BEACH SLANG, 14.02.2016, Zwölfzehn, Stuttgart
„Hi, we’re Beach Slang and we’re here to punch you right in the heart.”
Was will man mehr an einem langsam ausklingenden, grauen Valentinstag. Und dass uns Stuttgarter dieses Vergnügen ereilt, liegt hauptsächlich an dem feinen Bookingnäschen von Sebastian Kränzlein von Kessel Events. Die Beach Slang Tour war eigentlich schon gebucht und die Tourdaten veröffentlicht, aber eine gute Woche später kam dann eben noch der Stuttgart Termin. Nur ein kleiner Umweg auf dem Weg von Luzern nach Saarbrücken und eine Lücke im Tourplan machen es möglich.
Im Gepäck haben Beach Slang auffällig wenig Equipment aber dafür Kiley Lotz als Support. Kiley Lotz musikalisches Ego heißt Petal und als Petal macht sie Singer/Songwriter Musik. Allerdings nicht mit Akustikgitarre sondern mit halbakustischer Epiphone-Gitarre (ein sehr schönes Exemplar übrigens) und viel, viel Verzerrung und somit ordentlich Punk Attitude. Am Ende des Sets wird sie noch ein bisschen unterstützt vom Tourmanager am Schlagzeug und Ed McNulty, dem Beach Slang Bassisten. Das ganze ist dann doch recht kurzweilig, allerdings hauptsächlich wegen der ungewöhnlichen Kombination von Punk Rock mit dem Singer/Songwriter Genre.
Beach Slang als Band sind recht neu im Business. Seit 2014 haben sie zwei EPs und Ende letzten Jahres ihr gefeiertes Debütalbum „The Things We Do to Find People Who Feel Like Us“ veröffentlicht. Mit diesen Songs im Gepäck betouren sie seit diesem Jahr nicht mehr nur die USA sondern auch Europa. Die Mitglieder selbst haben dann doch schon recht viele Jahre auf dem Buckel. Und somit wurden sie recht schnell zu einem Paradebeispiel nie aufzuhören sein Ding zu machen. Dies betont Sänger James Alex auch immer wieder in Interviews. Allerdings sind alle Beach Slang Mitglieder auch seit Ewigkeiten in der Bandszene in Philadelphia unterwegs und somit ist der Erfolg der Band vielleicht doch mehr der Erfahrung zuzuschreiben und nicht ganz so punkmärchenhaft.
Wer wegen dem spärlichen Equipment auf der Bühne einen ruhigen Abend erwartet hat, wird enttäuscht. Ab der ersten Sekunde demonstrieren Beach Slang, dass sie eine laute Band sind. Vielleicht eine der Lautesten. Und mit Sicherheit für das Zwölfzehn und den Musikgenuss ein wenig zu laut. Aber so muss Punk eben sein. Zumindest war das früher so. Und Beach Slang ist eine anachronistische Band. Wenn James Alex sagt, „we would be famous in 1975, but today we have to see how we pay the bills“, trifft er damit genau ins Schwarze.
Die Texte von Beach Slang handeln hauptsächlich vom älter werden bzw. nicht mehr jung sein, gepaart mit einer gehörigen Portion Selbstmitleid. In „Filthy Luck“ ist Alex „a slave to always fucking up“. Und passend zum Valentinstag singt er in „Too Late To Die Young“: „I ain’t ever felt loved“. Den Ansagen von James Alex kann man kaum folgen, aber wird dabei durchaus gut unterhalten. Musikalisch sind die vier Jungs von Beach Slang jedem Zweifel erhaben. JP Flexner bearbeitet die Drums so intensiv, dass man fast schon Mitleid mit dem Schlagzeug bekommt, Ruben Gallego spielt ohne Aufregung ein Hitriff nach dem anderen. Und am wichtigsten bei James Alex; egal auf welche Ideen ihr Frontmann auch kommt, der Rest der Band steigt einfach mit ein.
Beach Slang spielen sich durch ihre beiden EPs und das Album und lassen dabei gefühlt kein einziges Lied aus, auch wenn einige nur angespielt werden. Zwischendrin gibt es einige Auszüge aus dem Schaffen von Bright Eyes, The Replacements, Jawbreaker und Bruce Springsteen. Natürlich immer laut und schön verzerrt.
Nach dem offiziellen Set lassen sich Beach Slang nicht lange bitten und kommen zurück auf die Bühne. Wie ausgewechselt. Nicht dass sie vorher keinen Spaß gehabt hätten. Im Gegenteil. Allerdings herrscht jetzt totale Proberaum- bzw. Tourbusatmosphäre: Ruben Gallego spielt auf Zuruf Rockhits aus dem Effeff, Partytricks werden vorgeführt und Sparwitze ausgepackt. Die Zugabe dauert fast so lange wie das reguläre Set, allerdings bringt die Band nicht mal die Hälfte an Liedern unter. Irgendwann hat wohl jemand im Publikum genug, zählt ein und Beach Slang setzt ein. „Ride The Wild Haze“ ist der endgültige Schlusspunkt. Grandios. Und um es mit James Alex Lieblingskompliment zu sagen, they angus-younged the shit out of Zwölfzehn. Auch, oder vielleicht gerade, im Jahr 2016.