Autogrammstunde DAVID HASSELHOFF, 13.07.2010, Hugendubel, Stuttgart
Er hat die Berliner Mauer bröckeln lassen, hat meinen Teenie-Traum Erika Eleniak auf die Mattscheibe gebracht, einige der bedeutendsten Songs aller Zeiten geschrieben und uns zuletzt mit tragisch-komischen Privataufnahmen beglückt, die vermutlich selbst Paris Hilton die Schamesröte ins Gesicht getrieben hätten: die Rede ist von David Hasselhoff, oder einfach nur liebevoll: the Hoff!
Hunderte von Fans strömen am Dienstagnachmittag in die proppenvolle Buchhandlung Hugendubel, wo unser amerikanischer Unterhaltungshalbgott eine Autogrammstunde für uns Normalsterbliche gibt.
Hätte ich nicht gedacht, dass hier so der Bär steppt. Okay, ich bin ein Kind der 80er. Ich bin damit aufgewachsen, dass the Hoff, aka Michael Knight, mit Hilfe seines sprechenden Wunderautos K.I.T.T. Wehrlose beschützt und Frauen um den Verstand bringt. Ich saß in der ersten Reihe als the Hoff als Lt. Mitch Buchannon, an der Seite von drallen, knapp bekleideten Strandschönheiten Verbrechen bekämpfte. Ich hab miterlebt wie er vom TV- ins Musikbusiness wechselte und seine Grinsefeige die Cover der Magazine und die Wände von Teenagerzimmern zierte. Ich war zu Tränen gerührt, als er mit seiner Live-Performance von „I’ve been looking for Freedom“ am Berliner Ground Zero quasi den Soundtrack zum Mauerfall geschrieben hat. Da sag ich doch: scheiß auf die Scorpions mit ihrem „Wind of Change“-Geträller. Und auch auf Gorbi und Kohl. The Hoff hat den kalten Krieg beendet. Danach ist es allerdings still geworden um den vielleicht Größten seiner Zunft. Schön, dass er heute dennoch die Aufmerksamkeit der zahlreichen Fans, diverser Fernsehsender und der Presse hat.
Aber wer es verdient, der verdient es einfach. Und so hat es the Hoff nach Jahren in der Versenkung wieder zurück in die Öffentlichkeit und in unsere Herzen geschafft. Unvergessen sein oskarverdächtiger Auftritt auf Youtube. Okay, manch einer mag ihn menschenunwürdig nennen. Unser Sonnenscheinchen liegt hackedicht auf dem Küchenboden, präsentiert sein strammes Brusthaar und versucht verzweifelt lallend ein paar Fleischbrocken vom Boden aufzuklauben. Ich sage: jawoll, er hat uns damit nur bewiesen, dass er ein einer von uns ist. Gut so!
Natürlich gibt es die Ignoranten, die behaupten, er wäre nur ein One-Hit-Wonder oder gleich gar kein Künstler. Denen zeige ich doch den Mittelfinger und sage: „schwach, echt schwach“. Habt Ihr denn Songs wie „Crazy for you“, „Du“ oder „Is everybody happy?“ vergessen? Da geht es um echte Gefühle, um existenzielle Nöte, um das Leben an sich.
Jedenfalls ist dieser verwundbare und doch starke Mensch heute hier und wir alle warten auf ihn. Ein paar wenige ältere und viele junge Fans fächeln sich frische Luft zu, die Stimmung ist ausgelassen und irgendwie hat jeder ein Lächeln im Gesicht. Und dann geht es tatsächlich los. The Hoff bahnt sich seinen Weg durch die johlende Menge, abgeschirmt von Bodyguards.
Mein Gott, sieht der gut aus. Die Locken frisch geföhnt, das Brusthaar medusamäßig aus dem weit geöffneten Hemdausschnitt züngelnd und die Gesichtsfalten glattgebügelt. Unglaublich, der Mann ist 53 Jahre alt. Wir alle warten gebannt auf seine ersten Worte. Und tatsächlich, er weiß was seine Fans erwarten. In fast akzentfreiem Deutsch sagt er unter donnerndem Applaus „Halo, wia geiht’s?“ und beginnt dann auch augenblicklich die ersten Takte von „I’ve been looking for Freedom“ zu trällern. Die Menge ist begeistert, manch einer prustet laut los und hat Tränen in den Augen (vor Rührung und Freude schätze ich mal).
Dann der Schock für alle, die es wagten, hier ohne seine Autobiografie „Wellengang des Lebens“ aufzukreuzen. Denn: irgend ein offizieller Schnösel gibt bekannt, dass man so weder ein Autogramm noch ein Foto mit seinem Idol bekommt. Die Stimmung bleibt trotzdem gelassen. Kann man je eh nicht ändern. Außer das Buch gleich kaufen. Aber das mach ich lieber ein ander Mal. Ein paar der treuesten Fans schaffen es dann doch auch ohne Buch ganz nach vorne. Zwei junge Herren nur mit roten Badehosen und Schwimmflügeln bekleidet beispielsweise. Denen gibt the Hoff dann gleich noch eine Lebensweisheit mit auf den Weg. In eine Hetero-Bar sollen sie heute Abend gehen. Sie nicken artig. Ja gut, so richtig weltoffen ist the Hoff nicht. Egal, Hauptsache er ist cool, hat eine mächtig behaarte Brust und die Menge im Griff. Das schafft er indem er sich nicht zu schade ist, immer dann wenn die Menge unruhig wird, nochmal ein paar Takte „I’ve been looking for Freedom“ anzustimmen.
