ORACLES & NARRATORS, BERGFILM, 11.04.2015, Rakete, Stuttgart
Zur richtigen Zeit dabei sein, einen ungeschliffenen Rohdiamanten abgreifen, bevor er weitergereicht wird. Wir wollen dabei sein. Deshalb geht es heute zu Bergfilm, die im Rahmen ihrer „Open Home“ Tour in der Rakete spielen. Zwei Jahre jung an Bandjahren wurden sie u.a. im Januar bei der Cologne Music Week gefeiert. Voll war es im Stadtgarten und keiner wurde mehr reingelassen. Heute sind es ca. 30 Leute – mit Nicht-Mitte-Zwanzig sind wir leicht in der Unterzahl.
In der Rakete gibt es erstmal Support von dem jungen Mannheimer „Oracles & Narrators“ ausgestattet mit E-Gitarre, Synthie und vielen Loops und Samples Klängen, steht er umringt im bereits aufgebauten Instrumentenpark von Bergfilm. Es ist sein erster Live-Auftritt verraten später „Bergfilm“ in ihrem Set. Zur abschließenden Stärkung steht die Flasche Rotwein neben seinem Synthesizer für ihn bereit, dann mal „Prost“ zu dem gelungenen Live-Debüt!
Nach kurzer Pause geht es weiter mit „Bergfilm“. Der Bandname bietet Raum für weitumspannende Assoziationen und Sehnsüchte, ein Filmgenre verortet in einer unberechenbaren Bergwelt, versehen mit dem Typus risikobereiter Einzelgänger, die sich mit letzter Kraft aus einer Gletscherspalte ziehen oder Bergbewohnern, die in Ödnis oder Abgeschiedenheit leben.
So düster geht es bei „Bergfilm“ nicht zu, musikalisch bietet das Kölner Quartett die Projektionsfläche Elektropop mit einem Hauch Ambient, also ganz weit hinter den Gipfeln erstrahlt das wärmende Licht der Bergsonne.
„Slow“ startet mit verspielten Sounds, die an Atari-Spiele erinnern. Mit Synthesizern ist die Band bestens ausgestattet. Dafür gibt es Christoph Franke und Marian Schütt. Mal in breite Songflächen gehend, mal auf minimalistische Art verzieren sie harmonisch die Songstrukturen und Melodien.
„Wir können ein bisschen Stimmung gebrauchen“, Sänger und Gitarrist Arthur Lingk bittet das Publikum etwas weiter vorzukommen. Das stimmt in der Tat, in den Songs steckt auch Disco, aber es wird etwas Anlauf benötigt, bis das Saturday Night Fever aufflammt. Der „Open Home“-Beat schafft es, dass das leichte Kopfnicken in die Beine übergeht. Sehr lebendig steuert Schlagzeuger Manuel Rädler viel Energie dazu bei. In der ersten Reihe finden sich Stimmungsanheizer und Tänzerinnen. Wobei „Bergfilm“ keinen monotonen Elektro- Auf-die-Zwölf-Partysound produzieren, dafür ist der Klang irgendwie feiner und mit einer filigraneren Klangästhetik versehen. „You are so wrong“ singt Arthur Lingk mit vollster Inbrunst und tiefer markanter Stimme. Sein nebliger verhallter Gesang wirkt herübergeweht wie ein fernes Echo.
Das Opener Stück „Child“ gibt es nochmal als Zugabe, begleitet vom Geruch eines angeschmorten Kabels. Die Band kommt zum Abschluss zusammen und stellt sich in einer Reihe auf und verbeugt sich freundlich vor dem Publikum. Dass zeigt einen sympathischen Zusammenhalt in Band, wie ich finde. Am Merch wird noch die EP gekauft, da wurde während des Auftritts dezent draufhingewiesen. Mal im Auge behalten, wie es für Bergfilm und ihren Sound weitergeht, die kommende Festivalsaison wird es zeigen.
Wär ich in Stuttgart gewesen, wär ich wohl doch lieber ins Galao gegangen zu A Forest… :)