JUDAS PRIEST, ACCEPT, PHIL CAMPBELL AND THE BASTARD SONS, 17.06.2025, Schleyerhalle, Stuttgart

JUDAS PRIEST, ACCEPT, PHIL CAMPBELL AND THE BASTARD SONS, 17.06.2024, Schleyerhalle, Stuttgart | Foto: Holger Vogt
Foto: Holger Vogt

Ein Abend wie gemalt für nostalgisch gestimmte Hard- und Heavy-Rocker*innen, die heute die stabile Kerntruppe des mehr als 8.000-köpfigen Publikums in der Schleyerhalle bilden. Anreise bei herrlichstem Sommerwetter, eine gut gefüllte Arena mit gut gelaunten und motivierten Menschen – dazu ein Package, das fast schon als kleines Festival durchgehen könnte. Sehr erfreulich, dass sich dieser Booking-Trend mittlerweile etabliert hat: statt Zeit stehlender C-Truppen bucht man hochkarätige Bands, auf die man sich freuen kann und was sich auch an den präsentierten T-Shirts ablesen lässt. Auch sonst ist das Event top professionell organisiert, Licht und Sound sind von Anfang an bestechend – was hat man sich in den 80ern bei vergleichbaren Auftritten mit unterirdischen Soundverhältnissen rumquälen müssen …

JUDAS PRIEST, ACCEPT, PHIL CAMPBELL AND THE BASTARD SONS, 17.06.2024, Schleyerhalle, Stuttgart | Foto: Holger Vogt
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Beginnen wir den Abend also mit Phil Campbell and the Bastard Sons: Auskenner*innen wissen natürlich, dass Campbell mehr als 30 Jahre lang Gitarrist bei Motörhead war. Viel mehr Credibility geht also kaum und der cool gebliebene Mittsechziger lässt sich auch nicht lumpen und spielt mindestens zwei Motörhead-Songs („Going To Brazil“ und „Ace Of Spades“). Gemeinsam mit drei Söhnen und dem durchaus beeindruckenden Shouter Joel Peters spielen die Briten dreckigen Hardrock und Street-Rock’n’Roll, der auch sehr gut ankommt – eine ebenso sympathische wie perfekt platzierte Einheizer-Truppe, die man sich gerne auch als Top-Act anschauen würde.

JUDAS PRIEST, ACCEPT, PHIL CAMPBELL AND THE BASTARD SONS, 17.06.2024, Schleyerhalle, Stuttgart | Foto: Holger Vogt
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Nach kurzer Umbaupause stehen Accept sechs Mann stark auf der Bühne. Auch wenn der prägende Sänger Udo Dirkschneider schon seit etlichen Jahren nicht mehr dabei ist, darf man die Solinger zweifellos als eine der wichtigsten deutschen Hardrock- und Metalbands sehen. Ich durfte sie zwar bereits in den 80ern als Teenager live erleben, hatte Accept aber längst aus den Augen (und Ohren) verloren. Sehe aber bei der Recherche, dass sie nach mehreren Neustarts auch in den letzten Jahren sehr aktiv waren. Und so klingen sie auch in der Schleyerhalle. Mit gleich drei Gitarren, darunter die von Urgestein Wolf Hoffmann, sowie dem „neuen“ Sänger Mark Tornillo (seit 2009). Den finde ich gleich ebenso gut (und stimmlich erstaunlich nah an Dirkschneider) wie die gesamte Band. Der Sound ist wuchtig und die Band erkennbar motiviert. Drei Gitarren braucht man ja eigentlich höchstens beim Southern Rock, hier funktioniert es aber super und der Sound bleibt transparent.

