JAYA THE CAT, 30.04.16, Keller Klub, Stuttgart

JAYA THE CAT, 30.04.16, Keller Klub, Stuttgart

Foto: Michael Haußmann

Na also, geht doch! Endlich mal wieder ein Gig, der in allen Kategorien die volle Punktzahl einstreicht. Das Konzertjahr 2016 fand ich bisher nämlich eher mau. Der bisherige Gig des Jahres war ein selbstorganisierter, der Rest (mit wenigen Ausnahmen) eher Mittelmaß bis enttäuschend. Die Reggae-Punker Jaya The Cat haben gestern im Keller Klub aber nicht nur einen wahrhaft umwerfenden Gig abgeliefert, sie haben auch mein Koordinatensystem in diesem Sub-Genre neu justiert.

JAYA THE CAT, 30.04.16, Keller Klub, Stuttgart

Foto: Michael Haußmann

Punk und Reggae. Klingt ja erstmal nicht unbedingt so, als wenn das gut zusammenpassen würde. Dabei ist es schon eine alte Tradition. Punk- und Reggaebands sollen, so die Legende, im London der späten 1970er viele gemeinsame Gigs gemacht haben, The Clash oder auch The Slits haben Reggae- und Ska-Titel in ihr Repertoire aufgenommen und selbst Bob Marley hat dem Thema mit “Punky Reggae Party“ einen Titel gewidmet.

JAYA THE CAT, 30.04.16, Keller Klub, Stuttgart

Foto: Michael Haußmann

Dass die beiden Genres aber zu einem Sound fusioniert wurden, ist eher eine amerikanische Erfindung. In den 1990ern haben Bands wie Tim Armstrongs Rancid, Sublime oder die Mad Caddies diesen Crossover-Sound geschaffen. Weitgehend ein Phänomen der Westküste, Jaya The Cat haben das Genre aber nach Boston gebracht. 2007 ist die Band um den zauseligen Frontman Geoff Lagadec dann allerdings nach Amsterdam umgesiedelt, wurde zum Teil neu besetzt und ist seitdem in Europa regelmäßig auf Tour.

JAYA THE CAT, 30.04.16, Keller Klub, Stuttgart

Foto: Michael Haußmann

Die aktuelle Frühjahrstour wurde ganz kurzfristig angekündigt. Dennoch hat der kurze Vorlauf genügt, den Keller Klub zu gut Dreivierteln zu füllen. Der optimale Füllungsgrad übrigens, wie der Abend zeigen sollte. Das Publikum gut gemischt, zum größten Teil harte Fans, was den Spaß am Gig ebenfalls sehr erhöht. Darunter übrigens auch eine putzig anzusehende Abordnung der Turbojugend Spätzlepower.

JAYA THE CAT, 30.04.16, Keller Klub, Stuttgart

Foto: Michael Haußmann

Um viertel vor neun betreten die fünf Musiker die Bühne, und wer den straffen Zeitplan des Keller Klubs kennt, weiß, dass dies kein besonders langes Konzert werden wird. Um 23 Uhr ist die nächste Veranstaltung angekündigt, da wird also um 22 Uhr Schluss sein. Was dann aber in den nächsten 75 Minuten geschieht, gehört für mich zu den besten Konzerten seit langem. Aus dem Stand hauen Lagadec und seine Mannen einen derart druckvollen und perfekt getimeten Sound raus, dass das Publikum gar nicht anders kann, als von der ersten bis zur letzten Minute zu tanzen. Auch wenn der sympathische Lagadec sicher nicht zu den größten Stimmwundern gehört, ist seine Bühnenpräsenz, sein perkussives Gitarrenspiel und das permanente Antreiben fraglos eines der Geheimnisse des Erfolgs. Die Rhythmus-Sektion gehört zum Feinsten, was ich seit langem in diesem Genre gehört habe und Bassist „Jay“ Onverwagt verliert trotz erheblichem Whiskey-Genusses nie den gewaltigen Druck.

JAYA THE CAT, 30.04.16, Keller Klub, Stuttgart

Foto: Michael Haußmann

Und wir stellen erfreut fest, dass die Anlage im Keller Klub inzwischen tatsächlich die Qualität hat, dies alles sehr transparent, druckvoll und wohlklingend rüberzubringen. Kurzum: dieser Gig erfüllt geradezu mühelos alle Qualitätskriterien. Überragende Performance, feiner Sound, angenehmes, tanzfreudiges Publikum. Heftiger, aber nicht aggressiver Moshpit. Da wundert es dann auch kaum, dass die Meute trotz der Kürze des Konzerts hochzufrieden, komplett durchgeschwitzt und mit seligem Grinsen in die noch junge Samstagnacht hinaus stolpert. Ein Set, wie es tighter kaum sein kann, ohne jegliche Längen. Musikalisch übrigens abwechslungsreicher, als man erwarten würde: Neben Reggae, Punkrock und Ska gibt’s auch Einsprengsel von Calypso und Irish Folk. Dies alles von fünf Musikern dargebracht, von denen jeder mit maximaler Spielfreude zu Werke geht. Und ich gestehe ein: die Mad Caddies, meine bisherige Bezugsgröße in diesem musikalischen Quadranten, sind mit dem heutigen Gig auf Platz zwei gerutscht.

JAYA THE CAT, 30.04.16, Keller Klub, Stuttgart

Foto: Michael Haußmann

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