DJANGO ASÜL, 15.12.2013, Theaterhaus, Stuttgart

Foto: Joachim Off

Pfingsten 1998. Rock im Park. Die Haare waren noch nicht vom Kopf auf den Rücken gerutscht. Überflüssige Pfunde gehörten anderen. Die Lunge hat jede Zigarette kommentarlos geschluckt. Und hinter der postpubertären Belastungsstörung ruhte ein weitgehend unangetasteter Lebenshunger. In diesem Zustand landete eine Gruppe Endzehner bis Anfangzwanzger, zu der auch der Schreiberling dieses Artikels zählte, im abseits aufgestellten Comedyzelt und machte dort erste Bekanntschaft mit dem bayrischen Kabarett.

Der Name des Täters: Django Asül.

Theaterhaus, Neuzeit, dritter Advent. Haartrachten sind eingebüßt, überflüssige Pfunde angeschafft, Bronchien trotz erheblich eingeschränkter Nikotionmassage diskutierfreudig. Aus der Nachzwanzger-Belastungsstörung ist eine stille, gesetzte, gewissermaßen handzahme Verzweiflung geworden. Beste Voraussetzung für einen Jahresrückblick mit Django Asül.

Bereits am Anfang ist klar, es wird zünftig. Django unchained sozusagen. Der Watschn-Koffer ist kaum geöffnet, schon setzt es die ersten heißen Ohren. Mappus, Öttinger, der VfB, für jeden ist genug da. Nach einigen Zoten in schönster Bierzeltlaune verlässt Django Baden-Württemberg und kümmert sich um Bayern, Seehofer, die CSU und ihr ‚Schullandheim‘ Wildbad-Kreuth. Dort, in Bayern, verweilt er einige Zeit, lässt das Jahr Revue passieren, absolviert seine Gags, kommentiert den NSU-Prozess, den Fall Mollath, Uli Hoeneß‘ Steuersünde. Zackig, sportlich und routiniert, das Ganze. Die Pointen sind gut gewürzt, nur selten giftig, also von der gefälligen, harmlosen Sorte ohne Bitterstoffe.

Es ist ja Advent, da mag’s die Kabarettfamilie warm und fröhlich.

Und spöttelt gern über die da oben.

Auf dem Gabentisch liegen des weiteren: Die Pferdelasagne, das Brüderleklischee, das Kanzlerhandy, Til Schweiger, Boris Becker, Deutsche Bahn, Mario Götze, Franz Beckenbauer, Lothar Matthäus, Wetten, dass…?, Fettnapf-Steinbrück-mit-Stinkefinger. Jedes Thema ein Schlaglicht, jedes ein dankbares Ziel für Djangos Gagsalven, die selten verfehlen.

Wirklich neue Beobachtungen oder originelle Schlussfolgerungen gibt es indes kaum. Das Allermeiste ist die altbekannte, aufgewärmte Kost des Empörungskabaretts. Und so wird Asüls Gagstakkato, so gut es anfänglich ist, mit fortschreitender Uhrzeit eintöniger, anstrengender und mühseliger. Der dauernde Watschnhagel im stets gleichen Rhythmus ermüdet. Ein bisschen mehr Tiefgang darf es halt schon sein.

Macht aber nichts, es ist Advent. Da hat sich der Bildungsbürger seine Portion Bestätigung unter Gleichgesinnten verdient. Wenn man schon das ganze Jahr über nicht (oder nur in der Kommentarleiste des geonleinten Spiegels) der Besserwisser sein darf, so doch wenigstens einmal. Einmal pro Jahr höhnen, sich einmal gehen lassen, einmal den Rundumservice des 5-Sterne-Gesinnungskabaretts genießen, das darf, das muss erlaubt sein.

Ein Gedanke zu „DJANGO ASÜL, 15.12.2013, Theaterhaus, Stuttgart

  • 18. Dezember 2013 um 15:56 Uhr
    Permalink

    Gut beschrieben.

    Django ist halt kein Djeorg* (Schramm).

    *) Riesengag

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