JUDAS PRIEST, ACCEPT, PHIL CAMPBELL AND THE BASTARD SONS, 17.06.2024, Schleyerhalle, Stuttgart | Foto: Holger Vogt
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Leider wird fast der gesamte Auftritt von Problemen mit der P.A. geprägt, die immer wieder kurze Komplettaussetzer hat. Das schmerzt Band und Publikum, wenn in dramaturgisch wichtigen Momenten plötzlich nur noch der Drummer zu hören ist. Das Set funktioniert dennoch hervorragend, die Fans gehen begeistert mit – spätestens beim legendären „Heidiheido“-Intro von „Fast As A Shark“, mit dem Accept schon 1982 das Thrash- und Speedmetal-Genre definierten. Aber auch Knaller wie „Restless And Wild“, „Princess Of The Dawn“ und „Balls To The Wall“ funktionieren super – gerade auch, wenn man sie seit 30 Jahren nicht mehr gehört hat. Bin beeindruckt.

JUDAS PRIEST, ACCEPT, PHIL CAMPBELL AND THE BASTARD SONS, 17.06.2024, Schleyerhalle, Stuttgart | Foto: Holger Vogt
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Aber jetzt ist Zeit für den Metal God Rob Halford und Judas Priest – aus den ganz frühen Jahren ist Basser Ian Hill noch dabei, aber auch die anderen Bandmitglieder sind seit etlichen Jahren an Bord. Seit dem letzten Auftritt vor drei Jahren hat sich also wenig geändert – es freut mich aber sehr, dass heute deutlich mehr Menschen da sind als 2022. Nach weit über einem halben Jahrhundert sind Judas Priest also am Wachsen und ruhen sich keinesfalls auf Heldentaten aus längst vergangenen Tagen aus.

JUDAS PRIEST, ACCEPT, PHIL CAMPBELL AND THE BASTARD SONS, 17.06.2024, Schleyerhalle, Stuttgart | Foto: Holger Vogt
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Über Halford muss man nicht mehr viel sagen – wo sonst gibt es einen offen schwulen und angenehm selbstironischen Glitzer- und Leder-Opa als Rocksänger mit einer unfassbaren Sirenenstimme, der auch mit 73 die denkbar höchsten Töne mit Kraft und Würde herauspresst – immer wieder beeindruckend. Habe gerade seine Autobiografie „Confess“ gelesen, was mir den Kerl nur noch sympathischer macht. Vor drei Jahren fand ich ihn auch etwas hüftsteifer als heute, wobei sein gravitätisches Abschreiten der Bühne schon etwas skurril ist. Wie auch seine ständig wechselnden Kutten. Die erste ist die beste, mit einer glitzernden Brezel auf dem Rücken.

JUDAS PRIEST, ACCEPT, PHIL CAMPBELL AND THE BASTARD SONS, 17.06.2024, Schleyerhalle, Stuttgart | Foto: Holger Vogt
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Das Bühnenbild ist diesmal eher schlicht, die Video-Projektionen etwas erratisch – dafür ist der Sound enorm druck- und kraftvoll, laut und heavy – könnte nicht besser sein. Die Setlist startet fulminant: Unter den ersten fünf Songs gleich drei Monsterhits: „You’ve Got Another Thing Comin’“, „Freewheel Burning“ und – huch, jetzt schon – „Breaking The Law“ – wow! Allerdings folgt dann eine wohl nicht nur für mich recht lange Durststrecke ohne echte Highlights, dafür mit neuen Songs und (zu) vielen vom 1990er „Painkiller“-Album, dessen 35-jähriges Jubiläum aus meiner Sicht eher überflüssigerweise gefeiert wird.

JUDAS PRIEST, ACCEPT, PHIL CAMPBELL AND THE BASTARD SONS, 17.06.2024, Schleyerhalle, Stuttgart | Foto: Holger Vogt
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In meinem Umfeld spricht man in so einem Fall vom Cure-Syndrom, die es ja oft schaffen, ihre Hits ganz am Anfang und dann erst wieder nach zwei Stunden weitgehender Ereignislosigkeit bei den Zugaben zu verbraten (okay, die Meinungen gehen da auseinander). So schlimm ist es dann aber nicht, Judas Priest spielen ihr Publikum aber schon ein bisschen müde. Was hätte man mit einer ausgewogeneren Hitverteilung an diesem Abend reißen können.

