne. Trotz anständigen Applauses lässt sich die Künstlerin danach zu keiner Zugabe zurück auf die Bühne bewegen. Und so endet ein solides, aber nicht herausragendes Konzert recht abrupt. Ob es an einer gewissen Tour-Müdigkeit liegt, am distanzierten Auftreten der Künstlerin oder an meinen übersteigerten Erwartungen, schwer zu sagen. Das Konzert war sicher eine der besten Aktivitäten, die ich an diesem unfreundlichen Dezemberabend unternehmen konnte, dennoch hat es mich letztlich leider nicht zu 100% gepackt.