BLACK HEINO, 15.10.2016, Goldmark’s, Stuttgart
Black Heino. Was ist denn dass für ein Name? Wie oft gibt es Sachen oder Menschen, bei denen man im ersten Moment ignorant war, die sich dann als eine Liebe auf den zweiten Blick erweisen. Das jüngst erschienene Album „Heldentum und Idiotie“ offenbart sich als ein solches. Geht doch gut in Ohr und Bein, also ab ins Goldsmark’s um die drei Herren live zu sehen.
Zur Einstimmung des Abends gibt es ein kurzes knackiges Set des Stuttgarter Duos „Der Schöne und die Biest“. Die Besetzung aus Bass und Schlagzeug pfeffert rau und ungeschliffen den Sound ab, melodische verschnörkelte Elemente sind eher zurückgenommen. „Ihr seid nett, dann muss ich auch nett sein“ bemerkt Schlagzeugerin Tamara und brüllt ein energisches „Alles in Ordnung in Deiner Welt“ ins Mikro. Der Deal mit dem Publikum läuft gut, ab und an wird der Takt etwas verhauen. Der Sache tut es keinen Abbruch, die sympathische Art des Duos und die Ansagen der Schlagzeugerin gewinnen, ein „Prosit“ wirft sie gerne dem Publikum entgegen und dankt für das Verständnis zugehört zu haben, eine Zugabe gibt es noch obendrauf.
Zwischenzeitlich sind noch mehr Zuschauer gekommen. Ein Glück, wäre auch zu schade. Black Heino Sänger und Gitarrist Diego Castro wandelt bereits über die Bühne. Seine Sonnenbrille gibt noch den unterstützenden Coolness Faktor. Eher Modell Heino oder doch vielleicht Bob Dylan, egal, sie sitzt perfekt. Da werden gleich mal die wilden Pferde losgelassen, jung und ungestüm ist der Sound der Rock’n’Roll lasierten Nummer „Eigenheim“. Mit diesen klanglichen Eigenschaften geht es auch weiter. Manchmal verselbständigen sich nicht-gewollte Genreeinordnungen einer Band. Sänger Diego Castro klärt gleich auf, dass sie oftmals als Punkband bezeichnet werden. Dieses sind sie aber nicht, sondern eine Garagen-Rock Band. Wäre auch das geklärt und es ist auch nicht zu überhören, dass das Drei Akkorde-Punk-Schema in der Unterzahl ist.
Die Stimmung ist sehr gut, eine Fan-Dame nutzt den freien Platz um vor der Bühne ausgelassen zu tanzen. Schlagzeuger Max Power gibt es alles, sein umgebundenes Stirnband verleiht ihm etwas niedlich-jungenhaftes, als wäre er gerade vom Indianerspielen zurückgekommen. Der stakkato-artige Gesang von Diego Castro lässt zwischenzeitig an Fehlfarben-Sänger Peter Hein erinnern. Nach knallharten Fakten wird gefragt „Überprüf mal Dein Konto, ist das die Rache von Jürgen Ponto?“ wird im Duett mit Bassist Kpt. Plasto gesungen. Es wird reingepiekst in die liebgewonnenen Komfortzonen; Häuslebauer, unentschlossene Hipster, Kapitalismus werden kritisch besungen. Aber der moralische Zeigefinger, der sich gerne mal bei solchen Songs aufrichten kann, bleibt Gott sei Dank unten.
Ich ertappe mich bei dem Gedanken, wie schön es ist, nach einer ausgedehnten Elektro-Phase mal wieder den „ehrlichen“ rauen Gitarrensound zu hören. Ohne jetzt das Wort „ehrlich“ überzustrapazieren, aber es war halt so. Und Black Heino haben im gig-blog Fragenkatalog selbst geantwortet, ihr Lieblingsinstrument ist: Stromgitarre. Absolut, das war sehr hörbar. Bleibt spannend, wie es nach dem Erstlingswerk „Heldentum und Idiotie“ mit dem Mittdreißigern musikalisch weitergeht. Ich kann warten.