ROSE CITY BAND, ROSALI, 06.06.2023, Manufaktur, Schorndorf
Kann man nicht oft genug betonen: Das Booking der Schorndorfer Konzert-Institution Manufaktur ist einfach großartig – stiloffen, oft mutig und immer geschmackssicher. So auch an diesem lauen Sommerabend, an dem man den in vielerlei Hinsicht außergewöhnlichen Ripley Johnson, aus Portland, Oregon stammend, mit seiner Rose City Band auf die Bühne holt – zum einzigen Konzert in Deutschland. Was schon erstaunlich ist, erfreut sich Johnson doch beachtlicher Beliebtheit in Fachkreisen für psychedelische Musik. Das liegt vor allem an seinen beiden anderen Bandprojekten: Während Wooden Shjips bereits seit 2006 tendenziell klassischen Spacerock spielen und Moon Duo dasselbe in eher elektronischer Ausrichtung tun, existiert seine Rose City Band erst seit vier Jahren, hat aber bereits vier – allesamt formidable – Alben draußen.
Das Besondere der Band ist ihr komplett eigenständiger Mix aus Country (-Rock) und Psychedelia. In den späten Sechzigern gab es ein heute leider kaum mehr existierendes Genre namens Cosmic Country, das vor allem der Person Gram Parsons geschuldet war (The Byrds, Flying Burrito Brothers). Das klingt aus heutiger Sicht nach etwas bedröhnter Countrymusic, weil die Musiker etwas anderen Drogen als die herkömmliche Nashville-Szene zugewandt war. Diesen milde spacigen Country-Sound greift Johnson mit seiner fünfköpfigen Truppe auf, verleiht ihm aber einen neuen, frischen und weit kosmischeren Anstrich.
Beginnen wir aber mit dem Support einer Sängerin und Gitarristin namens Rosali Middleman aus Philadelphia. Mit elektrischer Gitarre und einer smoothen Alt-Stimme, die mich sehr angenehm an Karen Carpenter erinnert, singt sie dunkel-intensive Americana-Songs. Begleitet wird sie zunächst von Barry Walker Zena Kay an der Pedal Steel, später charmanterweise auch von der gesamten Rose City Band, was in wunderbar elegischen Crazy Horse-Rock mündet – ein starker Einstieg für einen noch besser werdenden Konzertabend.
Als die Band dann nach kurzer Pause wieder ohne Rosali auf der Bühne steht, tastet man sich zunächst ganz sachte ins wunderbare Sounduniversum der Rose City Band vor. Denn die Songs an sich sind betont unaufgeregt und schlicht, oft eindeutig Country, teils aber auch einfache Popmelodien, von Johnson betont unprätentiös gesungen und statt in dramatischem Moll überwiegend in sonnigem Dur angelegt.
Die üppige Instrumentierung legt dann die Weichen für den mehr und mehr abhebenden Psychedelic-Sound. Die Rhythm Section ist unaufdringlich, aber präsent, Paul Hasenberg an den Tasten (mit klassischen Wurlitzer- und Hammond-Sounds) schon wesentlich präsenter. Johnsons in meinen Augen meisterlich flüssige Gitarre (gerne mit WahWah veredelt) bleibt oft erstaunlich zurückhaltend – dagegen ist die mächtige Pedal Steel von Walker Kay schon richtig laut. In der traditionellen Countrymusic ist sie ja meistens nur Beiwerk, hier begegnet sie der spacigen Gitarre von Johnson auf Augenhöhe, was immer wieder grandiose Momente ergibt.
Denn mehr und mehr heben die Songs nach kurzem Geplänkel richtig ab. Gitarre und Pedal Steel duellieren sich nicht, sondern umspielen sich leichtfüßig und elegant, tun dies mit psychedelischen Linien in oft Grateful Dead-artige Höhen steigend. Leider nie allzu lang, dafür aber in fast allen Songs – für mich ein rundum traumhaftes Szenario, in der Manufaktur auch in gewohnt perfekter Klangtreue umgesetzt.
Dem umwerfenden Saitenzauber setzt Keyboarder Hasenberg angemessen virtuose Tastenläufe entgegen und bedient sich dabei der allerschönsten Vintage-Sounds (lediglich das Mellotron scheint mir ein wenig over-the-top). Das tut er in klassischer Gregg Allman-Manier, was mich live insgesamt dann viel mehr als auf Platte an die Allman Brothers erinnert, die ja auch so einen luftigen Breitwandsound teils auf Country-Basis zaubern konnten.
So entsteht ein warmer, hypnotischer und oft auch tanzbarer Sound mit suggestiver Wirkung – ich könnte darin baden und finde das Konzert daher auch tatsächlich mal zu kurz (was mir nur ganz selten so geht). Rose City Band bringen das Kosmische zurück in Cosmic Country, lassen Gram Parsons und Jerry Garcia auf Spacemen 3 treffen, dass man es sich nicht schöner ausdenken könnte.
Krönender Abschluss sind die beiden betörenden Zugaben erneut mit Unterstützung von Rosali. Die anwesende Gigblog-Blase ist sehr zufrieden – selbst der eigentlich countryskeptische Fotograf zeigt sich angenehm überrascht.
Sehr schöner Bericht über dieses grandiose Konzert.
Und Ehre wem Ehre gebührt: Die Manufaktur mal wieder mit feinem Näschen.
Das einzige Deutschlandkonzert war es aber nicht. Im Mai hatte die Rose City Band schon in Berlin und Hamburg gespielt.
Sehr feinsinnige Konzertbeschreibung, die nichts auslässt und nichts hinzufügt… Als Laie fehlen einem die Worte, die in dieser Beschreibung erscheinen… man erkennt den Fachmann….
Sehr schöne Fotos von Holger… Grüße Klaus
The pedal steel player is called Zena Kay.
Barry Walker was not able to make this trip with the magnificent Kay deputising
Thanks for your hint, Pablo. We corrected the text