THE COMPUTERS, FOX NAMED KING, 19.10.2013, Zwölfzehn, Stuttgart

The Computers, 19.10.2013, 1210, Stuttgart

Foto: X-tof Hoyer

Man kennt es. Das große Wehklagen, wenn eine Band ihre Richtung ändert und damit auf Erfolgskurs gerät. Die Fans der ersten Stunde wenden sich mit Grausen ab. „Ausverkauf!“, „Ideale verraten!“, „Mainstream, Igitt!“ Die üblichen Reflexe, während sich die neuen Fans beim Hören des Frühwerks verwundert die Ohren reiben. So oder ähnlich dürfte es gerade den Computers gehen. Ihr aktuelles, mit dem Black-Keys-Produzenten Mark Neill entstandenes Album „Love Triangles Hate Squares“ ist jedenfalls für eine erheblich größere Zielgruppe hörbar geworden. Weg vom Hardcore, feinster Rock’n’Roll mit einer guten Portion Soul in zeitgemäßem Gewand. Und so wundert es nicht, dass die Computers in Deutschland sowohl als Support für die Toten Hosen als auch The Heavy unterwegs sind. Übrigens einer der seltenen Fälle, dass sich unsere B-Lage auf der Konzertlandkarte auszahlt: Stuttgart ist nämlich einer der sechs Orte, an dem die fünf Briten einen kleinen Club-Gig als Headliner spielen.

Und es ist mal wieder einer dieser Samstage, an dem man sich dreiteilen möchte: im LKA geben sich New Model Army nach langer Zeit mal wieder die Ehre und Kat Frankie bezaubert vermutlich wieder alle im Schocken. Wir aber sind heute auf Rock’n’Roll gebürstet. Und wenn man den Vorankündigungen glauben darf, bekommen wir bei The Computers reichlich davon. Also geht’s für uns ins heute ins 1210.

The Computers, 19.10.2013, Ratzer Records, Stuttgart

Foto: Michael Haußmann

Gründlich wie wir sind, belassen wir es nicht dabei, und besuchen vorher noch den lauschigen Instore-Gig in Ratzers Plattenladens. Während es abends im 1210 ordentlich voll sein wird, macht hier die dreiköpfige Gigblog-Abordnung gut 10% der Gäste aus. Und Ratzers Laden-Gigs sind eine so nette Veranstaltung, die darf man sich einfach nicht entgehen lassen. Die Computers treten als Trio auf, geben drei Titel zum besten, sind bestens gelaunt und signieren Platten und Poster. Ein echtes Fan-Event.

Fox Named King, 19.10.2013, 1210, Stuttgart

Foto: X-tof Hoyer

Wir wollen natürlich kein beschauliches Akustik-Konzert, wir wollen sehen, ob die Computers ihrem Ruf als grandiose Live-Band gerecht werden. Aber erstmal machen die heimischen und mir bisher unbekannten Fox Named King den Support. Sie finden einen gut gefüllten Laden und beste Stimmung vor. Und sie hauen ein Set raus, dass ich mich wundern muss, noch nie von diesen Stuttgartern gehört zu haben. Mächtig druckvoller Punkrock jedenfalls. Mit deutschen Texten, präzis und mit viel Spaß gespielt. Eine volle Sympathie-Offensive und weit mehr als nur ein Warmup für die Computers. (Notiz an mich: unbedingt nochmal hingehen!)

Die Computers tragen ganz schön dick auf: mindestens ein Pfund Pomade haben sie auf ihren fünf Köpfen verteilt, extracoole, bordeaux-farbene Anzüge tragen sie. Die netten Jungs von heute Nachmittag haben sich in Rockstars verwandelt und wer Screaming Al Kershaw live sieht, wird den Begriff „Rampensau“ neu definieren. Für den Frontmann der Computers ist die vorderste Bühnenkante noch lange nicht das Maximum an Publikumsnähe.

The Computers, 19.10.2013, 1210, Stuttgart

Foto: X-tof Hoyer

Vermutlich hat noch keiner zuvor hat das 1210 so komplett bespielt wie dieser schon fast hyperaktive Sänger. Er klettert auf die Keyboards, spielt mehrfach mitten im Publikum, auf dem Merchandise-Tisch und – zum Höhepunkt des Chaos – eilt er mit Mikroständer und Gitarre an die Rückwand des 1210. Dort hängt er einem Zuschauer seine Gitarre um, teilt das begeisterte Publikum in zwei Hälften und stürzt sich zwischen die Fronten der „Wall of Death“. Das Set besteht praktisch nur aus Uptempo-Nummern, ein guter Teil davon vom aktuellen Album. „Bring Me The Head Of A Hipster“, „Disco Sucks“ und die grandiose Modrock-Nummer „Mr. Saturday Night“, das ist alles zwingend tanzbar und kaum einer kann sich dem Sog entziehen. Mit einem kurzen Intermezzo aus ihrer Hardcore-Version von „Surfin‘ Bird“ legen sie noch eine Schippe drauf.

Nach knapp vierzig Minuten verabschiedet sich die Band. Und zum ersten Mal kann ich es einer Band nicht übel nehmen, denn was die Jungs bis hierher abgeliefert haben, das bringen andere Bands nicht in der doppelten Zeit.

The Computers, 19.10.2013, 1210, Stuttgart

Foto: X-tof Hoyer

In der Zugabe verneigen sich die Computers mit „Train In Vain“ vor The Clash. Zwei weitere Titel und die fast schon obligatorische Crowdsurfing-Einlage runden den Gig ab. Und es ist erst halbelf. Zeit genug, noch schnell beim Lieblings-DJ ums Eck vorbeizuschauen, ihm die nagelneue LP – natürlich in bordeaux-farbenem Vinyl – unterzuschieben und auch das Mos Eisley noch mit ein wenig Computers zu beglücken.

The Computers, Ratzer Records Instore Gig

Fox Named King

The Computers

Ein Gedanke zu „THE COMPUTERS, FOX NAMED KING, 19.10.2013, Zwölfzehn, Stuttgart

  • 24. Oktober 2013 um 10:04 Uhr
    Permalink

    Dieser Bericht wird den Jungs von Fox Named King und The Computers nur gerecht. Ich selbst war sowohl beim Ratzer Records Instore Gig als auch im 1210 in der ersten Reihe. Und ich hatte schon verdammt lange nicht mehr so einen unglaublich genialen Musik Abend und kann genauso wie du nicht verstehen das ich von den Fox Named King´s noch nie etwas gehört habe.
    Ich möchte mich deinem Memo an die selbst anschließen und verfasse ein identisches an mich selbst!
    The Computers habe ich vorher schon 2 mal Live gesehen und ich wusste genau was mich erwartet. Nur in einer so kleinen Location wie dem 1210 passiert es dann tatsächlich das ich während dem Konzert 2 mal kurz vor die Tür musste da mein Kreislauf sonst definitiv schlapp gemacht hätte. Das ist es was ich meine wenn ich sage das ich schon verdammt lange nicht mehr so an mein Limit gestoßen bin.
    Wenn Sie dann der Sänger der Computers nach dem Konzert bei einem dafür bedankt das man das Crowdsurfing zustande gebracht hat, dann weiß auch ich das ich schon heute weiß das ich beim nächsten Konzert in der Nähe wieder ganz vorne in der ersten reihe stehen werde.
    Vielen dank für eure Aufmerksamkeit und macht weiter so!

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