ROCKET/FREUDENTAL, 17.07.2010, FFUS, Stuttgart
Zum allerletzten Mal spielen Bob Rocket und Andre (Schaden)Freudental im Wägele, da dieses leider dem Projekt Stuttgart 21 zum Opfer fallen wird. Jetzt wird die Bedeutung der weit über 10 Jahre alten Schmähung „Kaputtgart 21“ langsam aber sicher ziemlich klar. Deprimierende Aussicht, die aber heute Abend keine Rolle spielen wird. Die Show war wie immer wild, lustig und verdammt laut – die zwei alten Hasen des Stuttgarter Underground rocken den knallvollen Waggon, rocken wie die Sau.
Gegen Mitternacht geht’s los, und zwar wie angekündigt mit neuem Material, das aus mir leider nicht genau bekannten Gründen noch auf die Veröffentlichung wartet. Irgendwas klemmt da, habe ich gehört. An der Qualität kann es nicht liegen, die geschätzten ersten 4 Stücke der Show haben sofort geknallt. Vom Ding her sind die, soweit man das an der Live-Darbietung erkennen kann, ähnlich zusammengeschustert wie die Lieder von den letzten beiden Alben, sprich hauptsächlich rumpelnde nicht von Menschenhand gemachte Beats, die Gitarre als Sample, dazu der (Sprech)Gesang von Andre Möhl. Gedacht hatte ich es mir ja schon, „echt“ eingespielt sind die Instrumente großteils nicht mehr, es wird gesampelt, was die Maschine hergibt, was mir einer der es wissen muss, noch bestätigt: „Alles geklaut“. Geübte Ohren hören z.B. das Startriff von „My Generation“ von „The Who“ heraus. Falls es so rüberkommt: negativ ist das absolut nicht gemeint, es klingt gut und ist dabei noch praktisch, 2 Typen spielen auf 2,5 Quadratmetern und es hörst sich an, als würde eine 5-köpfige Band rocken, und beim Musikhören ohne Band ist es doch eh Wurscht, wie die Band den Sound herstellt. Andere, z.B. der sehr zum empfehlende Jason Forrest treiben das so auf die Spitze, das auf der Plattenhülle gleich mal klargestellt wird, dass echte Instrumente nicht verwendet wurden.
Geblieben aus der Zeit, als R/F noch arg Richtung Doo Rag geschielt haben, ist das aus Koffer, Eimer und anderem zweckentfremdeten Zeug bestehende Schlagzeug von Robert Steng, das aber soundtechnisch von den Beats aus der Kiste deutlich in den Hintergrund tritt – wirklich notwendig erscheint das Ding nicht mehr, aber das Auge isst ja auch mit. Zur Gitarre greift Andre bei dieser Show überhaupt nicht mehr, man kann also schon von mehr als nur Halbplayback sprechen, aber wie gesagt, ganz egal. Da bleibt natürlich gerade für den sehr guten Frontmann Andre Möhl mehr Raum für sein Feuerwerk an Späßen wie Handstand, rumhüpfen und Stagediving.
Es folgt noch ein Stück, das man als Ballade betiteln kann, dann kommt was alle (Fans) hören wollen, die großen Hits Mick Jagger, 24 Stunden im Leben eines Kunden, Der Affe und der ich, die mal wieder zeigen wie verdammt gut die 2 sind. Stapelweise Scheiße wird auch noch gebaut, also das Stück gespielt, ein Fanclub gibt sich zu erkennen, außerdem übernimmt ein Fan den Gesangspart von einem der letzten Stücke, da Andre mitteilt, den Text nicht mehr zu beherrschen. Wer die Story vom Einstieg Henry Rollins bei Black Flag kennt, dem sei gesagt: Der Arbeitsplatz von Andre ist nicht in Gefahr gekommen, aber es kam (wahrscheinlich) von Herzen.
Keine Frage, super Show, denkwürdige Show. Kommendes Wochenende spielen R/F auf dem Obstwiesenfestival. Darauf angesprochen ist Andre zwar überrascht, aber Robert bestätigt die Show auf dem kostenlosen Festival bei Ulm.
Gig-Blog sagt: Hingehen. Alte und neue R/F-Tonträger: Kaufen.
Hurra!