JUDAS PRIEST, ACCEPT, PHIL CAMPBELL AND THE BASTARD SONS, 17.06.2024, Schleyerhalle, Stuttgart | Foto: Holger Vogt
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Der Zugabenteil versöhnt dann aber schnell wieder auch die miesepetrigsten Metalheads: Ist halt immer wieder eine Schau, wenn Halford mit röhrendem Motor auf seiner fetten Harley auf die Bühne rollt, die Reitpeitsche im Maul. „Hell Bent For Leather“ heißt die programmatische Nummer. Und ganz zum Schluss darf dann zu „Living After Midnight“ wieder aus vollem hals mitgegröhlt werden.

JUDAS PRIEST, ACCEPT, PHIL CAMPBELL AND THE BASTARD SONS, 17.06.2024, Schleyerhalle, Stuttgart | Foto: Holger Vogt
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Fazit: Judas Priest sind fit und fast schon eine wenig übermotiviert – mit etwas mehr Augenmaß und einem volksnäheren Programm hätte dieser Abend noch richtig explodieren können und das Grinsen der Fans wäre noch breiter gewesen. Aber auch so war’s zumindest für nostalgisch gestimmte Veteran*innen ein Fest. Besonderes Gütesiegel für überzeugenden Retro-Touch: Jede der heutigen Bands stand mit einer wunderschönen Flying V-Gitarre auf der Bühne.

JUDAS PRIEST, ACCEPT, PHIL CAMPBELL AND THE BASTARD SONS, 17.06.2024, Schleyerhalle, Stuttgart | Foto: Holger Vogt
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Judas Priest

Accept

Phil Campbell and the Bastard Sons

2 Gedanken zu „JUDAS PRIEST, ACCEPT, PHIL CAMPBELL AND THE BASTARD SONS, 17.06.2025, Schleyerhalle, Stuttgart

  • 19. Juni 2025 um 22:25 Uhr
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    Ich weiß nicht, in welcher Verfassung der Verfasser beim Schreiben dieses Berichts war? Der Sound war von Anfang an dermaßen schlecht ausgesteuert, dass ich wirklich dachte, die qualvollen 80er sind zurück. Auf YT gibt es Ausschnitte dieses Abend mit den entsprechenden Kommentaren zur Qualität des Abends. Etliche Besucher sind gegangen, weil der Sound meistens dumpf, unerträglich laut, völlig übersteuert war. Und ja, die ACCEPT-Jungs haben trotz des PA-Desatsers, die Stunde wie Profis durchgezogen. Andere hätten vermutlich schon längst entnervt die Bühne verlassen. Der Abend war das Geld ganz sicher nicht wert. Nicht nur ich habe diese Meinung. Mach mal die Augen und die Ohren auf. Wenn ich da an das letzte Jahr denke, als ich bei ACCEPT in Ulm oder bei Judas Priest in Mannheim war, wird die Diskrepanz zum grottenschlechten Konzertabend in der Schleyerhalle noch größer.

  • 21. Juni 2025 um 09:16 Uhr
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    Hallo Mark, ich war in durchaus erfreulicher Verfassung und bester Dinge, stand ohne Gehörschutz vorne links im Golden Circle, ziemlich nah an der Bühne – und da war der Sound wirklich sehr gut und für meinen Geschmack genau richtig. Und wie ich schrieb, habe ich diesbezüglich früher schon viel gelitten. Bei mir poppte nur noch eine weitere Stimme auf, die das Konzert schlicht als „laut“ bezeichnete. Wahrscheinlich bestätigt sich wieder, dass die Schleyerhalle nicht einfach zu beschallen ist und es ein ziemliches Glücksspiel ist, wo es besser oder schlechter klingt. Yours truly, Joe

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