The Hoff signiert tonnenweise eigene Biografien, eine Original Knight-Rider-Bettdecke und posiert immer freudig lächelnd mit den Besitzern. Eine Gruppe junger Leute scheint es ihm besonders angetan zu haben. Die halten ein Plakat in die Höhe, auf dem zu lesen ist „Thank you for the Mauerfall“. Das geht dem Hoff bestimmt runter wie Öl. Nebenbei stellt er noch seine Tochter Taylor Ann vor und vergisst nicht zu erwähnen, dass er Anfang 2011 mit ihr und seiner zweiten Tochter Hayley auf Tour gehen wird. Ein Traum, die ganze Hasselhoff-Sippe live am Singen. Taylor Ann ist jedenfalls alles andere als unansehnlich. Kein Wunder, da von einem Halbgott gezeugt. Vielleicht könnte the Hoff mit ihr Baywatch neu auflegen.
Nach gut einer Stunde ist dieser wunderbare Nachmittag dann zu Ende. Die sichtlich nervöse und leicht unorganisierte Hugendubel-Belegschaft kann aufatmen. The Hoff has left the building. Through the Hinterausgang, wo ein Taxi auf ihn wartet. Und schon wieder: er ist einer von uns. Andere wären in einer dicken Limousine in die Abendsonne gedonnert. The Hoff hingegen fährt Taxi. Spitzentyp. Und zu guter Letzt nochmal an alle Ignoranten: ich halte es da mit dem T-Shirt-Aufdruck eines weiblichen Fans. Don’t hassel the Hoff!
ohhh, bezaubernd geschrieben und super bilder!! BRAVO!!!!
nicht zu vergessen sein großartiger auftritt im spogebob film https://www.youtube.com/watch?v=DlB_uhhsqT8
habe baywatch als kind voll geliebt (total spannend) und schwöre, ist mir nie aufgefallen dass das irgendwie um sexy bodies in knappen badeanzügen gehen sollte. so sahen doch in den 80er jahren alle frauen aus.
H-A-M-M-E-R-H-A-R-T-!
Danke für diese GALA-Perle, gut, dass Du dort warst.
als Ausgleich müssen wir über eine Aufführung berichten, mit einem experimentellem Ballett, das zu Zwölftonmusik tanzt. Sonst verlieren wir unsere ZEIT-Leser…
hier noch ein paar bewegte bilder https://www.youtube.com/watch?v=lSXGpZtMt1o
awww
Ja Danke. Hab’s selbst kaum glauben können. The Hoff und ich in einem Raum. Hätte sooo gern ein Foto mit ihm gemacht. Aber die 30 Öcken für sein Kunstwerk hatte ich zufällig grad nicht in der Tasche.
Man of the Match: Cassius
Schöner Artikel über das Ereignis des Sommers 2010! Bei mir auf dem Blog gibt’s auch noch ein paar ergänzende Bilder ;-)
Ja, schöner Artikel. :) Sehr gelacht.
Da wäre ich auch soooo gerne gewesen.
Je mehr man davon ließt und sieht, desto mehr Vorstellungen entstehen, wie es wohl gewesen wäre, dort gewesen zu sein…Das weckt alte, fast verschüttet geglaubte Emotionen. ;)
Interessant zu erfahren, daß nur Leute mit Buch ein Foto bekommen haben…Hatte mich schon gefragt, wie das läuft. Oder Körperkontakt, auf den Stuhl neben ihn setzen dürfen etc…
@ Cathrin: hihi, das mit dem „hab ich damals gar nicht bemerkt“, kenne ich irgendwo her. Denke, das lag am Alter. Hat man sich gar nichts bei gedacht.
Heute sehe ich Baywatch auch etwas anders. ;) Am Ende ist es aber, glaube ich, noch schlimmer geworden… Das war dann nur noch nervig. (Oder man war einfach älter…Nein, es war wohl auch penetranter..) Aber es gab ja auch viele andere Gründe, es zu gucken. Und wie gesagt, es fiel einem ja gar nicht auf. ;)
mir schon… :o)
Ja, schon klar ;) Ich meinte ja auch aus Sicht einer ZuschauerIN ;)
Man sieht da wohl in junge Jahren einige anders…
Es gab mal ein Inlead von den Ärzten…(Die Bestie in Menschengestalt) Eigentlich sehr brisant ;) Hab ich wesenlich unbedarfter gesehen. hihi
Ich meine, man hat Frauenkörper etc nicht so sexualisiert wahrgenomen. So könnte man es vielleicht sagen. ;)
Allerdings die Rettungsschwimmer schon ;) Daaaaviiiid, rette mich! *lol*
Ja, Alice im Wunderland kam einem damals ja auch nicht drogenphilosophisch vor. Und ich habe immer Hasselhoffs Hit „Voulez-vous coucher avec moi ce soir“ vor mich hingesungen, ohne zu wissen, dass…
…Du es erst heute ernst meinst!
Don’t Hassle The Hoff!
;)