ORANSSI PAZUZU, HEALTHYLIVING, 16.10.2025, P8, Karlsruhe

ORANSSI PAZUZU, HEALTHYLIVING, 16.10.2025, P8, Karlsruhe | Foto: Steffen Schmid
Foto: Steffen Schmid

Das P8 hat sich bei uns mittlerweile als erste Anlaufstelle für die ganz besonderen Künstler*innen aus v.a. den härteren musikalischen Gefilden etabliert. Ob die großartigen Doom and more Band Messa, die Jazz-Death-Black-Metaller Imperial Triumphant, kosmische Death Metaller vom Schlage Ad Nauseam und Devoid Of Thought, hasserfüllter Alptraum Metal wie Black Curse oder feministische Black Metal Nackedeis wie Witch Club Satan. Alles sehr besonders, alles sehr gut. Heutige Erwartung ganz klar: die finnischen Black Metal Avantgardisten von Oranssi Pazuzu werden uns wieder einen besonderen Abend im P8 bescheren.

ORANSSI PAZUZU, HEALTHYLIVING, 16.10.2025, P8, Karlsruhe | Foto: Steffen Schmid
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Ungewohnt früh, aber umso besser, um 19:30 Uhr betreten healthylving aus Edinburgh (Sängerin-Bassistin sowie Gitarrist), bzw. Dresden (Schlagzeuger) die Bühne. Nicht die leiseste Ahnung habend was mich erwartet, gefällt mir der erste Song schon mal sehr gut. Das einfache, aber im Ohr bleibende Gitarrenmotiv in Verbindung mit der herausragenden Stimme von Amaya López-Carromero erzeugen eine einnehmende melancholische Stimmung. Auch der zweite, bis kurz vor Ende nur aus Strophen bestehenden Song, bedient über weite Teile diesen Gemütszustands. Überrascht dann aber mit einem aus dem Nichts kommenden Refrain, der plötzlich hell und positiv klingt.

ORANSSI PAZUZU, HEALTHYLIVING, 16.10.2025, P8, Karlsruhe | Foto: Steffen Schmid
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Metal ist das zu Großteilen nicht. Irgendwo im Bereich Indie, Alternative, Postrock oder von mir aus Postmetal könnte man das wohl ansiedeln, aber das Trio beeindruckt mit Atmosphäre und trotz aller Schwermut mit im Ohr bleibenden Liedern. Beim vierten Track gibt es mal einen heftigeren Ausbruch ins Noisige. Der Höhepunkt ist das abschliessende „Obey„. Eine langsam sich aufbauende Klage und trotzdem mitreißend. Toller Abschluss eines sehr guten Opening-Sets.

In der Umbaupause läuft Hip Hop. Seltsam! Fast noch seltsamer: Ich, als bekennender nichts-mit-Hip-Hop-anfangen-könner shazame erfolgreich einen Song, der mir gefällt. „Club Down“ wird uns dann auf der Heimfahrt nochmal begleiten. Ein merkwürdiger Song mit bedrückenden Synthiesounds. Und das ist dann wohl auch das verbindende Element zum Auftritt Oranssi Pazuzus.

Die finnischen Fünf als Black Metal Band zu beschreiben greift viel zu kurz. Ja der kreischende Gesang ist es eindeutig, ebenso die kalte, abweisende Atmosphäre der Musik und der höllische „Lärm“, der teilweise fabriziert wird. Aber der starke, sowohl rhythmische wie auch atmosphärische Einsatz von Synthies, sowie fast grundsätzliches Fehlen von Blast-Beats und Tremolo-Picking machen aus der Musik ein ganz eingenes Biest.

ORANSSI PAZUZU, HEALTHYLIVING, 16.10.2025, P8, Karlsruhe | Foto: Steffen Schmid
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Schon während des ersten Songs kreiert die Band eine Stimmung, als würde man an einer Dämonen-Disco im Jahr 3000 teilnehmen. Das beunruhigende Geschrei des Sängers, die Monotonie und Atonalität der Gitarren sowie die unheilvollen Keyboardklänge…faszinierend. Beim dritten Song hat man das Gefühl die Welt würde jetzt in Chaos und Lärm untergehen, ein hypnotischer Alptraum. Der zweite Gitarrist bewegt sich passend dazu wie ein Besessener. Das Tempo der Musik ist dabei oft im mittleren Bereich angesiedelt. Also nicht die typische Black Metal Raserei. Oft ist auf der Snare ein dub-artiger Hall drauf, was das Gefühl der Weite und Entfremdung noch verstärkt. Ein anderer Song wird durch Klavierkaskaden geprägt, die für mich so klingen, als würden sie eine Psyche im Zustand des Verfalls abbilden.

ORANSSI PAZUZU, HEALTHYLIVING, 16.10.2025, P8, Karlsruhe | Foto: Steffen Schmid
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Innerhalb dieses erschaffenen, unheilvollen Klangkosmoses gibt es dabei durchaus Variationen. Nicht jeder Song ist dabei ein hundertprozentiger Wirkungstreffer. Aber wenn es funktioniert, erleben wir musikaltraumatische Grenzerfahrungen vom Allerfeinsten. Am besten vielleicht erfahrbar während der Zugabe. Bevor der Song sich in psychedelisch-krautrockigen Improvisationen verliert, erleben wir, oder zumindest ich, mit die beeindruckendsten musikalischen Momente des Jahres 2025. Ein unaufhaltsamer Marsch. Gitarre, Schlagzeug und Bass zwingen ungewont straight einen Rhythmus auf, der unterlegt mit so flirrenden wie geisterhaften Keyboardsounds einen Sog erschafft, der sich gewaschen hat. Der beängstigendste Trip auf dem man jemals war, und den man nur zu gerne wieder auf sich nehmen würde. Diese otherwordly Stimmung nach dem Konzert wieder loszuschütten wird dann einige Zeit benötigen.

Ein Abend, der einen so schnell nicht loslässt, endet nach ca. 75 Minuten. Die Welt, in die wir entlassen werden ist zur Zeit keine Schöne. Aber wahrscheinlich doch (noch) eine weniger Unheilvolle, als die von Oranssi Pazuzu.

ORANSSI PAZUZU, HEALTHYLIVING, 16.10.2025, P8, Karlsruhe | Foto: Steffen Schmid
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Oranssi Pazuzu

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