IRIE RÉVOLTÉS, 03.10.2025, Im Wizemann, Stuttgart
Punkt 20:15 Uhr ertönen die ersten Takte des Intros und wenig später stürmen Irie Révoltés auf die Bühne im Wizemann. Und es ist, als wenn die letzten acht Jahre, die weltweit weiß Gott wenig Positives gebracht haben, schlagartig verschwunden sind. Das Auftaktkonzert zur Hallen-Runde der „Irieunion“-Tour beginnt exakt so, wie die Abschiedskonzerte 2017 geendet haben: Mit einer massiven Energie- und Gute-Laune-Offensive, die schlagartig ins Publikum schwappt und schon beim ersten Song eine Stimmung entfacht, die andere Gigs erst kurz vor der Zugabe erreichen. Carlo und Pablo aka Carlito und Mal Élevé sind fit wie damals und lassen keine Zweifel daran aufkommen, dass dieser Gig genauso intensiv und lang werden wird wie die früheren.
Ganz ehrlich: Richtig weg waren Irie Révoltés eigentlich nie. Kaum eine Demo gegen Rechts, auf denen ihre Songs nicht zur Erbauung und Motivation gespielt wurden. Und so ist der Rechtsrutsch wohl auch eine Motivation für die Reunion gewesen, wie Mal Élevé in einem Interview verriet: „Es hatte längere Gespräche gebraucht, mich von einem Comeback zu überzeugen. Gucke ich mir aber die Geschehnisse weltweit oder einfach die Wahlergebnisse bei uns an, merke ich, dass es schon ein richtiger Moment ist, jetzt mit unseren Messages wieder auf der Bühne zu stehen.“
Und so ist dieser Gig, der, wie die meisten auf der Tour, sehr schnell ausverkauft war, auch ein gemeinsames Erlebnis zur Selbstvergewisserung, dass es nicht nur Rechte gibt und der Kampf noch nie verloren ist. Irie Révoltés waren schon immer eine linke Band und verpacken ihre expliziten Botschaften gegen Menschenverachtung und Dehumanisierung, für Internationalität und Solidarität in griffige Songs mit hohem Partyfaktor. „Tanz deine Revolution“, wie Rainer von Vielen sagen würde. Das explosive Gemisch aus Ska, Reggae, Raggamuffin, Dancehall und Rap, fetten Bläserfanfaren und pumpendem Bass mit seinen extrem mitsing-tauglichen Refrains gibt der Polit-Party den Spaßfaktor.
Ein Intermezzo von Mal Élevé mit zwei seiner Songs nutzt dieser, um Werbung für sein nächstes Konzert in Stuttgart zu machen. Am 28.10.2026 macht seine „Résiliance Tour“ im Wizemann halt. Bei „No Pasaran“ werden die Antifa-Fahnen entrollt und der Refrain „Alerta Antifascista“ bringt die Halle ein weiteres Mal zum Ausrasten.
Nach knapp zwei Stunden tauchen Carlito und Mal Élevé plötzlich ganz hinten am Mischput auf und singen von dort „Merci“, das wie alle Songs lautstark und textsicher mitgesungen wird. Da hat das Schulfranzösisch plötzlich einen Sinn. Schwer vorstellbar, aber es ist noch eine Steigerung möglich: Mit ihren Hits „Antifaschist“, „Rebelles“ und „Explosion“ geben die Heidelberger dem Publikum den Rest. Unter den Tönen von „Bella Ciao“ strebt eine glückliche, verschwitzte Menge der frischen Abendluft entgegen. Und wir mögen es – wie anno 2017 – einfach nicht glauben, dass wir diese ebenso mitreißende wie wichtige Band ein letztes Mal gesehen haben sollen. Gerade jetzt, wo sie doch dringender benötigt wird als je zuvor.
Und wir hegen einen leisen Wunsch: Vielleicht gibt es ja nochmal ein Wiedersehen auf dem Chiemsee Reggae Summer, wo Irie Révoltés nicht nur riesige Erfolge hatten und quasi zu einer Hausband wurden, sondern auch wir sie erstmals gesehen haben? Dieses Festival, das nach einer Auszeit von zehn Jahren 2026 wiederbelebt wird, ist doch ohne Irie Révoltés – oder zumindest Mal Élevé – eigentlich nicht denkbar.
