ELEMENT OF CRIME, 26.01.2010, Theaterhaus, Stuttgart
Wenn es hier im gig-blog so etwas wie Überschriften gäbe, dann würde da jetzt „Kaffee und Karin“ oder „ROMANTIK“ stehen. In Großbuchstaben. Das sagt Sven Regener mehrmals und streckt dabei die Arme gen Hallendecke. Es ist ein sehr, sehr schönes Konzert, das Element of Crime am Dienstagabend im auverkauften Theaterhaus spielen.
Dabei muss man sagen: Ekstase ist anderswo. Viel mehr kontemplatives Lauschen, der, nun ja, etwas älteren Konzertgängerschaft. Die Jüngeren tragen jetzt auf einmal Bart und unterhalten sich vor Konzertbeginn, dass man ins T1 geht und nicht mehr in irgendwelche Jugendhäuser. Und dass George Clooney, Brad Pitt & Co. ja auch Bart tragen.
Sven Regener trägt keinen Bart – und ist trotzdem einer der lässigsten Sänger und Poeten, die Deutschland zu bieten hat. Nach Jochen Distelmeyer natürlich, auf dessen Konzert wir uns in der Manufaktur schon arg freuen. Aber zurück zu Regener, der seit seiner Lehmann-Trilogie womöglich nie wieder arbeiten müsste. Mit seinen vier Mitstreitern auf der Bühne singt er etwa von „Deborah Müller“, was wirklich toll wäre, wenn die Dame hinter mir nicht lauthals jedes Wort mitsingen würde. Wenigstens lässt sie das bei den paar englischen Liedern, die man von Element of Crime aber doch lieber nicht hören würde. Dennoch: Regener darf das.
Die großen Songs sind aber immer jene, in denen Regener von Tristesse global singt, vom Sitzen in Gartencafés und Spargelköniginnen. Das ist Rotweinmusik. Traurige Musik, die trotzdem gute Laune macht. Natürlich macht sich das besonders gut als Soundtrack zu Liebeskummer und anderem schweren Leid. Aber selbst zu ein bisschen Alltagsfrust passt die Musik ganz gut, um sich hier bestens aufgehoben zu fühlen. Bei „Euro und Markstück“ gibt Regener selbst zu, was für ein komisches Lied das doch sei. Um dann noch besser weiterzumachen: „Drama, Liebe, Drogen und Straßenbahnen, das ist alles, was ein gutes Lied braucht.“ Was folgt, ist „Immer da wo du bist bin ich nie“.
„Vielen Dank. Sehr stark“, sagt Regener nach dem Applaus. Und es gibt wohl keinen, der 2010 noch Worte wie „stark“ sagen darf. Außer Regener. Und Distelmeyer.
Der Bericht bringt mich ja fast dazu, mir Element of Crime doch nochmal anzuhören (oder nur die Texte zu lesen?), die Sprachliebhaberei gefällt mir auf jeden Fall. Mein Mitbewohner, der auch da war, sang heute morgen verträumt übers Waschbecken gebeugt: „Kaffee und Karin, Birgit und Bier“ :-)
Find das Album grandios, in jedem Fall erstes Rezept für Herzschmerz und gegen Suizid, hübsch ironische Texte und sehr feine akkustik:)
Ein gemeinsamer Auftritt von Regener und Distelmeyer wäre mal stark.
Eine Frage zu „Traurige Musik, die trotzdem gute Laune macht.“: Gibt es das wirklich?
muss mich grad wirklich ärgern, das konzert verpasst zu haben. was haben sie denn noch schönes gespielt?