GEWALT, FRIENDS OF GAS, 06.02.2018, Goldmark’s, Stuttgart
„Das beste Line-Up seit Sonic Youth mit Nirvana“ jubelt ein Kommentator in der Facebook-Ankündigung. Mit Friends of Gas und Gewalt sind im Goldmark’s tatsächlich zwei Schwergewichte des aktuellen Noise Punk zu Gast. Wird dies eine Doppel-Headliner-Show? Wer supportet hier wen? Das darf man sich angesichts der gleichwertigen Relevanz durchaus fragen. Der Bühnenaufbau lässt aber keinen Zweifel aufkommen: Hier steht alles für Friends of Gas bereit. Mit der Erinnerung an meinen letzten Gewalt-Gig im Komma kommentiere ich die Reihenfolge noch mit einem flapsigen „Nach Gewalt willst du eh keine Musik mehr hören“. Ich ahne ja nicht, wie sehr ich Recht behalten werde.
Auch Friends of Gas sehe ich nicht zum ersten Mal. Der Gig 2017 in der Manufaktur war mächtig, der auf dem Maifeld-Derby eher mittelgut. Die Erwartungen sind jedenfalls hoch, und das Goldmark’s ist bestens gefüllt. Erfreuliche Überraschung: der vorsorglich installierte Gehörschutz kann entfernt werden. Der Sound ist erstklassig. Das Set umfasst neben einigen neuen Titeln natürlich die wichtigsten Tracks vom Debüt-Album „Fatal Schwach“. Es steigert sich kontinuierlich mit jedem Titel und spätestens mit „Kollektives Träumen“ ist klar: Dieser Gig steht dem in der Manufaktur um nichts nach. Im Gegenteil: noch mehr Präzision, noch mehr Dichte und Gitarrist Thomas Westner verzichtet auf überflüssige theatralische Effekte, die es in der Manu noch zuhauf gab. Ansonsten gilt das bereits 2017 gesagte. Um halbelf endet nach einer Stunde die erste Hälfte des Doppel-Konzerts.
Nach einem minutenlangen Blaulicht- und Drumcomputer-Intro betritt dann Gewalt, das Trio um Patrick Wagner die leergeräumte Bühne und beginnt umgehend mit dem, was den Rest den Abends bestimmen wird: Ultraschwere Gitarren- und Bassriffs in infernalischer Lautstärke, monotone Rhythmen und herausgeschrieene, nihilistische Texte in unendlicher Wiederholung. Nichts, was man nicht auch ähnlich von den lokalen Krachmachern kennen würde (sowohl die Nerven als auch Buzz Rodeo sichte ich übrigens im Publikum), in seiner aggressiven Monotonie und im klaustrophobischen Blaulicht-Gewitter ist das aber kaum noch mit normalen Konzert-Maßstäben zu messen. Das ist schon eher eine gewalttätige Performance, deren Intensität nur schwer zu ertragen ist und mich zunehmend aggressiv macht. Die Angst um Gehör und Seelenheil lassen mich mehrmals den Raum verlassen, und noch vor Konzertende gebe ich mich endgültig geschlagen und trete schwer irritiert den Heimweg an. Wie sangen gerade noch Friends of Gas?
Wendet Gewalt an! Gewalt geht immer!
Klingt für mich nach diesem Abend ganz anders. Und würde ich auch so nicht unterschreiben…