THE DUBLINERS, 03.11.2011, Theaterhaus, Stuttgart
Dieser Bericht ist gewissermaßen eine Auftragsarbeit. An einem schönen Juliabend des fast vergangenen Jahres haben Schnellkipser Andi Meinhardt und ich den Pogues auf der Freilichtbühne zugehört und darüber einen Bericht gebastelt. Maren Katze schrieb folgenden Kommentar dazu:
„Wow – tolle Fotos, tolle Typen. Inzwischen sehen die Pogues aus – bis auf die Bärte – wie früher die Dubliners! Oh Gott, wie sehen denn dann jetzt die Dubliners aus? Das solltet Ihr beiden am 3.11. im Theaterhaus rausfinden!“
Erstmal herzlichen Dank für so ein nettes Lob, meine Liebe, an dieser Stelle!
Bilderschütze Meinhardt meinte damals nur: „Wenn die Dame sagt, wir sollen zu den Dubliners, dann müssen wir!“ Zwei Stimmen gegen eine und so bin ich halt mit. Nun ja, mit Händen und Füßen habe ich mich auch nicht gerade gewehrt. Es ist nur so, arg viel mehr als diese Vinyl-Best-of-Scheibe, die bei meinem Vater im Plattenschrank steht und der Tatsache, dass die Jungs Iren sind, weiß ich nicht von der Kapelle.
Liest man im deutschen Wikipedia-Eintrag herum, findet sich dieses Schmankerl des virtuellen Laienenzyklopädismus zur Beschreibung der Tatsache, dass es in der seit 49 Jahren aufspielenden Truppe eine höhere Musikerfluktuation gab:
Die Wechsel in der Besetzung hatten unterschiedliche Gründe: Einzelne Mitglieder, wie Kelly, Drew, Lynch und McCann, verließen die Band zeitweise oder auf Dauer, um Soloprojekten nachzugehen, andere zogen sich aus dem aktiven Musikleben zurück. Ciarán Bourke erlitt 1974 während eines Auftritts in Bournemouth eine Gehirnblutung, an deren Folgen er 1988 starb. Luke Kelly starb 1984 an den Folgen eines Hirntumors. Ronnie Drew starb am 16. August 2008 in Dublin an Kehlkopfkrebs.
Hirntumore, Gehirnblutungen und Kehlkopfkrebse mit tödlichem Ausgang sind wirklich echte Gründe von der Bühne abzutreten, ich müsste den Bericht hier sicherlich auch nicht mehr schreiben, wenn ich mir heute noch spontan die Pfoten amputiert hätte! Das sollte und könnte doch noch etwas eleganter formuliert werden, liebe Wikipedisten.
Wie läuft’s denn musikalisch in Stuttgart? Nun, das „geriatric quintett“ hat in der Landeshauptstadt eindeutig ein Heimspiel. Dafür hätten sie nicht den Anfang der „Schwäbischen Eisenbahn“ anstimmen müssen, aber das hilft natürlich ungeheuer. Fast ausverkauft ist der größte Saal am Pragsattel und um mich rum hocken nur fröhliche Fans, die eifrig mitklatschen und bei jedem Song miteinander tuscheln, ob der vor einem Jahr auch schon gespielt worden wäre. Die Gemeinde der Suebo-Iren ist komplett anwesend und hier haben sich heute alle zum Abendbrot die Laugenbrezeln mit Kerry Gold geschmiert.
Aber auch mein erstes Mal ist schön. Die Herrschaften auf der Bühne wissen ganz genau wie’s geht. Jeder Ton sitzt. Gesangs- und Instrumentalstücke wechseln sich ab. In der ersten Hälfte gibt es die etwas unbekannteren „great little Songs“, die Hits kommen erst nach der Pause. Es geht natürlich um das Erwartete und Gewünschte: Trinken und Feiern, untreue Frauen, schöne Frauen, Seeleute, die den Heimathafen nie mehr wiedersehen und um den Pub, dem das Bier ausging. „Wild Rover“, „Whisky in the Jar“ kennt hier jeder und „Dirty Old Town“ ist natürlich auch dabei. Beeindruckend ist, wie gut Barney McKenna, der einzige von der Urbesetzung mit den anderen Vieren mithalten kann, der Mann ist immerhin Jahrgang 1939. Da weht schon ein Hauch von Folkmusikgeschichte durch den Saal.
Als nach gut zweieinhalb Stunden das Licht angeht, gibt’s Standing Ovations – einige müssen sicherlich auch die ersten in der Bahn sein oder haben von den vielen Trinkliedern einen enormen Durst bekommen, das Spiel kennt man ja. Den 2. November 2012 haben sich sicher einige schon im Kalender ganz dick und rot umkringelt angestrichen, da sind sie wieder in Stuttgart und feiern ihr fünfzigjähriges Bühnenjubiläum und wären dann die erste irische Band im besten Schwabenalter!
Schöner Bericht !
Möchte anmerken dass John Sheahan gemeinhin ebenso als Urmitglied gilt, auch wenn er nie Bestandteil der „Ronnie Drew Ballad Group“ war, sondern erst 1964 dazustiess, als sie bereits „The Dubliners“ hiessen.
Ebenso war er eben Bestandteil der „definitiven“ Dubliners Besetzung (in etwa das was für Deep Purple Fans die Mark II Besetzung ist): Drew, Kelly, McKenna, Bourke, Sheahan !
Grüße
Dankeschön für’s Lob – man tut halt was man kann.
Danke auch für diese Anmerkung zur Bandgeschichte und zu „Dann-doch-Urmitglied“ John Sheahan. Ich bin halt (wie ich ja schon zugegeben habe) nicht so drin im Thema. Aber solche Probleme kennt man ja von etlichen Kapellen, sogar bei den Beatles werden ja immer drei wichtige Mitglieder vergessen! An Pete, Stu und George denkt keiner mehr!
(Nur wir Fans vergessen halt nix)
Grüße zurück.
Wow! Christian, ich bin begeistert von diesem bezaubernd geschriebenen Bericht! Dich kann man tatsächlich schicken … Ich bin froh, dass Du einen schönen Abend hattest!
Bis bald
Die Frau Katze
Merci vielmals! Ist aber alles Deine Schuld, meine Liebe.
Toller Bericht, er spiegelt genau das wieder, was ich am 26.11. in Aurich erlebt habe. Nur eine kleine Anmerkung am Rande: John Sheahan ist sogar noch älter als Barney, zwar nur ein paar Monate, aber ich war jetzt schon bei einigen Dubliners Konzerten und er erschien mir jedes Mal als der Fitteste (entschuldigt mein Denglisch, mir fiel gerade nix besseres ein) von den Fünfen … Gruß, Thomas